Nachts weniger stillen? Ab wann reicht MM nicht mehr als Hauptnahrungsquelle?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Nachts weniger stillen? Ab wann reicht MM nicht mehr als Hauptnahrungsquelle?

Liebes Still-Team, eigentlich habe ich zwei Fragen: Mein Sohn ist knapp 8 Monate alt und seit dem letzten ‚Sprung‘ vor ungefähr zwei Monaten wacht er nachts um die 5-10 mal auf. Wir schlafen zusammen und meist trinkt er kurz (2-3 Mal in der Nacht auch länger) und schläft weiter. Das ist durchaus anstrengend, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Jetzt hat die Hebamme angeregt, dass es Zeit wäre ihn nicht immer zu stillen, sondern anders zu beruhigen damit er weiterschläft. Sie meinte, dass er sich daran gewöhnt hätte zum Weiterschlafen gestillt zu werden, was seinen Appetit auf feste Nahrung am Tag beeinflussen würde (s.u.). Auch sollte er mehr Schlaf am Stück bekommen und lernen auch ohne Brust in den Schlaf zu finden. Was meint ihr denn dazu? Sollte ein Baby mit 8 Monaten lernen ohne stillen weiterzuschlafen und hat das wirklich Einfluss auf seine Essgewohnheiten am Tag? Er wacht ja nicht auf weil er gestillt werden will, sondern weil er in einer leichten Schlafphase ist. Ich hab ehrlich gesagt wenig Lust nachts aufzustehen und stundenlang meinen weinenden Sohn herumzutragen (das tut ja weder mir/ meinem Partner noch unserem Sohn gut), will aber natürlich gerne nach den Bedürfnissen des Babys handeln. Wobei nachts mehr Schlafen für mich sicherlich auch gut wäre. Die andere Frage bezieht sich auf’s Essen. Vor zwei Monaten haben wir mit der Beikost gestartet und es läuft eher schleppend - mein Sohn ist ein picky eater. Wir geben ihm täglich Gemüse/Brei + Brot/ weiches Gemüse auf die Hand und probieren verschiedenes aus - er spielt gerne damit und ein bisschen landet auch im Magen. Leider schwankt seine Gewichtszunahme bzw. er ist am unteren Ende seiner Perzentilkurve und wir sind da unter enger Kontrolle. Die Ärztin meinte, dass er jetzt essen muss, da die Muttermilch nicht mehr genug für ihn ist. Das hat mich ehrlich gesagt etwas verwundert, dachte ich doch immer, dass MM eigentlich bis zum 9.Monat als vorwiegende Quelle zur Nahrungsaufnahme ausreicht. Wie sind denn hier die Empfehlungen? Und sollte ich wirklich nachts weniger stillen, damit er tagsüber vlt besser isst? Ganz herzlichen Dank für eure Perspektive und Rat! Katja

von Nordseekrabbe am 19.12.2019, 14:17



Antwort auf: Nachts weniger stillen? Ab wann reicht MM nicht mehr als Hauptnahrungsquelle?

Liebe Katja, der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die auch mit 12 Monaten noch nicht so weit sind. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht. In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Es tut mir leid, wenn ich Dich jetzt noch mehr verunsichere, aber Dein Baby ist gerade acht Monate alt! Liebevolles Eingehen auf die Bedürfnisse der Kinder, ihnen die Zeit lassen, die sie brauchen, um jeweils den nächsten Schritt zu meistern, das ist der Tipp, den ich allen Eltern nur wärmstens ans Herz legen kann. Ganz liebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 19.12.2019



Antwort auf: Nachts weniger stillen? Ab wann reicht MM nicht mehr als Hauptnahrungsquelle?

Die Muttermilch hat viel mehr Kalorien als die Beikost.Das lässt sich ganz einfach nachweisen. Daher ist das Stillen ja bei euch sehr förderlich. Mach dir keine Gedanken. Dein Sohn wird essen,wenn er sich dafür bereit fühlt. Mein Sohn hat erst um den 7. Monat langsam angefangen. Mittlerweile ist er 13.5 Monate alt, isst gerne aber er stillt auch noch sehr gerne. Vor allem nachts.

von Muschelnudel am 19.12.2019, 19:34



Antwort auf: Nachts weniger stillen? Ab wann reicht MM nicht mehr als Hauptnahrungsquelle?

Danke für eure Rückmeldung und die Hinweise! Ich still ihn einfach weiter wie er mag und essen wird er irgendwann schon :) Liebe Grüße, Katja

von Nordseekrabbe am 23.12.2019, 09:41



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