Mitglied inaktiv
Liebe Kristina, unser Sohn ist 9 Monate alt. Von anfang an schläft er bei uns im Babybalkon. In den ersten 4-5 Monaten hat er tagsüber viel geschlafen und hatte nachts zumindest eine Phase, in der er 4-5 Stunden am Stück geschlafen hat. Am liebsten ein Stück von mir weg. Er konnte in Ruhe gelassen besser einschalfen als durch streicheln o.ä., durch stillen ist er nie direkt eingeschlafen. Er hat allerdings in den ersten 2-3 Monaten auch oft nach dem Stillen gespuckt. Seitdem er 5-6 Monate alt ist, schläft er nachts sehr schlecht, abends an 2/3 aller Abende nur auf meinem Arm, ansonsten passiert es, dass er in seinem Bett (wenn ich noch im Wohnzimmer bin) alle 10-15 Minuten wieder aufwacht. Nachts schläft er nur an mich gekuschelt, es gibt Nächte, in denen er aufwacht, wenn ich mich umdrehe. Er wacht ca. 8-10 mal in der Zeit von 22 bis 6:30 Uhr auf. Er stillt in der Zeit sehr viel, manchmal merke ich dann am frühen morgen, dass seine Windel sogar ausgelaufen ist (Windelgröße 12-20 kg). Tagsüber ist er ein sehr aktives und fröhliches "großes" Kind mit 80 cm und 10,5 kg. Morgends ißt er Brot mit Margarine, Apfel und Gurke, Vormittags stille ich, mittags gibt es ein Gläschen (Gemüse, Fleisch, Beilage ab dem 8. Monat), Nachmittags nochmal Brot, Gemüse, Obst und eine große Stillmahlzeit und Abends noch ein Gläschen und/oder Nudeln/Kartoffeln von unserm Essen. Er kann schon sehr gut mitteilen, ob er noch mehr oder nichts mehr oder etwas anderes essen möchte. Ca. 1 Stunde nach dem Abendessen bringe ich ihn um 20 Uhr ins Bett, dort stille ich ihn und er schläft entweder neben mir liegend ein oder ich trage ihn ein bisschen. Tagsüber schläft er 1-2 mal meist im Kinderwagen für ca. jeweils 60 min. Mit 6 Monaten hat er krabbeln gelernt und ca. 2-3 Wochen vorher wurde sein Nachtschlaf immer schlechter und sein Tagschlaf immer weniger. Ich habe seinen schlechten Nachtschlaf immer auf verschiedenste Phasen zurückgeführt, vom Krabbeln lernen über Impfen, Hochziehen lernen, immer mehr "reden"... Dabei ist er tagsüber sehr unkompliziert, auch in fremden Wohnungen zieht er immer gleich los auch in andere Räume, in denen keiner sonst ist und schaut sich alles an, fremdelt kaum, hat an manchen Tagen und in besonderen Situationen eine besondere Mama-Anhänglichkeit (ist ja auch gut so) aber ist absolut nicht ängstlich. Auch tagsüber kuschelt er gerne. Ich stille ihn gerne und halte ihn auch gerne, aber diese Nächte kann ich kaum noch aushalten. Ich bekomme viel zu wenig schlaf, mir tun die Knochen weh, weil ich mich oft nicht von ihm wegdrehen darf. Ich habe auch nach dieser langen Zeit die Hoffnung aufgegeben, dass es sich um "kurzfristige" Phasen handelt, die unglücklicher Weise ineinander übergehen und er schon bald wieder alleine von einer in die andere Schlafphase findet und auch mal schlafen kann, wenn ich ihm den Rücken zuwende. Ab und zu übernimmt mein Mann die Schlafbegleitung, doch schläft unser Sohn dann noch schlechter und wenn er aufwacht akzeptiert er zwar die Flasche, aber er schreit viel mehr (bei mir fast nie), wenn er merkt, dass nicht ich es bin, die sich um ihn kümmert. Tagsüber haben die beiden ein sehr gutes Verhältnis zueinander, auch wenn ich eindeutig die Hauptbezugsperson bin. Rein mental kann ich mich kaum noch damit über Wasser halten, dass ich mir sage, dass ist nur eine Phase. Kannst Du mir irgendeinen Tipp geben, der meine Durchhaltefähigkeit stärkt oder unserem Sohn hilft, längere Strecken am Stück zu schlafen? Vielen Dank! Sabine
Kristina Wrede
Liebe Sabine, es steht absolut außer Frage, dass unruhige Nächte und zu wenig Schlaf ein Wahnsinnsproblem sind und vermutlich wissen die meisten Mütter nur zu gut, wie es ist, wenn man sich nach mehr Schlaf, bitte nur ein bisschen mehr Schlaf, sehnt. Aber es gibt nun mal keine Patentrezepte, die das Kind dazu bringen, länger zu schlafen, auch nicht die Schlaftrainingsprogramme à la "jedes Kind kann". Wären diese Programme übrigens wirklich so wirkungsvoll, dann müssten sie nicht immer wieder wiederholt werden. Ehe Du aber jetzt zusammenklappst, weil Du nicht mehr genug Schlaf bekommst, muss eine Lösung gefunden werden, die dich entlastet. Das kann durchaus eine vermehrte Einbeziehung des Vaters sein, wenn es nachts nicht geht, dann eben mal am Tag, damit Du eine Möglichkeit hast, dich auszuruhen und neue Energie zu sammeln. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25% ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es ist schwer, müde zu sein und jede Nacht x Male aufzuwachen, weil das Kind mich braucht und ich hätte zeitweise sehr viel dafür gegeben nur einmal einfach weiterschlafen zu können und am nächsten Tag nicht vor einem Berg unerledigter (Haus)Arbeit zu stehen. Doch es hat sich gelohnt, den Haushalt zurückzuschrauben, mir Nischen zu suchen, in denen ich auftanken konnte (sowohl körperlich als auch emotional) und zu akzeptieren, dass meine Kinder keine kleinen Roboter sind, die auf das Durchschlafen (o.a.) "programmiert" werden können. Selbst wenn Du jetzt nachts abstillst, wird dein Kind nicht besser schlafen und Du wirst es auf andere Weise beruhigen müssen. Vielleicht wäre es ja ein Weg, dass Du tatsächlich in einem anderen Zimmer schläfst und dich dein Mann weckt, wenn er den Kleinen nicht beruhigen kann? Überlege dir evtl. auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Ich hänge dir auch noch einen Artikel an, der dich sicherlich trösten wird. Ich hoffe, diese lange Antwort hilft euch ein wenig weiter, und drück die Daumen, dass die Nächte bald wieder ruhiger werden. Einen lieben Gruß, Kristina Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen.
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