Guten Tag Frau Henkes, ich bräuchte bitte Ihren Rat.
Mein Sohn 4 J. geb Sept 2016 hat noch nie gut geschlafen. 1,5 Jahre Elternbett, seitdem muss er zumindest zum einschlafen in seinem Bett schlafen. Trennung Kindsvater seidem der Kleine 1 ist, er übernachtet jedes Wochenende bei ihm. Zuhause immer die gleichen Rituale, liege auf einer nebenliegenden Matratze bis er einschläft. Er wacht fast immer gegen 23 Uhr auf, ist aggressiv und schlägt auf mich ein und beruhigt sich erst, wenn er bei mir mit im Bett schläft. Auch einfach so kommt er immer runter und sucht Nähe. Er ist demnach immer vor Mitternacht im Schlafzimmer. Sollte ein Kind in seinem Alter nicht lernen, mit liebevoller Begleitung, die ganze Nacht in seinem Zimmer zu schlafen? Mir wurde das Buch "jedes Kind kann schlafen lernen" von seiner Kinderärztin empfohlen. Sie sagt auch, dass er ohne Begleitung Einschlafen lernen sollte in seinem Alter (Autonomie). Ginge alternativ auch, dass er im Schlafzimmer auf einer Matratze weiter schläft? Ich bin was das Thema anbelangt überfordert weil ich ihm beistehen möchte, aber natürlich die Qualität unseres Schlafes sehr darunter leidet. Vielen Dank für Ihren Rat.
von
Jani1307
am 03.12.2020, 16:32
Antwort auf:
Schlafen 4 Jähriges Kind
Guten Tag,
ja das ist so die klassische Vorstellung, dass Kinder mit vier Jahren alleine schlafen können müssen. Nach meiner Erfahrung klappt das aber nur sehr selten.
Wie die Erwachsenen verarbeiten Kinder im Schlaf Tagesereignisse - bewußte wie unbewußte. Sie träumen und haben oft Alpträume. Das kann Kindern wirklich Angst vor dem Einschlafen machen und sie werden deswegen oft nachts wach.
Sie brauchen dann die schützende Nähe eines vertrauten Erwachsenen, damit sie beruhigt weiterschlafen können.
Ihr Sohn hat ja bereits einige schwierige Erfahrungen machen müssen. Ihre Trennung vom Vater hat er bestimmt mitbekommen, auch wenn er sich aufgrund seines damaligen Alters nicht bewußt daran erinnern kann. Jetzt lebt er in zwei Haushalten und muss sich dadurch immer wieder umstellen. Auch wenn das sehr sinnvoll ist, weil Ihr Sohn so auch guten Kontakt zum Vater haben kann, wird ihn dies psychisch beschäftigen. Und das zeigt sich eben oft im Schlaf. Dass Ihr Sohn aggressiv wird und Sie schlägt, zeigt ja, dass ihn im Schlaf etwas sehr belastet.
Wenn es für Sie also aushaltbar ist, wäre es für Ihren Sohn sicher hilfreich, wenn er sich bei nächtlichem Wachwerden Ihre Nähe holen darf. Möglicherweise kann er zu Ihnen ins Bett kommen, ohne dass einer von Ihnen beiden groß wachwerden muss. Wenn Ihr Sohn nachts Ihre Nähe nicht mehr benötigt, wird er das schon einstellen.
Das Einschlafen ist nochmal eine andere Sache. Es ist sicher sinnvoll, dass Ihr Sohn in seinem Bett einschläft. Das soll ja auf Dauer sein fester Ort werden.
Beim Einschafen helfen ihm feste Rituale wie Vorlesen, Singen, eine Geschichte erzählen. Die Kinder brauchen dann einfach nochmal Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Dazu müssen Sie nicht unbedingt neben dem Vierjährigen liegen, wenn Sie noch nicht schlafen wollen. Sie können auch bei ihm sitzen. Dann merkt er, dass es um seinen Schlaf geht.
Auch hier braucht er offenbar zur Zeit noch die Sicherheit, dass Sie bei ihm sind, um ihm bei diesem Zustandswechsel behilflich zu sein.
Sie können das Schlafthema auch immer wieder mit Ihrem Sohn besprechen. Dabei ist es wichtig, dass Sie ihm Ihr Verständnis für sein Bedürfnis zeigen und ihm keine Vorwürfe machen. Zunehmend kann er dann auch erfahren, dass Sie auch Bedürfnisse haben. So brauchen Sie Ihren Schlaf. Er muss also leise zu Ihnen kommen und sollte Sie wenig stören. Das erhöht die Schlafqualität für Sie beide schon mal sehr.
Ich weiß, dass diese Zeit mit den nächtlichen Besuchen der Kinder sehr anstrengend ist. Aber sie geht vorüber. Bis dahin ist es bestimmt für die Entwicklung Ihres Sohnes sinnvoll, ihn bei der Bewältigung seiner Ängste zu unterstützen.
Vielleicht mögen Sie den nebenstehenden Text meines Kollegen zu diesem Thema lesen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Ingrid Henkes
von
Ingrid Henkes
am 04.12.2020
Antwort auf:
Schlafen 4 Jähriges Kind
Hallo,
Du hast ja schon eine ausführliche Experten-Antwort erhalten.
Ich möchte nur kurz darauf eingehen, dass ich überrascht bin, dass das genannte Buch immer noch empfohlen wird, und dann auch noch einer Kinderärztin! Viele Kinderärzte und andere Experten haben sich dagegen ausgesprochen (lässt sich leicht ergoogeln, z. B. Dr. Herbert Renz-Polster). Der "Erfinder" dieser Methode, Ferber, bezeichnete das Vorgehen als Notfallprogramm, bevor man seinem Kind aus Stress heraus etwas antun würde. Nur ist das leider hier in Deutschland nicht so übermittelt worden.
Dein Sohn sucht und braucht ja momentan Deine Nähe, wie Du selber schreibst. Das mit der Matratze im Schlafzimmer klingt für mich nach einer guten Idee. Und wäre es so schlimm, wenn er nicht schon bei Dir im Schlafzimmer einschlafen dürfte? Die Fachleute sind sich einig, dass dies keinesfalls dazu führt, dass man die Kinder dann "gar nicht mehr aus dem Elternbett rausbekommt" (falls das Deine Bedenken sind). Diese würden irgendwann von selber den Wunsch haben, im eigenen Bett/Zimmer zu schlafen, da sie selbstständiger geworden sind. Vielleicht würde das Euch beiden wieder zu einem entspannteren Schlaf verhelfen.
Viele Grüße!
von
Curcuma
am 08.12.2020, 01:07
