Hallo Dr. Jorch,
ich habe eine etwas ungewöhnliche Frage, insbesondere weil es sich hier um ein Forum für Frühchen handelt und die Sorge der Eltern in genau die andere Richtung geht.
Ich habe vor 16 Monaten Zwillinge in der 35+2 SSW mit einem Gewicht von 2315 g und 2020 g bekommen.
Das Mädchen hatte das geringere Gewicht, mittlerweile ist sie ca.76 cm klein und wiegt schon 12 kg, nun habe ich angst das sie zu dick wird.
Sie essen beide ehen mäßig und mein Sohn wiegt bei einer größe von 82 cm 11,2 kg, ist also im gegensatz zu seiner Schwester eher schmal.
Wie kommt es das ein Kind welches soo wenig ißt, trotzdem so pummelig ist ?
Kann es sich um eine Stoffwechselstörung handeln ?
Nach der Geburt hat meine Tochter Glucose bekommen, insgesamt 2 Tage, ansonsten gab es nie Probleme.
Sorry das es so lang geworden ist.
Trotzdem möchte ich noch ein großes Lob an sie richten, ihre Hilfe ist immer sehr, sehr ausführlich und ausgesprochen nett.
LG Alexandra Becker
Mitglied inaktiv - 06.11.2001, 11:50
Antwort auf:
Zu dick ?
Danke für die aufmunternden Worte!
Zweieiige Zwillinge (das sind Ihre ja)sind genetisch wie hintereinander geborene Geschwister. D.h., sie können sehr unterschiedlich sein. Somit ist der Größenunterschied zwar ungewöhnlich aber durchaus medizinisch erklärbar.
Zum Verhältnis zwischen Nahrungsmenge und Körpergewicht: Um 10 g Fettgewebe (enthält 50 % Wasser) aufzubauen benötigt der Mensch/das Kind 50 kcal. Anderes Gewebe (z.B. Bindegewebe, Muskeln)benötigt aufgrund seiner anderartigen Zusammensetzung (mehr Wasser, weniger Fett)noch weniger Kalorien um die gleiche Masse aufzubauen. Daraus folgt, daß 2 kg Übergewicht schon dann entstehen, wenn über 100 Tage täglich 100 kcal "zuviel" gegessen oder "zu wenig" verbraucht werden. Diese Menge kann schon in einem Becher Fruchtsaft enthalten sein bzw. weniger verbraucht werden, wenn ein Kind sich weniger bewegt, weniger häufig wach ist oder aufgrund warmer Kleidung oder hoher Raumtemperatur weniger Energie verbaucht.
Was soll diese Rechnerei sagen: 2 kg Gewichtsunterschied können während einer Zeit von einigen Monaten leicht entstehen, ohne daß man den Grund dafür so ohne weiteres merkt. Dazu kommt noch, daß ein "dickes" Kind weniger Energie durch Wärmeverluste verbraucht und bei gleicher Nahrungsaufnahme wie ein "dünneres" trotzdem den Gewichtsunterschied weiter vergrößert.
Normalerweise regelt das Appetitzentrum im Zwischenhirn die Nahrungszufuhr präziser als man das durch Berechnen von Kalorien kann. Bei ihrer Tochter scheint aber möglicherweise das Appetitzentrum ein höheres Gewicht für richtig zu halten.
Summa summarum: Man muß keine Krankheit bei einem Ihrer beiden Zwillingen annehmen, um den Gewichtsunterschied zu erklären.
von
Prof. Dr. med. Gerhard Jorch
am 06.11.2001
