Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: Stillen

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo, mein Sohn ist jetzt fast 71/2 Monate und ich stille ihn noch. Mittags isst er Gemüse-(Fleisch)-Brei (wechsle ich immer ab) Nachmittags isst er Obst Morgens, am Vormittag und am Abend stille ich ihn. Er hat bis jetzt immer am Abend getrunken und dann bis in der Früh geschlafen. Seit ein paar Tagen kommt er aber immer so zwischen 23.00 und 01.00 Uhr. Dann weint er ganz fest und wenn ich ihn zu mir lege, dann beruhigt er sich wieder - schläft aber nicht mehr ein. Habe das jetzt mal ausprobiert und er war volle 2 Stunden wach. Erst als ich ihm dann die Brust gab und er auf beiden Seiten (was er sonst nie gemacht hat) getrunken hat ist er wieder eingeschlafen. Ich merke auch selbst, daß bei mir die Milchmenge weniger geworden ist. Vor kurzem noch musste ich sicher 2-3 Mal am Tag die Milch ausstreifen. Jetzt brauche ich das überhaupt nicht mehr. Die Brust ist immer so wie früher (ohne Milch). Kann es sein, daß er zu wenig bekommt? Wie kann ich das denn überprüfen? Sollte ich ihm irgendeine Folgemilch bzw. einen Brei geben? Wenn ja, welchen? Leider sind das sehr viel Fragen! Vielen Dank im voraus! Schöne Grüße Daniela


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Daniela, ich denke nicht, dass Ihr Sohn nicht satt wird, sondern eher eine Extraportion Mama braucht ;-). Wie ist denn die Gewichtszunahme Ihres Kindes? In den ersten drei bis vier Monaten liegt die übliche Gewichtszunahme zwischen 113 und 227 Gramm pro Woche. Vom vierten bis sechsten Monat verlangsamt sich die Gewichtszunahme gewöhnlich auf 85 bis 142 Gramm pro Woche, im Alter von sechs Monaten bis zwölf Monaten verringert sie sich auf 42 bis 85 Gramm wöchentlich. So lange Ihr Baby ausreichend zunimmt, besteht kein Grund zum Zufüttern von Säuglingsmilch. Es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys in diesem Alter nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Als stillende Mutter haben Sie den ungeheuren Vorteil, dass Sie Ihr Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten können, ohne dass Sie richtig wach werden und aufstehen müssen. Genießen Sie dieses Privileg, sich einfach nur umdrehen zu müssen und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen können. Spannen Sie auch Ihren Partner (wenn Sie einen haben) ein. Väter können sehr wohl auch einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. Haben Sie ein wenig Geduld mit sich und Ihrem Kind und versuchen Sie sich den Alltag so einfach wie möglich zu machen, damit Sie genügend Ruhe für sich bekommen. Es kommen auch wieder einfachere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.