Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen nach "ungeplantem" KS

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen nach "ungeplantem" KS

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Hallo Biggi, muss etwas weiter ausholen... Nach einer traumatischen, langen und schwierigen Geburt meiner Tochter vor zwei Jahren erwarte ich nun mein zweites Kind, einen Jungen (bin in der 36. SSW). Meine Tochter wurde damals nach einer Einleitung nach 18 Stunden heftiger und leider lange Zeit unwirksamer Wehen wegen Abfall der Herztöne mit der Saugglocke ins Leben gerissen; es ging ihr sehr schlecht (schlechte Apgarwerte etc.) Weitere Geburtsdetails berichte ich hier nicht, da sie nicht relevant sind, aber alles in allem war die Geburt schrecklich für mich und mein Baby. Wie durch ein Wunder aber konnte ich sie dennoch drei Stunden nach der Geburt noch im Kreißsaal das erste Mal anlegen und wir hatten unseren Auftakt für eine wunderschöne Stillzeit (7 Monate voll und insgesamt 17 Monate). Ich musste mich allerdings im Krankenhaus einige Male gegen die Gabe von Glucoselösung etc. wehren. Meine Tochter war von Anfang an sehr hungrig und ungeduldig und ich hatte sie die ersten zwei Nächte, die ich im KH verbrachte, nur an der Brust (sie war nur zufrieden, wenn sie saugen konnte), was ganz schön anstrengend (und schmerzhaft!) war, da ich von der schwierigen Geburt fix und fertig war. Letzlich habe ich zwischendurch etwas abgekochtes Wasser per Fingerfeeding (Spritze und Aufsatz) gefüttert und sie ansonsten immer mal wieder an meinem kleinen Finger saugen lassen und sie ganz oft angelegt. Ich wollte um jeden Preis voll stillen und hab mich mit der Wasser-Lösung (es waren winzige Mengen) dann irgendwie abfinden können. Ein angenehmer Nebeneffekt dieser turbulenten ersten (saugintensiven) Tage war, dass ich den Milcheinschuss überhaupt nicht (unangenehm) gespürt habe. Er kam, aber ich hatte weder harte noch schmerzende noch stark geschwollene Brüste - die Kleine saugte wie ein Weltmeister und so ging's mir brusttechnisch gut. :-) Nun meine Fragen: 1) Könnte ich das mit dem abgekochten Wasser ggfs. wieder so machen? Sollte ich wieder ein Kind bekommen, dass die ersten 48 Stunden am liebsten dauer-saugend verbringt? Oder ist Wasser genauso kontraproduktiv wie Glucose/Tee? 2) Aufgrund der schwierigen ersten Geburt ist diesmal (nach zwei Vorgesprächen mit der Klinik) eine "erhöhte Sectio-Indikation" abgesprochen worden. Bedeutet: ich möchte sehr sehr gern spontan entbinden, aber würde nicht mehr diesen Ehrgeiz an den Tag legen wie letztes Mal, d.h., nicht um jeden Preis und um der Gesundheit des Kindes Willen vaginal entbinden wollen. Wenn sich die Geburt wieder als sehr schwierig, sehr lang und sehr verzögert herausstellt, würde man dieses Mal eher zum Kaiserschnitt greifen (letzes Mal hab ich das Angebot mehrmals zwischendurch "dankend" abgelehnt). Das alles auch unter dem Aspekt, dass dieses Kind vermutlich > 4kg sein wird. Meine Tochter hatte knapp 4kg. Sollte es zum Kaiserschnitt kommen, dann vermutlich mit PDA. Wenn es dramatisch (also mit Notkaiserschnitt) zugehen sollte, so dann natürlich mit Vollnarkose. Ich möchte mich gern wappnen und einige Tipps von dir erfragen, was das Stillen nach einem KS angeht. Worauf muss ich achten? Kann ich mich trotzdem gegen Zufütterung wehren? Ich wünsche mir so sehr, auch diesmal ohne Glucose, Tee und Co. auszukommen und freue mich schon jetzt unbädig auf die Stillbeziehung mit meinem Sohn. Hab aber auch Angst, dass ein möglicher KS alles kaputt macht (habe zwei Freundinnen, bei denen es nach einem KS schief gegangen ist). Lieben Dank für's Lesen des langen Textes. Alles Liebe von July


Biggi Welter

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Liebe July, auch nach einem Kaiserschnitt verläuft der Milcheinschuss nicht anders als bei einer normalen Geburt. Das Signal für den Beginn der Milchbildung wird durch das Ausstoßen der Plazenta gegeben und nicht durch die Wehen. Solange die Plazenta noch im Körper der Mutter arbeitet, schüttet sie ein Hormon aus, das die Milchbildung hemmt. Wenn die Plazenta dann ausgestoßen (oder beim Kaiserschnitt entfernt) wurde, fällt dieses Hormon weg und andere Hormone, die nun nicht mehr gehemmt werden, sorgen für das Einsetzen der Milchbildung. Selbstverständlich wird auch Kolostrum gebildet und selbstverständlich können und sollen Sie sofort nach der Geburt mit dem Stillen beginnen. Es stimmt zwar, dass manchmal nach einem Kaiserschnitt der Milcheinschuss verzögert einsetzt, ABER: das liegt fast immer daran, dass die Mutter und das Kind getrennt wurden, das Kind nicht genügend Gelegenheit hatte frühzeitig und häufig an der Brust zu trinken und deshalb die Brust nicht genügend stimuliert wurde. Wenn das Baby im Anschluss an die Kaiserschnittgeburt uneingeschränkten Zugang zur Brust haben wird, dürfte alles genau so verlaufen, wie nach einer normalen Geburt. Wenn es sich um einen geplanten Kaiserschnitt handelt, sind die Voraussetzungen für das Stillen um einiges besser als bei einem Notkaiserschnitt, denn Sie sind ja nicht durch stundenlange Wehen bereits erschöpft, wenn es zur OP kommt und das Baby ist wahrscheinlich auch weniger gestresst als nach einer Notsituation. Falls Sie eine Periduralanästhesie haben werden, können Sie Ihr Baby anlegen, sobald der Bauch wieder zu ist (Sie brauchen natürlich Hilfe dabei, aber mit etwas guten Willen von Seiten des Krankenhauspersonals oder der Hilfe fes Partners ist es machbar). Nach einer Vollnarkose können Sie das Baby anlegen, sobald Sie richtig wach sind und das Baby halten können. Wichtig ist, dass Sie Baby von Anfang an häufig anlegen, damit die Milchbildung in Gang kommt und das Baby lernt gut und richtig an der Brust zu trinken. Wird nach einem Kaiserschnitt bald und oft angelegt, verläuft das Stillen in der Regel wirklich nicht anders als nach einer normalen Geburt. Am besten wäre es natürlich, wenn Sie Ihr Baby ausschließlich stillen und weder Tee, Wasser oder Glucoselösung geben. Lassen Sie sich zeigen, wie Sie trotz Bauchschnitt bequem stillen können, wie Sie im Liegen stillen und wie Sie sich mit dem Baby gemeinsam umdrehen können (ein Bett mit Seitengittern und vielen Kissen ist dabei sehr hilfreich). Gönnen Sie sich alle Ruhe, die Sie nach dem Kaiserschnitt bekommen können, solange niemand diese Ruhe dahingehende interpretiert, dass Sie Ruhe vor dem Kind brauchten. Nehmen Sie jede Hilfe, die Sie für den Haushalt bekommen können an, Sie erholen sich dann nicht nur von einer Geburt, sondern von einer großen Bauchoperation. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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