Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Neugeborenes schläft beim Stillen nicht ein

Frage: Neugeborenes schläft beim Stillen nicht ein

Primel23

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Hallo Frau Wellner, unsere Kleine ist mittlerweile 3 Wochen alt. In der ersten Lebenswoche hat das Einschlafen beim Stillen super funktioniert. Seit der zweiten Lebenswoche ist der Wurm drin. Sie trinkt an der Brust, die Augen fallen ihr zu nach ca. 15 - 30 Min. und dann kommt ein Punkt, bei dem sie wieder komplett wach wird. Teilweise lässt sie dann die Brustwarze los und schreit bis ich sie wieder andocke, damit sie nuckeln kann. Teilweise klappt das Einschlafen beim Stillen, aber ich brauche fast 1 Stunde dafür oder länger. Zudem sollte es ganz leise sein, sonst schreckt sie hoch. Milch habe ich genug. Sie gedeiht sehr gut und hat auch ständig volle Windeln. In der Nacht funktioniert das Einschlafstillen ganz passabel aber tagsüber, egal ob in abgedunkeltem, stillen Raum oder nicht, kriege ich sie kaum zum einschlafen. Kinderwagen mag sie auch nicht so gerne und in der Trage (Limas) drückt sie den Rücken durch und schreit ca. 10 Min. wie am Spieß, bis sie einschläft. Unsere Rettung ist aktuell die Federwiege. Da schläft sie zuverlässig ein. Kennen Sie dieses Problem? Ich bin echt überfragt und meine Hebamme auch. Bei meiner Großen hat das Einschlafstillen immer tadellos funktioniert. Ich habe demnächst einen Termin beim Osteopathen und zur Trageberatung. Ich dachte immer, Stillen wirkt wie eine Narkose für die Kids?


Biggi Welter

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Liebe Primel23, das Verhalten deines Babys ist eigentlich ganz typisch für so ein junges Baby. Wenn du bedenkst, dass der Magen deines Babys gerade mal so groß wie ein Tischtennisball ist und sein Organismus auf häufige kleine Mahlzeiten eingestellt ist, dann verstehst du, dass ein Baby dauernd an die Brust mag. Und es ist völlig okay, wenn es dauernd angelegt wird :-). Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiteneinzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Gib dir und deinem Kind die Zeit, die ihr beide braucht, um euch an das neue Leben zu gewöhnen. Denke daran, dass du jetzt Wöchnerin bist. Leider ist es in unserer Kultur nicht (mehr) so sehr verbreitet darauf Rücksicht zu nehmen, dass eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, Zeit braucht. Zeit zur Erholung, Zeit zum gemeinsamen Kennenlernen des neuen Menschleins, Zeit ums sich an die ganze Veränderung, die so ein kleiner Erdenbürger mit sich bringt zu gewöhnen. Lieben Gruß Biggi


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