jbfl22
Guten Abend, ich bin aktuell mit meinem zweiten Kind schwanger und mache mir schon einige Gedanken um das Stillen. Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mich hier vielleicht unterstützen könnten. Mein erstes Kind habe ich vor drei Jahren per Notkaiserschnitt in der 36. SSW bekommen. Die Plazenta hatte sich vorzeitig gelöst, inzwischen wurde bei mir eine Faktor V Leiden Mutation festgestellt, die höchstwahrscheinlich mit der Plazentalösung im Zusammenhang steht. Ich spritze zurzeit Heparin, was hoffentlich ähnlichen Komplikationen vorbeugt. Ich hatte zusätzlich einen starken Eisenmangel und eine Schilddrüsenunterfunktion nach der Geburt, die sich niemand erklären konnte, da ich 200 Mikrogramm L-Thyroxin nahm (mir wurde die Schilddrüse vor fünf Jahren entfernt). Meine Tochter musste aufgrund der Komplikationen insgesamt rund eine Woche auf der Neonatologie verbringen und wurde während dieser Zeit hauptsächlich mit der Flasche gefüttert. Ich habe in der Zeit abgepumpt, habe aber meist nicht genug für eine vollständige Mahlzeit zusammen bekommen. Ich habe dann noch 3,5 Monate abgepumpt, es wurde aber immer weniger und irgendwann habe ich aufgegeben, weil ich nicht mehr mehrere Stunden am Tag an der Milchpumpe hängen konnte mit Schreibaby :( Für die anstehende Geburt wird aufgrund der Umstände ein Kaiserschnitt geplant. Dieses Mal würde ich mich aber gerne besser auf das Stillen vorbereiten. Ich werde demnächst meinen Eisenspiegel genauer kontrollieren lassen und auch schon ein Präparat einnehmen. Ich möchte wenn möglich direkt nach der Geburt anlegen, weiß aber auch, dass der Milcheinschuss durch einen Kaiserschnitt verzögert eintreten kann. Gibt es etwas, was ich sonst noch vorbereitend tun könnte? Kann ich den Milchfluss vorher schon anregen oder dafür sorgen, dass er nach Kaiserschnitt schneller eintritt? Wenn Sie hier einen Ratschlag für mich hätten, wäre ich Ihnen sehr dankbar!
Liebe jbfl22, da hast du ja Schlimmes durchstehen müssen, ich kann deine Sorge nur zu gut verstehen! Es stimmt zwar, dass manchmal nach einem Kaiserschnitt der Milcheinschuss verzögert einsetzt, ABER: das liegt fast immer daran, dass die Mutter und das Kind getrennt wurden, das Kind nicht genügend Gelegenheit hatte frühzeitig und häufig an der Brust zu trinken und deshalb die Brust nicht genügend stimuliert wurde. Wenn das Baby im Anschluss an die Kaiserschnittgeburt uneingeschränkten Zugang zur Brust haben wird, dürfte alles genau so verlaufen, wie nach einer normalen Geburt. Wenn es sich um einen geplanten Kaiserschnitt handelt, sind die Voraussetzungen für das Stillen um einiges besser als bei einem Notkaiserschnitt, denn du bist ja nicht durch stundenlange Wehen bereits erschöpft, wenn es zur OP kommt und das Baby ist wahrscheinlich auch weniger gestresst als nach einer Notsituation. Falls du eine Periduralanästhesie haben wirst, kannst du dein Baby anlegen, sobald der Bauch wieder zu ist (du brauchst natürlich Hilfe dabei, aber mit etwas guten Willen von Seiten des Krankenhauspersonals oder der Hilfe des Partners ist es machbar). Nach einer Vollnarkose kannst du das Baby anlegen, sobald du richtig wach bist und ein Baby halten kannst. Wichtig ist, dass du dein Baby von Anfang an häufig anlegst, damit die Milchbildung in Gang kommt und das Baby lernt, gut und richtig an der Brust zu trinken. Wird nach einem Kaiserschnitt bald und oft angelegt, verläuft das Stillen in der Regel wirklich nicht anders als nach einer normalen Geburt. Lass dir zeigen, wie du trotz Bauchschnitt bequem stillen kannst, wie du im Liegen stillst und wie du dich mit dem Baby gemeinsam umdrehen kannst (ein Bett mit Seitengittern und vielen Kissen ist dabei sehr hilfreich). Gönne dir alle Ruhe, die du nach dem Kaiserschnitt bekommen kannst, solange niemand diese Ruhe dahingehende interpretiert, dass du Ruhe vor dem Kind brauchst. Nimm jede Hilfe, die du für den Haushalt bekommen kannst an, du erholst dich dann nicht nur von einer Geburt, sondern von einer großen Bauchoperation. Gern fass ich dir hier auch nochmal die "Grundlagen" zusammen: Bald stillen - oft stillen - uneingeschränkt stillen - keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen. Ein gesundes, voll gestilltes Kind braucht keinen Tee (und wenn es welchen bekommt, dann ist es nicht mehr voll gestillt). Tee ist ein Arzneimittel und ein gesundes Kind braucht keine Medikamente. Tee kann nicht nur unerwartete Nebenwirkungen mit sich bringen. Da Tees nun einmal eine Arzneiwirkung haben, haben sie auch Nebenwirkungen (der bei uns für Babys so beliebte Fenchel kann bei manchen Kinder Bauchprobleme sogar verstärken). Dazu kommt, dass die Gabe von zu Problemen wie Gedeihstörungen (das Baby erhält eine kalorienarme oder kalorienfreie Flüssigkeit, die den Magen füllt und so verhindern kann, dass es oft genug an der Brust trinkt) oder auch Saugverwirrung (wenn der Tee mit der Flasche gegeben wird) führen und sogar das Abstillen einleiten kann. Alle Flüssigkeit, die ein voll gestilltes Baby braucht, bekommt es an der Brust (auch bei heißem Wetter, Beduinenfrauen geben auch weder Tee noch Wasser). Eine Studie in den Tropen ergab sogar, dass vollgestillte Kinder mehr Flüssigkeit aufnahmen als die Kinder, die zusätzliche Flüssigkeit bekamen (Sachdev, Krishna, Puri et al., 1991). Das Baby sollte so bald wie möglich nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden und dann jederzeit und ohne zeitliche Einschränkung an die Brust dürfen, wenn es das will. Bei eher schläfrigen Kindern oder Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht muss die Mutter unter Umständen den Takt angeben und dafür sorgen, dass das Kind mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust trinkt. Tee, Glukoselösung oder Wasser sind überflüssig und vor allem bei einer eventuell verstärkten Neugeborenengelbsucht sogar kontraproduktiv. Das Bilirubin (der gelbe Farbstoff, der für die Gelbfärbung der Haut bei der Neugeborenengelbsucht verantwortlich ist) wird nur zu zwei Prozent über den Urin ausgeschieden, der Rest wird durch den Darm ausgeschieden. Daher ist es unsinnig, die Gelbsucht „ausschwemmen" zu wollen. Wichtig ist, dass der Darm mit Nahrung versorgt wird und die Verdauung angeregt wird, das Mekonium möglichst rasch ausgeschieden wird. Das Kolostrum, die wichtige erste Milch wirkt abführend und begünstigt damit die Ausscheidung des Bilirubins. Der Organismus eines Neugeborenen ist auf viele, kleine Mahlzeiten eingestellt. Sein Magen hat etwa die Größe eines Teebeutels. Kleine Mengen an Muttermilch sind also absolut richtig und in Ordnung. Milchbildungstee ist nicht notwendig und es hat keinen Sinn ihn bereits während der Schwangerschaft zu trinken. Wenn überhaupt Milchbildungstee getrunken wird, dann bitte auch nicht mehr als höchstens zwei bis drei Tassen täglich, da mehr zu Bauchproblemen beim Kind führen kann. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen lässt sich am besten dadurch vorbeugen, dass Du dich informierst. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildunggut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Deshalb ist es entscheidend, dass du dich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informierst. Nochmals: Ganz wichtig ist dass du weißt, wie korrekt angelegt ist und woran du erkennst, dass dein Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. „Stillen - Rat und praktische Hilfe für alle Phasen der Stillzeit" von Marta Guoth-Gumberger und Elizabeth Hormann, „Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, „Stillen - einfach nur stillen" von Gwen Gotsch, das erste bekommst du im Buchhandel, die beiden letzteren im Buchhandel, bei der La Leche Liga oder jeder LLL-Stillberaterin) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe triffst du nicht nur andere stillende Mütter, sondern du lernst auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Ich wünsche dir noch eine schöne Schwangerschaft und dann einen unproblematischen und befriedigenden Stillstart! Gerne stehe auch ich dir zur Seite und bin für dich da, wenn du mich brauchst! Ganz liebe Grüße Biggi
jbfl22
Vielen lieben Dank für all die Ratschläge und Unterstützung, das hilft mir ungemein weiter und es erleichtert mich schon sehr, dass die Chancen auf einen guten Stillstart besser stehen und ich etwas tun kann, um mich so gut wie möglich darauf vorzubereiten.
Ganz ganz großes Dankeschön
:-) Danke für die goldige Rückmeldung! Freu mich! Biggi