Sehr geehrte Frau van der Ven,
wir (ich 39 Jahre, mein Mann 47 Jahre) haben seit Anfang 2022 mittlerweile die 4. ICSI hinter uns und leider keinen Erfolg. Im Verlauf hatten wir bei ICSI 1 und 2 eine kurze Einnistung, also jeweils eine biochemische Schwangerschaft, bei ICSI 3 und 4 war der Test jeweils negativ.
Bereits nach den ersten beiden ICSI wurde alles mögliche an Diagnostik abgeklärt, bei keiner Untersuchung wurde eine Auffälligkeit gefunden: Gebärmutter- und Bauchspiegelung (inkl. Eileiterdurchgängigkeitsprüfung), Gerinnungsanalyse, Chromosomenanalyse/genetische Untersuchung, Biopsie auf uterine Killer- und Plasmazellen, Vitamin D und Eisen, Hormonstatus unauffällig, AMH-Wert 3,5
Ein ERA-Test wurde nicht gemacht, da es ja zwei kurze Einnistungen gab. Eine Mikrobiomanalyse wurde uns nicht empfohlen, da hieß es, könnten wir machen, wenn wir ganz sicher gehen wollen, aber Standardvorgehen der Klinik wäre es nicht.
Es wurden bei jeder Stimulation um die 10 Eizzellen gewonnen, von denen sich durchschnittlich 2/3 befruchten ließen. Jeweils drei Vorkerne wurden eingefroren und drei in die Kultur gegeben. Jedes Mal hat sich eine zeitgerechte Blastozyste mit guter bis sehr guter Qualität entwickelt, die jeweils am 5 Tag nach PU transferiert wurden. Zusätzlich zu den verschiedenen Hormonpräparaten wurde mir noch ASS 100 und Prednisolon empfohlen. Bei ICSI 3 und 4 habe ich mich durch TCM und Akkupunktur unterstützen lassen.
Wir hätte sowohl die Möglichkeit zu einem Kryozyklus als auch zu einem weiteren Stimulationszyklus.
Wie ist Ihre Einschätzung zum bisherigen Verlauf? Ab wann spricht man von Implantationsversagen?
Was wäre Ihre Empfehlung zum weiteren Vorgehen? Wie lange macht es Sinn, weiterzumachen?
Gibt es noch weitere Diagnostik, die sinnvoll ist?
Mit dem ganzen "emotionalen Rucksack" ist es schwer, das rational zu betrachten. Daher bin ich Ihnen für eine Einschätzung sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen,
Marita80
von
Marita80
am 22.02.2023, 16:05
Antwort auf:
4. ICSI, wieder negativ. Was tun?
Es ist wirklich schwierig, Sie hier gut zu beraten. Von einem Implantationsversagen spricht man gemeinhin wenn mindestens 6 Embryonen sehr guter Qualität ohne Eintritt einer Implantation (das heißt hCG Nachweis) transferiert worden sind.Die Diagnostik bei Implantationsversagern und Fehlgeburtlichkeit ist praktisch identisch, sodass sie die meisten sinnvollen Untersuchungen schon absolviert haben. Den Sinn eines ERA Tests sehe ich genauso wie Ihre behandelnde Praxis kritisch.
Es wäre eine Typisierung für KIR Rezeptoren zu erwägen, weil hier auch ein konkreter Therapieansatz bestünde. Falls Sie zu Scheideninfektionen neigen wäre auch die Bestimmung des vaginalen Mikrobioms sinnvoll.
Wchtiger ist ggf auch, mit Ihren Ärzten zu besprechen welche Medikamente bislang zur Stimulation benutzt wurden und ob ein Wechsel des Stimulationsprotokolls sich anbieten würde. Ggf kann wenn noch nicht geschehen auch die Unterstützung der Gelbkörperphase (zB Kombination vaginales und subcutanes Progesteron ) diskutiert werden. Wichtig ist daß ja schon zweimalig eine Implantation stattgefunden hat deshalb würde ich auch noch nicht aufgeben.
von
Prof. Katrin van der Ven
am 23.02.2023
Antwort auf:
4. ICSI, wieder negativ. Was tun?
Sehr geehrte Frau van der Ven,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort! Ok, das etwas gruselig klingende Wort „Implantationsversagen“ können wir von der Liste streichen, denn wir hatten zweimal einen hCG-Nachweis. Auch, wenn das erst mal nichts ändert am aktuellen Stand, erleichtert mich das doch ein wenig.
Bei der Typisierung für KIR Rezeptoren geht es, soweit ich weiß, um Immunologie. Das heißt, wenn bestimmte Rezeptoren fehlen, kann eine Einnistung nicht oder nur erschwert stattfinden. Ich werde diesbezüglich in unserem KiWu-Zentrum mal nachfragen. Kann man so was mit einer Blutuntersuchung feststellen, oder ist das eine aufwändigere Untersuchung bzw. muss ich dafür zu einem weiteren Spezialisten? Und als Therapie würde man dann was machen?
Soweit ich weiß, hatte ich noch nie eine Vaginose bzw. Entzündung im Uterus, wenngleich ich zu Pilzinfektionen unter der vaginalen Einnahme von Progesteron neige, aber nur dann, sonst eher nicht. Es hat ein wenig gedauert, bis ich den Zusammenhang verstanden habe, aber dieses Problem lässt sich mit der parallelen Einnahme von Milchäurebakterien ganz gut lösen, was ich in den letzten drei Zyklen so gemacht habe. Von daher würde ich jetzt erst mal nicht von einer Fehlbesiedlung ausgehen, werde gleichwohl aber nach einem Mikrobiomtest fragen.
Alle vier Stimulationen wurden bisher im langen Protokoll mit Decapeptyl und Menogon HP (225 Einheiten/tgl.) gemacht. Meine KiWu und das Labor waren mit dieser Medikation und den daraus resultierenden Ergebnissen sehr zufrieden. Zudem hatte ich keine Nebenwirkungen, was ja auch nicht ganz unwichtig ist. Mit 39 Jahren viermal nacheinander um 10 Eizellen (von 9 bis 13) mit einer Befruchtungsrate von 2/3, sei, so sagte das Labor, ein super Ergebnis, was bei meiner Alterskohorte nicht unbedingt selbstverständlich sei. Warum würden Sie anregen das Protokoll zu ändern? Was sollte bei einem anderen Protokoll eventuell besser sein?
Bei der Medikation nach PU und TF haben wir schon einiges ausprobiert und bei den letzten beiden Zyklen sah es folgendermaßen aus: Nach der PU nehme ich vaginal Cyclogest (2xtgl, je 400mg) und nach TF zusätzlich als Einnistungsspritze an zwei Tagen Decapeptyl, Duphaston (3xtgl.), Progynova 21 (2xtgl.), ASS 100, Prednisolon (10mg), Magnesium, Folsäure und ein Multivitaminpräparat. Die Kombination mit subcutan gespritztem Prolutex hat sich nicht bewährt, scheinbar wird dies bei mir zu stark über die Leber verstoffwechselt, wie mir erklärt wurde, so das der Progesteronwert in jenem Zyklus niedriger war, als gewünscht. Hätten Sie hier noch Anregungen oder Ergänzungen? Wenngleich ich sagen muss, dass das schon eine ganze Menge Medikamente sind...
Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Zeit und Ihren Rat und finde es wirklich toll, dass Sie hier im Forum die Möglichkeit bieten, sich mit offenen Fragen an Sie zu wenden!
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Marita80
von
Marita80
am 23.02.2023, 13:24
Antwort auf:
4. ICSI, wieder negativ. Was tun?
Bei der KIR Genotypisierung handelt es sich um eine Blutuntersuchung. Therapeutisch stünde bei Fehlen der aktivierenden KIR Rezeptoren eine Therapie mit Granocyte ( bzw G-CSF ) an. Das Vaginale Mikrobiom kann auch ohne andauernde vaginale Infektionen verändert sein. Bezüglich der Stimulation kommt es auf die Qualität der gewonnen Eizellen , die Embryonenqualität und die Qualität des Endometriums an.Wenn alles gut war lohnt ein Wechsel nicht. Das Gleiche gilt für die Lutealphasensubstitution . Hier haben Ihre Ärzte wirklich alles versucht, also kein Änderungsvorschlag.
Bleibt nur, die Diagnostik abzuwarten und auf gute Embryonen zu hoffen.
von
Prof. Katrin van der Ven
am 23.02.2023