MamamausUndPapamaus
Liebe Frau Neumann, ich bin momentan mit meiner Erziehung am Esstisch komplett überfordert. Meine Tochter ist 1,5 Jahre alt und ich weiß, dass man mit dem Alter noch nicht zuviel erwarten kann. Aber sie wirft ständig unter der Mahlzeit ihr Essen runter. Ich koche meist frisch (außer wir haben es vormittags stressig, dann gibt's auch mal ein Hipp-Menü..) und es tut einfach weh, wenn man sich soviel Mühe gibt und dann liegt das Essen wieder am Boden. Um es genauer zu beschreiben: Ich achte immer darauf, dass die Mahlzeiten möglichst stressfrei ablaufen. Wir setzen uns an den Esstisch, sagen unseren Guten-Appetit-Spruch auf und dann fangen wir an. Sie möchte dann immer alleine essen und ich lasse sie auch. Wenn ich merke sie tut sich schwer, helfe ich ihr und füttere sie mit einem 2. Löffel. Das ist dann schon oft ein Grund, dass sie zornig wird, das Essen mit den Händen aus dem Teller nimmt und es auf den Boden schmeißt. Andere Gründe sind auch oft, wenn sie auf unserem Teller herumstochern möchte (das mögen wir aber nicht). Wenn wir ihr erklären, dass sie dasselbe auf dem Teller hat, landet das Essen dann meist auch auf dem Boden.. Oft kommt mir vor, sie macht das auch, wenn sie satt ist oder ihr das Essen nicht so schmeckt. Was kann ich denn da machen, damit sich das endlich aufhört? Ich muss echt zugeben, dass ich nicht mehr weiter weiß.. Ich hab ihr schon oft erklärt, dass das Essen wertvoll ist. Ich hab auch schon geschrien und ihr auf die Finger geklopft. Stolz bin ich nicht darauf, dass ich mein Kind anschreie.. Ich hab auch ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber es hilft einfach alles nichts.. Ich kenne das aus meiner Kindheit auch nicht. Natürlich weiß ich nicht mehr wie es mit 1,5 Jahren war, aber später musste das, was auf dem Teller war, einfach gegessen werden. Das wurde nicht hinterfragt. Da gab's keine Blödeleien und uns wäre auch nie eingefallen es nicht zu essen und auf den Boden zu schmeißen. Bei anderen Müttern, wo ich so schreiende und tobende Kinder am Esstisch sah, dachte ich mir immer: die sind ja total überfordert und bringen es nicht mal zusammen ihr Kind zu erziehen und jetzt geht es mir gleich. Ich hoffe du kannst mir ein paar Tipps geben!! Alles Liebe, Maria
Hallo Maria es ist natürlich nicht scchön mit anzusehen, wenn deine Tochter das Essen auf den Boden wirft. Das darfst du unterbinden. Eigentlich ist es ein Zeichen von Sattsein - wenn der (erste) Hunger vorbei ist, ist aus Sicht deines Kindes nun vermehrt Zeit zum Forschen. Und Essen, das auf den Boden fällt, nunja, das ist aus Ihrer Sicht interessant beim Zusehen. Und wenn dann die Mama schimpft und das Essen aufhebt - für deine Tochter ist es eine Verkettung von Umständen, die sie beobachtet und bei jedem Tun wieder gleich ablaufen..... Überlege dir eine andere Strategie. Hast du schon eine Idee? Allgemein wird in dieser Situation dazu geraten, das Essen abzuräumen, weil das Kind offensichtlich genug gegessen hat. Wie wäre es, wenn ihr das Essen mit Besteck auch zu anderen Zeitpunkten übt? Wenn ihr das Üben bspw auf die Nachmittagsmahlzeit verlagert, wenn das Essen nicht so sehr im Vordergrund stehen muss wie mittags? Wie wäre es außerdem, wenn du auf deinem Teller eine "Räuberecke" bereit stellst, aus der deine Kleine beim Mittagessen "räubern", d.h. querbeet mit Fingern oder einem Piekser alles nehmen darf, um zu probieren? Dein Kind sollte durch Freude und spielerische Neugier, durch eigenen Antrieb Essen lernen. Das "Räubern" ist von diesem Standpunkt aus betrachtet genau richtig! Babys und Kinder lernen essen, in dem sie sich an Geschmack und Konsistenz gewöhnen, in kleinen Schritten, durch eigene Erfahrungen mit den Speisen, durch Spiel, durch Beobachtung und Nachahmung der Mitesser bei Tisch. Fördere ihre Neugier, indem du ihr die Möglichkeit gibst, selbst zu entscheiden, was sie probieren möchte. Regelmäßige und gemeinsame Mahlzeiten bei Tisch sind dafür eine gute Voraussetzung dafür - dies klappt bei euch doch auch schon bestens. . Familienkost ist Erlebnis! Lass dein Kind riechen, kosten, matschen, picken, kosten, kauen, lecken, abbeissen, bei dir mitessen, u.v.m. Besonders gut und wichtig ist es, wenn sie Fingerfood und Co selbständig auch mit den Fingern essen darf. Dieser erste Kontakt mit den Händen schafft eine sanfte Annäherung an die Speisen und ist unbedingt gewünscht. Biete deiner Tochter dazu viele Anreize. Richte mittags zum Brei, auf einem Teller, seinem Teller, ein paar weich gekochte Gemüse/Obst/Kartoffelhäppchen. Dein Kind kann diese Esserfahrungen zunächst noch als spielerischen Anreiz nehmen, um Essen mit allen Sinnen zu erfahren und sich vorerst noch an den üblichen Breien satt essen. So kann dein Kind die unterschiedlichen Geschmäcker und Konsistenzen unterschiedlicher Nahrungsmittel kennen lernen. Gib ruhig weiterhin den gewohnten Brei, falls gewünscht oder gefordert, denn das vermittelt deiner Tochter Sicherheit beim Essen und versprichtihr satt (und zufrieden) zu werden und durch Neugier wird sich ihr Repertoire langsam und stetig erweitern. Die Patentlösung für dich, wie du dich am besten verhalten solltest, gibt es leider nicht. Dein Vorhaben muss zu du dir/zu euch passen. In der Zeitspanne um den 18. Lm herum, beginnt jetzt eine neue Ära für dein Kind. Deine Tochter ist jetzt, mit 17 Monaten, definitiv ein Kleinkind und möchte die Welt jetzt immer selbstbestimmter erobern. Darauf musst du reagieren. Auch in Sachen Ernährung geht es jetzt nicht nur um die Versorgung mit Kalorien und Nährstoffen - Ernährung und Ernährungserziehung beinhaltet mehr als das. Jetzt zählt für euer Kind auch der Spaß beim Essen, und wichtig für euch, für diese Zeit ist jetzt das Vermitteln unserer/eurer Esskultur = auch das ist Ernährungserziehung. Für euch Eltern ist die Phase evtl eine Herausforderung. Was ist euch wichtig? Als Eltern müsst ihr jetzt lernen, den Drang nach Autonomie bei eurer Tochter zu respektieren und ihr müsst sie trotzdem anleiten/erziehen bzw pädagogisch sinnvoll, dem Alter entsprechend, anleiten, damit sie sich generell in Tischgemeinschaften einpassen und anpassen kann. Der Erziehungsauftrag sollte zusätzlich auch mehr in der Rolle des Vorbildes gelebt werden und weniger durch Worte geschehen. Essen sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Der Grundsatz hierfür lautet: gesunde Kinder verhungern nicht vor vollen Tellern. Das heisst: Als Mama bestimmst du das Angebot und deine Tochter darf bestimmen wie viel sie davon isst. Du brauchst bei Nichtgefallen keine Alternativen zu bieten - allerdings sollte das Angebot bei Tisch prinzipiell kleinkindgerecht (zubereitet) sein, d.h. das Angebot muss stimmen. Es dürfen immer Nahrungsbasics wie Brot, Nudeln, Kartoffeln, Gemüse etc, in eurem Fall auch noch bekannte Breie (auf Tellern) angeboten werden. Es dürfen und sollten immer auch Speisen dabei sein, die dein Kind kennt und mag. Neue Speisen akzeptieren manche Kinder gern und schnell, vor allem wenn sie direkt von Mamas Teller stammen oder von allen EsserInnen bei Tisch mit Genuss gegessen werden. Manche Kinder reagieren darauf eher zögerlich und brauchen einfach häufigere Gelegenheiten um neue Speisen kennenzulernen , um sie schließlich zu akzeptieren. Bringe stets Wiederholungen und lass dein Kind ihre Esserfahrungen möglichst selbständig machen. Du brauchst und solltest dennoch nicht den bequemsten Weg gehen und deiner Tochter Kind nur ihre Leibpeisen zu kochen. Es ist viel sinnvoller, wenn nicht du dich an die Wünsche und Vorlieben deines Kindes anpasst - die Anpassung sollte umgekehrt erfolgen und dein Kind sollte sich an eure familiären Essvorlieben gewöhnen. An diese typischen Familienspeisen kann sich deine Kleine wiederum nur gewöhnen, wenn sie die Chance dazu erhält, diese ausgiebig kennen zu lernen. Das Kennen lernen und Gewöhnen an neue Speisen klappt meist sehr gut, wenn dein Kind sich langfristig an Neues heranwagen kann, wenn sie immer und immer sieht wie andere Esser bei Tisch genussvoll essen. Wenn sie immer und immer wieder die Speisen sieht, Neues wieder erkennt und die Speisen riecht. Wiederholungen sind dazu wichtig. Als Eltern darf und sollte man die individuellen Bedürfnisse des Kindes achten, diese im familiären Kontext beim Essensangebot berücksichtigen, jedoch möglichst keine Extrawürste servieren, sondern besser ein umfangreiches Angebot bieten, und zwar verfügbar für alle. Nehmt euch genügend Zeit zum Essen und richte die Portionen, die Speisen hübsch an. Der erste Eindruck ist durchaus wichtig. Statt einem Berg Nudeln mit Sosse auf dem Teller, durcheinander gemischt, anzubieten, hilft es bspw, wenn sich dein Kind eine Portion Nudeln selbst nimmt, und ein teelöffelgroßer Klecks Sosse daneben platziert wird. So kann sich dein Kind langsam mit der Sosse vertraut machen. Wenn etwas direkt auf dem Teller liegt, und zwar jedes Mal wenn es dieses Gericht gibt, dann wächst die Chance, dass dein Kind aus Neugier probieren wird. Und wenn es schmeckt, isst sie mehr. Vielleicht erst beim nächsten Mal - aber der Anfang ist gemacht, die Scheu ist überwunden. Und ich "zitiere" an dieser Stelle immer wieder gerne Herrn Jesper Juul (sehr bekannter und populärer Familientherapeut): Er bezeichnet Erziehung als "Osmose", Erziehung ginge vielmehr durch die Haut. Mehr als durch Worte gesprochen zähle die Haltung, die innere Einstellung - all das nähmen die Kleinen viel stärker wahr als Worte. Das Vorleben steht bei ihm an erster Stelle - persönliche Maßstäbe und Überzeugungen - unausgesprochen - prägten seiner Ansicht nach, die Kinder am meisten. Noch mehr Tipps: Achte darauf, dass ihr nur am Tisch und nur zu den Mahlzeiten esst, damit Hunger entstehen kann. Essen sollte immer freiwillig geschehen und darum sollte Essen Spaß machen. Spaß macht das Essen dann, wenn es lustig am Tisch zugeht und trotzdem eine liebevolle Strenge dafür sorgt, dass Tischmanieren und andere familieninterne Gebote befolgt werden. Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig die kulturell basierte Esserziehung (in eurem familiären Kontext), durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung) zu lernen. Es gibt viele hilfreiche Tipps, wie du idealerweise vorgehen solltest. Das Wichtigste bei all diesen Tipps ist jedoch - du musst dich damit wohl fühlen. Und ich habe noch eine Zwischenfrage: wie viel Milch und welche und woraus trinkt deine Tochter Milch? Kinder essen selbständig, wenn -die motorischen Fähigkeiten soweit gut ausgebildet sind -Neugier und Offenheit beim Kind geweckt wird (hübsch angerichterter Teller, große Auswahl bei Tisch, appetitanregende Mit-Esser, Nachahmungsinstinkt gefördert wird) -man zeigt, wie man isst -wenn es etwas Neues angeboten wird, sollte immer auch etwas Bekanntes und Vertrautes dabei sein. So wird das Kind mutiger, etwas Neues zu probieren. -ggf helfen lassen beim Abschmecken -lautmalerisch aber authentisch das Essen kommentieren (hmm, ist das fein, riech mal, wie lecker das riecht) -!! vorgelebte „Ekelgefühle“ beim Verspeisen einer Speise wecken kein Verlangen beim Kind, das „als gesund“ angepriesene Gericht zu probieren. Jesper Juul sagt dazu: (Ernährungs-) Erziehung ginge vielmehr durch die Haut – als Osmose. Mehr als Worte helfen Taten, das Vorleben eines mit Genuss verspeisten Gerichtes hilft mehr als gutes Zureden. Denn Kinder lernen durch emotionale Begleitung - egal ob positiv oder negativ. Fazit: Bei der Familienkost geht es nun nicht mehr nur darum, dass du dein Kind mit Nahrung versorgst, um primär Kalorien und Nährstoffe zu geben. Es geht um vieles mehr. Auch die Ernährungserziehung kommt jetzt hinzu. Es geht um den Spaß und Genuß (beim Essen), um das Warten und Anpassen an gemeinschaftliche Interessen bei Tisch Bspw: "Wir beginnen gemeinsam zu essen", bspw nach dem Sprechen eines Tischspruchs. So vermittelst du deinem Kind von klein auf eure/unsere Esskultur. Weitere Fragen rund um die Erziehung kannst du noch einmal im Forum bei Frau Ubbens stellen. Also dann Grüße Birgit Neumann P.S. siehe auch noch hier: https://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=38281&suche1=kleinvenzi&seite=1