Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen und Tauchen und noch mehr...

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen und Tauchen und noch mehr...

Mitglied inaktiv

Liebe Biggi, zuerst einmal die gängigen Daten: unsere Tochter ist 9 1/2 Monate, wird voll gestillt und bekommt zusätzlich ihre Beikost, bzw. ißt bei uns mit. Da wirAnfang November für zwei Monate mir unserer Tochter Lynn nach Indonesien fahren, und ich in dieser Zeit weiterhin stillen möchte, ergeben sich einige Fragen: 1. Kann ich mich gegen die üblichen Reisekrankheiten impfen lassen? 2. Ist es möglich auch als stillende Mutter tauchen zu gehen? 3. Ich habe in einigen Reiseberichten gelesen, daß stillenden Müttern während ihrer Reise die Milch "ausgegangen" ist. Wie kommt es dazu, und kann man es verhindern? 4. Sollte mir die Milch ausgehen, wie lange braucht mein Kind dann noch Milchmahlzeiten und wie viele? 5. Was hälst Du davon, daß wir mit unserer Tochter diese Reise unternehmen? Hast Du vielleicht noch einige hilfreiche Tips oder Erfahrungen? Vielen Dank für deine Antwort Melanie


Biggi Welter

Biggi Welter

? Liebe Melanie, ich kann dich nur darin bestärken, dein Kind während einer solchen Reise weiterhin zu stillen! Gerade im Urlaub gibt es nichts Praktischeres als ein gestilltes Baby. Wenn die Reise dann auch noch in ein Land wie Indonesien geht, dann ist das Stillen das Beste (in diesem Alter natürlich kombiniert mit entsprechender Beikost), was es für das Kind gibt. Du musst dich weder um die Wasserqualität noch um einen notwendigen Stromanschluss sorgen, denn Du brauchst keinen Strom, um Wasser abzukochen und künstliche Säuglingsnahrung herzustellen und Flaschen und Sauger auszukochen. Du musst dir keine Sorgen während des Fluges machen, denn Du hast Nahrung und Flüssigkeit dabei, gleich ob das Gepäck mit ankommt oder nicht, ob es Verspätungen gibt oder nicht. Beim Transfer zum Hotel oder wohin auch immer sind ebenfalls keine Probleme da, denn Du hast nicht nur die gewohnte Nahrung dabei, sondern auch das beste Beruhigungsmittel, das es gibt. Das Allerwichtigste jedoch ist, dass deine Milch Antikörper enthält, die dein Kind vor vielen Infektionen und ganz besonders auch vor Magen-Darm-Infekten schützt. Wenn schon eine Reise mit Baby in ein Land wie Indonesien, dann mit einem gestillten Kind. Nun zu der Liste deiner Fragen: 1. Zum Thema „Impfen" zitiere ich dir aus „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, 6. Auflage 2001: „Entsprechend der Verlautbarung des amerikanischen Advisory Committee on Immunization Practice (ACIP) von 1994 dürfen Frauen sowohl mit Tot- als auch Lebendimpfstoff in der Stillzeit geimpft werden. Alle bei der Mutter verwendeten Impfstoffe und Immunglobuline gelten während der Stillzeit als sicher für den Säugling. Bei manchen Impfungen, z.B. gegen Cholera, wird diskutiert, ob relevante Mengen der unter der Impfung gebildeten mütterlichen Antikörper in der Milch erscheinen. Es gibt keine Impfung, die eine Einschränkung des Stillens erfordert." Denke bitte auch an den Impfschutz deines Kindes. 2. da ich mich mit dem Thema „Tauchen" überhaupt nicht auskenne, die Frage aber schon mehrfach gestellt wurde, habe ich mich vor einiger Zeit bei Divers Alert Network (einer ehrenamtlichen Organisation mit sitz am Duke University Medical Center in den USA) erkundigt. Falls Du englisch lesen kannst, kannst du auch selbst auf deren Homepage unter www.diversalertnetwork.org nachlesen. Ich habe die folgenden Informationen gefunden: „Es sind keine Gründe bekannt, die das Tauchen in der Stillzeit verbieten. Es bestehen die üblichen mit dieser Sportart verbundenen Risiken. Das Problem, dass Stickstoff nach einem Tauchgang in die Muttermilch übergehen könnte (wahrscheinlich ohnehin nur sehr wenig), verursacht kein Dekompressionsrisiko für das Baby, da der Stickstoff in das Verdauungssystem des Kindes und nicht in seinen Kreislauf gelangen würde. Zu enge Gurte oder ein zu eng sitzender Taucheranzug könnten durch den Druck auf die Brust zu einem Milchstau führen (vergleichbar einem zu engen BH). Daher sollte auf die Passform des Anzugs und den Verlauf der Gurte geachtet werden. Der mit zunehmender Tiefe sich erhöhende Druck stellt kein besonderes Problem für stillende Frauen dar und sollte nicht zu einem erhöhten Risiko für eine Brustentzündung führen. Es kann vorkommen, dass Milch aus der Brust austritt. Es gibt ist nicht erwiesen, dass auslaufende Milch das Risiko Haie anzuziehen erhöht. Wahrscheinlich ist die Menge, die austritt zu gering um von Bedeutung zu sein. Während der Schwangerschaft sollte nicht getaucht werden, die Risiken für das ungeborene Kind sind groß." 3. Die Milch „verschwindet" nicht plötzlich. Sicher können Stress und Anspannung dazu führen, dass der Milchspendereflex behindert wird und auch zu einem vorübergehenden Rückgang der Milchmenge führen, doch wenn die Frau sich dann wieder etwas Ruhe gönnt, das Kind häufiger anlegt und darauf achtet ausreichend zu essen und entsprechend ihrem Durst zu trinken, lässt sich die Milchproduktion in aller Regeln wieder ankurbeln. 4. Ein Kind braucht mit neun Monaten noch etwa zwei Milchmahlzeiten pro Tag, wobei das nicht ausschließlich flüssige Milch sein muss. Ab dem ersten Geburtstag benötigt ein Kind etwa 350 ml Milch und 20 g Käse, um seinen Milchbedarf zu decken. Falls Du dein Kind weiterhin ohne artfremde Milch ernähren magst, dann solltest Du dich an eine Ernährungsberaterin wenden, die mit dir gemeinsam einen Plan aufstellen kann, wie dein Kind milchfrei und dennoch ausgewogen ernährt werden kann. Ansonsten kannst Du deiner Tochter Käse, Joghurt anbieten. 5. Ich denke, es wird immer Menschen geben, die von derartigen Reisen mit kleinen Kindern abraten. Eine Kollegin von mir hat mit ihren Kindern lange in den Tropen gelebt und hatte nie besondere Probleme, wobei es sicher ein Unterschied ist, ob man Tourist in einem Land ist oder dort ständig lebt. In jedem Fall würde ich dir raten, mit deiner Kinderärztin/arzt eine gut ausgestattete Reiseapotheke mitzunehmen, eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen, die bei Bedarf auch einen Transport nach Europa oder in das nächste westlich ausgestattete Krankenhaus zahlt und dich bereits im Vorfeld über die Situation in diesem Land so umfassend wie möglich zu informieren. Außerdem solltet Ihr daran denken, dass kleine Kinder nicht unbedingt immer ein Reise- und Touristikprogramm absolvieren wollen und viel Zeit für die Bedürfnisse des Kindes einplanen. Ich hoffe, deine Fragen beantwortet zu haben. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

Vielen Dank für Deine ausführliche und informative Antwort.Melanie


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