Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Meine Tochter ist jetzt 3 Wochen alt und braucht rund 2 Stunden um ca. 100ml zu trinken. Ich habe mir extra eine Waage organisiert um zu überprüfen, ob es nur Genuckel ist oder wirklich noch hunger. Bei 6 Mahlzeiten am Tag á 2 Stunden, verbringe ich fast den ganzen Tag mit nichts anderem als Stillen. Da ich noch ein älteres Kind habe und einen Haushalt organisieren muss, ist das ein Zeitaufwand der einfach nicht machbar ist. Meine Hebamme kann mir bei dem Thema leider nicht weiter helfen. Aber so kann ich auch nicht weiter machen. Wie kann ich die Stillzeit auf ein vernünftiges Mass reduzieren? Seit 2 Tagen bekommt sie nun Fläschchen (mit abgepumpter Milch) da ich das mit dem Stillen so einfach nicht weitermachen kann. Für 100-150ml braucht sie so nur noch 10-15 Minuten. Bei 15 Minuten abpump-Zeit reduziert sich so mein Zeitaufwand um 75%. Aber ich würde viel lieber "normal" stillen statt zu pumpen. Woran kann es also liegen, dass die Kleine so lange an der Brust braucht, aus der Flasche aber so fix trinkt?

von MiJa am 28.05.2013, 12:42



Antwort auf: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Liebe MiJa, ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Wie ein Kind trinkt, ist vom Temperament des jeweiligen Kindes abhängig. Es gibt eifrige Pragmatiker, die zügig und effektiv trinken und nippende Genießer, bei denen eine Mahlzeit unendlich lange dauern kann. Ihre Tochter scheint eher zu den langsamen Genussmenschen zu gehören, sie trinkt wohl nicht deshalb so langsam, weil zu wenig Milch da ist, sondern weil es ihrem persönlichen Temperament entspricht. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Wird in dieser Situation zugefüttert, so wird in das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage eingegriffen und das kann der Beginn des unfreiwilligen, vorzeitigen Abstillens sein. Vielleicht ist ja auch nicht eine Veränderung bei der Ernährung (deren Ausgang sehr ungewiss ist) der Weg, der Ihnen weiter hilft. Gibt es die Möglichkeit, dass jemand Sie bei der Hausarbeit entlastet? Können Sie vielleicht einen zuverlässigen Teenager finden, der bereit ist sich stundenweise mit Ihrem älteren Kind zu beschäftigen, so dass Sie etwas Luft zum Ausruhen und Entspannen finden können? Wenn es einen Weg gibt, dass Sie wieder mehr Zeit für sich finden können und so zu etwas Erholung kommen, sind die häufigen Stillzeiten unter Umständen nicht mehr so ein großes Problem. Ihr älteres Kind kann mit Ihnen zusammen zumindest einen Teil der Stillzeiten zu „besonderen" Zeiten machen. Sie können die Stillzeiten dazu nutzen mit dem älteren Kind ein Buch anzuschauen z.B. Astrid Lindgren „Ich will auch Geschwister haben" oder ein Fotoalbum mit Babybildern des größeren Kindes, damit es sieht wie es war, als es so klein war. Sie können auch eine „Stillkiste" zusammenstellen. In dieser Kiste sind besondere Dinge (z.B. ganz spezielle Stifte und glänzende Papierbögen, bunte Perlen, die zu Ketten aufgereiht werden können, ein Spielzeugauto je nachdem, was für das große Kind besonders attraktiv sein kann), die nur zu den Stillzeiten benutzt werden dürfen. Haben Sie ein Tragetuch? Für meine Begriffe gehört ein Tragetuch zu den wichtigsten Dingen der Babyausstattung. Es gibt Ihnen mehr Mobilität und gleichzeitig kann Ihr Baby Ihre Nähe spüren und Sie haben mindestens eine Hand für das Geschwisterkind oder andere Tätigkeiten frei. Wo schläft Ihr Baby denn? Falls es nicht in Ihrer unmittelbaren Nähe schläft, versuchen Sie einmal, es direkt neben Ihnen (entweder auf einer Matratze oder in einem Korb neben Ihrem Bett oder gleich mit in Ihrem Bett) schlafen zu lassen. So bekommen Sie nachts mehr Ruhe als wenn Sie aufstehen müssen. Bitten Sie Ihren Partner, Ihnen am Morgen einen Teller mit Häppchen zurechtzumachen, die Sie mit einer Hand essen können. So können Sie immer wieder einmal etwas aus dem Kühlschrank nehmen und essen. Stellen Sie sich an die Plätze, an denen Sie stillen ein Flasche Mineralwasser, eine Flasche Saft und ein Glas. So können Sie bei jedem Stillen immer etwas trinken. Fahren Sie den Haushalt radikal zurück. Ungeputzte Fenster verursachen keine Seuchen und nächstes Jahr fragt niemand mehr danach, wie oft Sie Fenster geputzt hast, aber eine ausgeruhte Mutter, fühlt sich besser. Tiefkühlgemüse ist nicht giftig und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss wirklich gebügelt werden. Denken Sie immer nur einen Tag weit und nicht „o Gott wie lange wird das noch so weitergehen". Ich wünsche Ihnen bald wieder ruhigere Zeiten und hoffe, es war ein Hinweis dabei, der Ihnen weiterhilft. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 28.05.2013



Antwort auf: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Hallo, vielleicht ist das ein kleiner Mutmacher: Bei uns war das auch so, aber es wurde nach und nach weniger, und nach einer Weile hatte ich doch immer mehr Zeit. Das Beste, was wir damals zur Hilfe bekamen, darauf wies uns unsere Ärztin hin, war das Tragetuch. Im elastischen Tragetuch saß unser Kind, nachdem ich das von einer Trageberaterin richtig erklärt bekommen hatte, fast den ganzen Tag. Sie war da sehr zufrieden (nach anfänglicher Unsicherheit meinerseits, die sich übertrug) und bekam so die Nähe, die sie dann nicht mehr so intensiv beim Stillen einfordern musste, denn offensichtlich brauchte sie sie. Vom fast Schreibaby mutierte sie innerhalb weniger Tage zum friedlichsten Baby der Welt. Ich habe mit ihr im Tuch schlafend staubgesaugt, Betten bezogen, Blumen umgepflanzt, eingekauft und bin sogar auf Toilette gegangen, ohne dass sie aufwachte. Selbst das Essen ging sozusagen "im Schlaf". Übrigens hat auch mein Mann sich das Tuch gebunden und sie regelmäßig getragen, womit ich dann mal ganz frei war. Heute ist das Tuch wie meine eigene Haut, wir verwenden es noch immer (1,5Jahre), wenn das Kind mal wieder viel Nähe nötig hat, meine Rückenmuskulatur ist das von Anfang an gewöhnt, und so macht das auch bei knapp 9kg keine Beschwerden. Manchmal steige ich auf die Manduca um und nehme das Kind dann auf den Rücken, auch das geht und gibt Nähe. Ich bin sicher, damit würde die Kleine auch weniger lange stillen müssen. Übrigens ist alle Unkerei, von wegen, das Kind würde sich dann nie an normales Schlafen etc. gewöhnen und verwöhnt werden, längst wissenschaftlich widerlegt worden. Tuch ist gut für die Hüftentwicklung (Anhock-Spreiz-Haltung) und fördert sowohl Bewegungsfähigkeit als auch Selbstständigkeit des Kindes, ebenso den guten Schlaf und die psychisch gesunde Entwicklung. Die einmalige Beratung durch eine ausgebildete Trageberaterin ist ganz bestimmt sehr nützlich und zahlt sich in kürzester Zeit aus. Viel Erfolg und alles Gute! Sileick

Mitglied inaktiv - 28.05.2013, 15:35



Antwort auf: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Danke Sileick, für diesen Erfahrungsbericht! Es ist immer gut, wenn man hört was in der Praxis wirklich geholfen hat. Ich werde das mit dem Tuch auf jeden Fall ausprobieren und hoffen, dass es auch so gute Ergebnisse erzielt. Wobei meine Tochter auch so ein sehr ruhiges Kind ist. Sie schreit nur, wenn sie hunger hat - dann aber richtig! :-) Dennoch, ein bisschen tragen wird ihr bestimmt nicht schaden und vielleicht wirkt es ja wirklich dann auch positiv auf die Stilldauer. Beste Grüsse, MiJa

von MiJa am 28.05.2013, 19:55



Antwort auf: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Hallo Biggi, so richtig überzeugt mich der Ansatz nicht. Es kann für ein Kind nicht gut sein, wenn die Mutter permanent gestresst und genervt ist. Wie soll man als Mutter eine anständige Bindung zum Kind aufbauen, wenn man immer nur genervt ist?!? Verstehen Sie mich nicht falsch: Dies ist ein absolutes Wunschkind und ich bin überaus Glücklich ein gesundes und einfach perfektes Töchterchen zu haben. Aber es fällt mir unendlich schwer mich so einfach darauf einzulassen ihr die Zeit zu geben, die das Stillen in einer perfekten Welt beanspruchen sollte. Ausserdem erscheint es mir unlogisch, dass mein Kind ein Genussmensch ist, der sich beim trinken an der Brust 2 Stunden Zeit nimmt, wenn sie die Flasche innerhalb kürzester Zeit leer hat, obwohl ich sie ja auch dabei eng an mir habe. Man sollte meinen, dass sie den Körperkontakt dann genauso geniesst. Ihren Ansatz in allen Ehren - er ist mit Sicherheit optimal, aber in meinem Leben leider nicht Praxistauglich. Dennoch werde ich versuchen mir etwas mehr Zeit und Ruhe zu nehmen und die kleine Maus zwischendurch im Tragetuch zu tragen. Vielleicht wirkt sich das ja schon so positiv aus, wie von Silieck beschrieben. Trotzdem danke für Ihre ausführliche Antwort. Es gibt mir doch ein paar Dinge zum nachdenken und so werde ich hoffentlich einen Weg finden der für die Minimaus und für mich gut funktioniert. Beste Grüsse, MiJa

von MiJa am 28.05.2013, 20:30



Antwort auf: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Hallo MiJa, schön, wenn Dich unsere Geschichte inspiriert. Es ist hilfreich, sich das Binden usw. mal von einer Trageberaterin erklären zu lassen. Danach verliert man die Unsicherheiten sehr, so war es bei mir. Was das Stillen anbetrifft, wirst Du bestimmt Euren Weg dafür finden. Ich habe hier die Erfahrung gemacht, dass sich meine Geduld vielfach ausgezahlt hat. Ich hab massenweise Lektüre gelesen in der Zeit und manche anderen Dinge eben stehen lassen, wenns nicht wirklich nötig war. Das wurde schnell weniger, aber das Kind gedieh damit wunderbar, wohingegen es, bevor ich das so machte, zu wenig zunahm. Flasche kam für mich nicht in Frage. Mit einem älteren Kind dazu ist das natürlich nicht so einfach wie wenn man allein ist, wenn es überhaupt je einfach ist. Ich wünsch Euch gutes Gelingen, Gedeihen und viele schöne Stunden zusammen! Viele Grüße Sileick

Mitglied inaktiv - 28.05.2013, 21:58



Antwort auf: Wie kann ich die Trinkdauer reduzieren?

Hallo noch einmal, sorry, ich sehe, ich hab mich heftig wiederholt. ;-) Das macht die Stilldemenz. Vergiss die Wiederholungen einfach. Viele Grüße Sileick

Mitglied inaktiv - 28.05.2013, 22:00



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