Wie finde ich einen sanften Weg nachts abzustillen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie finde ich einen sanften Weg nachts abzustillen?

Liebe Biggi, ich habe eine acht Monate alte Tochter, die ich ein halbes Jahr voll gestillt habe. Inzwischen isst sie tagsüber mit wachsender Begeisterung Brei und Fingerfood und hat eigentlich nur noch wenig Interesse an der Brust. Mein Problem ist, dass sie nachts eigentlich nur noch mit Brust im Mund schlafen will. Tagsüber ist es kein Problem, da schläft sie im Garten im Kinderwagen (so wie jetzt gerade), aber nachts wird sie alle halbe Stunde wach und will nuckeln. Inzwischen tun mir meine Brüste und mein Rücken so weh, dass ich dabei auch nicht mehr weiterschlafen kann. Ich möchte sie auf keinen Fall jetzt schon komplett abstillen und ihr gerne noch morgens und abends, wenn sie möchte auch nachmittags, die Brust geben. Es ist für mich auch völlig okay und schön, ihr die Brust zum Einschlafen zu geben (sie schläft ohnehin bei mir im Bett), aber wie finde ich einen Weg, ihr die nächtliche Dauernuckelei abzugewöhnen? Einen Schnuller oder ein Tuch hat sie seit jeher abgelehnt. Seit ein paar Nächten mache ich es so, dass ich sie gegen halb neun Uhr abends das letzte Mal stille und sie dann nachts, wenn sie wach wird, zurück in den Schlaf wiege. Auch Wasser aus dem Fläschchen biete ich ihr an. Diese Prozedur geht aber mit viel Tränen und Protest bei ihr und Rückenschmerzen bei mir einher und letzte Nacht hatte ich das Gefühl, wir waren mehr wach als dass wir geschlafen hätten. Um halb vier hatte ich dann keine Kraft mehr und hab ihr doch wieder die Brust gegeben, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, bis fünf Uhr durchzuhalten. Wie finde ich bloß einen sanften Weg, damit wir beide (und auch der Rest der Familie) wieder zu mehr Schlaf kommt? Liebe Grüße und schon jetzt vielen, vielen Dank für deine Antwort, Libje

Mitglied inaktiv - 31.10.2011, 09:41



Antwort auf: Wie finde ich einen sanften Weg nachts abzustillen?

Liebe Libje, als Eltern glauben und hoffen wir immer auf eine lineare Weiterentwicklung der Fähigkeiten unserer Kinder. Beim Schlafverhalten können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass die Entwicklung kontinuierlich verläuft, im Gegenteil, relativ viele Babys schlafen mit drei Monaten deutlich länger und anhaltender als mit zehn Monaten oder auch später. Muttersein ist einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet. Abstillen gibt keiner Frau das Leben vor dem Kind wirklich zurück. Du musst dir bewusst sein, dass sich durch das Abstillen dein Leben keineswegs auf wundersame Weise positiv verändern wird. Falls Du diese Vorstellung haben solltest, kannst Du eine herbe Enttäuschung nach dem Abstillen erleben. Dein Kind wird auch aufwachen, wenn Du nicht mehr stillst und Du wirst einen anderen Weg finden müssen, um es zu beruhigen (was oft wesentlich stressiger ist). Um wenigstens ein bisschen ruhigere Nächte zu haben, kannst du probieren, ob deine Kleine es schafft, eine "stillfreie Zeit" in der Nacht zu akzeptieren. So könntest du wenigstens ein paar Stunden am Stück schlafen und dich erholen. Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Natürlich kannst Du ihr während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest. Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das erst im Herbst auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann. Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht. Allerdings sind 8 Monate schon noch früh für längere Stillpausen in der Nacht. Die meisten Babys brauchen das Trinken und Nuckeln einfach noch (es schenkt ihnen Ruhe, Geborgenheit, Sicherheit), und es ist nicht ganz einfach, gegen ihre Natur vorzugehen. Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 31.10.2011