Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Tandem-Stillen

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Tandem-Stillen

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Hallo liebe Biggi, ich möchte für eine Freundin folgende Frage stellen: Sie hat eine 21 Monate alte Tochter und erwartet ihr nächstes Kind im Juni. Sie versucht die Tochter schon seit Monaten abzustillen (noch bevor sie schwanger wurde, wollte sie abstillen), die Kleine aber will unbedingt weitertrinken. Sie stillt sie unregelmäßig 0 bis 3 Mal am Tag. Manchmal vor dem Einschlafen, manchmal nur so, weil sie es so sehr danach verlangt. Meine Freundin hat ihr schon versucht zu erklären, dass die Brust schon der neuen Baby gehört und nicht Lili (so heißt die Kleine), und jedesmal, nach dem Stillen sagt Lili auch: "Busi gehört Baby." Aber das "Busi" gehört eben nur nach dem Stillen dem Baby, vorher gehört es noch ihr. Die erste Frage wäre: wenn es ihr bis zur Geburt nicht gelingt, die Tochter abzustillen, wie funktioniert es nach der Entbindung mit dem Tandem-Stillen (so nennt sich das, oder)? Was soll sie noch versuchen, dass die Kleine bis zur Geburt doch noch auf "ihr Busi" verzichtet? Danke und liebe Grüße, Sophie


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Liebe Sophie, es ist möglich während der gesamten Schwangerschaft weiter zu stillen und sogar nach der Geburt des nächsten Babys beide Kinder zu stillen (das wird Tandemstillen genannt). Viele Kinder stillen sich allerdings im Laufe der erneuten Schwangerschaft ab, unter anderem deshalb, weil sich der Geschmack der Milch verändert. Bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf schadet das Stillen nicht. Die Mutter sollte jedoch auf eine gute und ausgewogene Ernährung achten, um Mangelerscheinungen bei sich selbst zu vermeiden. In der Regel kann eine gut ernährte Mutter, sowohl das ungeborene Baby als auch das gestillte Kind, wenn es älter als ein Jahr ist, ausreichend zu versorgen. Ist das Stillkind noch jünger als ein Jahr, sollte auf seine Entwicklung und seinen Gewichtsverlauf geachtet werden. Die Mutter sollte darauf achten, dass Sie angemessen zunimmt, gesund und nahrhaft isst und genügend Zeit zum Ausruhen hat. Manche Frauen brauchen deutlich mehr zusätzliche Kalorien, wenn sie schwanger sind und gleichzeitig stillen. Einige Frauen haben Probleme mit sehr empfindlichen oder sogar wunden Brustwarzen, die auf die Hormonumstellung durch die Schwangerschaft zurückzuführen sind. Wie lange diese Empfindlichkeit und das Wundsein anhalten, lässt sich nicht vorhersagen. Leider helfen, die meisten Empfehlungen für wunde Brustwarzen in dieser Situation nicht. Es gibt keine bewiesenen Risiken für Mutter oder ungeborenes Kind, wenn die Mutter während der gesund verlaufenden Schwangerschaft stillt. Gebärmutterkontraktionen, die beim Stillen auftreten können, sind ein normaler Teil der Schwangerschaft. (Die Stimulation der Brustwarzen verursacht die Ausschüttung geringer Mengen des Hormons Oxytozin, das wiederum Kontraktionen der Gebärmutter und der Milchbläschen in der Brust verursacht). Auch während des Geschlechtsverkehrs, den die meisten Paare auch während der Schwangerschaft weiterhin haben, kann es zu Gebärmutterkontraktionen kommen. Selbst wenn einige stillende Mütter stärkere und häufigere Kontraktionen während der Spätschwangerschaft spüren, scheinen diese keine Gefahr für das ungeborene Baby im Verlauf einer normalen Schwangerschaft darzustellen. Eine Studie ergab, dass Stillen keine negativen Auswirkungen auf den Verlauf der Schwangerschaft zu haben scheint (Moscone und Moore, 1993). Außer dem Wunsch der Mutter abzustillen, gibt es nur wenige Gründe, während einer Schwangerschaft nicht weiterzustillen. Dazu gehören: • Schmerzen in der Gebärmutter oder Blutungen; • vorangegangene Frühgeburten; • ununterbrochener Gewichtsverlust der Mutter im Verlauf der Schwangerschaft. Dies kommt jedoch nur sehr selten vor. Es gibt auch keine Beweise dafür, dass eine vorangegangene Fehlgeburt ein Grund zum Abstillen sei. Für ein Kind ist das Stillen viel, viel mehr als nur Nahrungsaufnahme. Das Abstillen bedeutet daher auch mehr als das reine Ersetzen einer Nahrung durch eine andere. Im Alter der Tochter Ihrer Freundin ist es dem Kind auch sehr bewusst, dass Stillen mehr als nur Trinken bedeutet. Ich werde Ihnen jetzt ein paar Möglichkeiten aufzählen, ein älteres Stillkind von der Brust zu entwöhnen. Eine Methode, die sich beim allmählichen Abstillen bewährt hat heißt „biete nicht an, lehne nicht ab". Das bedeutet, dass Ihre Freundin dem Kind die Brust nicht von sich aus anbietet, aber auch nicht ablehnt, wenn es danach verlangt. Viele Kinder wurden auf diese Weise abgestillt. Eine weitere Möglichkeit heißt Ablenkung. Durch Ablenkung abzustillen bedeutet, die Gewohnheiten von Tag zu Tag erheblich zu verändern. Die Mutter muss die vertrauten Stillsituationen vermeiden und neue Betätigungsfelder schaffen. Für das eine Kind kann das bedeuten, dass die Mutter viel häufiger Ausflüge zu Orten unternimmt, die dem Kind gefallen und wo es viele Menschen und viel Trubel gibt. Für ein anderes Kind bedeutet dies vielleicht, das Leben erheblich ruhiger zu gestalten, um Situationen, die es als bedrohlich empfindet, zu verringern. Es kann auch ablenkend wirken, wenn Ihre Freundin ihr übliches Verhalten in bestimmten Situationen verändert. Wenn sie zum Beispiel sitzen bleibt anstatt sich hinzulegen, wenn sie ihr Kind zum einschlafen bringt. Andere Möglichkeiten sind Vorlesen, Singen oder vielleicht ein neues Spielzeug. Manchmal bringt es einen auch weiter, wenn man das Stillen immer dann, wenn das Kind diesen Aufschub verkraften kann, für eine Weile verschiebt. Das kann die Mutter flexibler handhaben als den Vorsatz eine bestimmte Stillmahlzeit ausfallen zu lassen. Sie kann auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Die Mutter kann ihr Kind eine kleine Weile anlegen und es dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten. Außerdem möchte ich Ihrer Freundin das Buch „Wir stillen noch - über das Leben mit gestillten Kleinkindern" von Norma J. Bumgarner empfehlen, das bei La Leche Liga und jeder La Leche Liga-Stillberaterin (auch hier im Still-Shop) und im Buchhandel erhältlich ist. LLLiebe Grüße Biggi


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