Etoile
Hallo ich habe bereits zwei Kinder und wollte beide gerne stillen. Leider haben bei beiden (1 Jahr auseinander) die Ärzte befunden, dass die Gewichtszunahme zu gering ist und so musste ich bei der meiner ersten Tochter nach einem Monat und bei der zweiten schon nach 3 Tagen zufüttern. Nun meine Frage: ich bin wieder schwanger und möchte es trotzdem noch einmal probieren. Was kann ich machen, damit es dieses mal klappt? Ist es möglich, dass einige Frauen (ich zum Beispiel) ihr Kind gar nicht ernähren können? Vielen Dank für Ihre Antwort, Etoile
Liebe Etoile, es tut mir leid, dass deine erste Stillerfahrung nicht so war, wie Du es dir gewünscht hast. Das muss sich beim zweiten Kind aber nicht zwangsläufig wiederholen. Es ist ein sehr guter Gedanke von dir, dich bereits vor der Geburt deines nächsten Kindes mit einer Stillberaterin in Verbindung zu setzen. Die wichtigste Vorbereitung für eine erfolgreiche Stillzeit ist, sich bestmöglichst zu informieren und sollte es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen, hast Du gleich eine kompetente Ansprechpartnerin an der Hand. Etwa 95 bis 98 % aller Frauen können stillen, vorausgesetzt sie wollen und haben die richtige Unterstützung. Das heißt zwei bis fünf Prozent aller Frauen können tun was sie wollen, sie werden trotz allen Bemühungen und aller Unterstützung nicht oder nicht voll stillen können. So gibt es Frauen, bei denen das Brustdrüsengewebe nicht richtig entwickelt ist oder nicht in ausreichender Menge vorhanden ist. Diese Frauen können dann keine oder nicht genügend Milch für ihr Kind bilden. Es lässt sich aber keinesfalls an der Größe der Brust ableiten, dass eine Frau zu wenig oder nicht richtig entwickeltes Drüsengewebe hat. Hormonelle Störungen (z.B. Schilddrüsenunterfunktion) können sich negativ auf die Milchbildung auswirken. Bleibt ein Teil der Plazenta in der Gebärmutter zurück, so kann sich dies auf die Stillfähigkeit der Mutter negativ auswirken. Nachgeburtliche Blutungen können so stark verlaufen, dass sie eine irreversible Schädigung der Hirnanhangdrüse verursachen, die zum Sheehan Syndrom führt. Das Sheehan Syndrom bedingt eine Stillunfähigkeit. Weitere Symptome sind der Verlust der Scham und Achselhöhlenbehaarung, Kälteempfindlichkeit, niedriger Blutdruck und eine Schrumpfung des Scheidengewebes mit nachfolgender Unfruchtbarkeit. Eine Mutter mit Sheehan Syndrom kann gewöhnlich keine Milch oder nicht genügend Milch zur Ernährung ihres Babys produzieren. Verletzungen oder vorangegangene Operationen an der Brust können die Stillfähigkeit ebenfalls beeinträchtigen. Du siehst, es gibt einige Ursachen, warum eine Frau nicht so stillen kann, wie sie es gerne möchte, aber in den meisten Fällen liegen nicht körperliche Ursachen vor, sondern die Frau wurde nicht richtig informiert und unterstützt. Ganz kurz kann man die wichtigsten Punkte für den Grundstein einer erfolgreichen Stillbeziehung auf die folgenden Schlagworte zusammenfassen: Bald stillen oft stillen uneingeschränkt stillen keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen. Das Baby sollte so bald wie möglich nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden und dann jederzeit und ohne zeitliche Einschränkung an die Brust dürfen, wenn es das will. Bei eher schläfrigen Kindern oder Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht muss die Mutter unter Umständen den Takt angeben und dafür sorgen, dass das Kind mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust trinkt. Tee, Glukoselösung oder Wasser sind überflüssig und vor allem bei einer eventuell verstärkten Neugeborenengelbsucht sogar kontraproduktiv. Das Bilirubin (der gelbe Farbstoff, der für die Gelbfärbung der Haut bei der Neugeborenengelbsucht verantwortlich ist) wird nur zu zwei Prozent über den Urin ausgeschieden, der Rest wird durch den Darm ausgeschieden. Daher ist es unsinnig, die Gelbsucht „ausschwemmen" zu wollen. Wichtig ist, dass der Darm mit Nahrung versorgt wird und die Verdauung angeregt wird, das Mekonium möglichst rasch ausgeschieden wird. Das Kolostrum, die wichtige erste Milch wirkt abführend und begünstigt damit die Ausscheidung des Bilirubins. Der Organismus eines Neugeborenen ist auf viele, kleine Mahlzeiten eingestellt. Sein Magen hat etwa die Größe eines Teebeutels. Kleine Mengen an Muttermilch sind also absolut richtig und in Ordnung. Wichtig ist, dass dein Baby ab dem zweiten, dritten Tag mindestens drei bis vier Darmentleerungen hat und ausreichend Urin ausscheidet. Eine Gewichtsabnahme von etwa sieben Prozent des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten Tage ist normal, bis zehn Prozent sind bei einem ansonsten gesunden Kind tolerierbar. Spätestens mit drei Wochen sollte dein Baby sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben. Milchbildungstee ist nicht notwendig und es hat keinen Sinn ihn bereits während der Schwangerschaft zu trinken. Wenn überhaupt Milchbildungstee getrunken wird, dann bitte auch nicht mehr als höchstens zwei bis drei Tassen täglich, da mehr zu Bauchproblemen beim Kind führen kann. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen kannst Du am besten dadurch vorbeugen, dass Du dich informierst. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Deshalb ist es entscheidend, dass Du dich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informierst. Nochmals: Ganz wichtig ist dass Du weißt, wie korrekt angelegt ist und woran Du erkennst, dass das Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. "Stillen gesund und richtig" von Denise Both und Gabi Eugster, "Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, "Stillen einfach nur stillen" von Gwen Gotsch) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe triffst Du nicht nur andere stillende Mütter, sondern Du lernst auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Erkundige dich auch einmal, vielleicht gibt es in deiner Nähe ein stillfreundliches Krankenhaus, dort verläuft der Start der Stillbeziehung oft sehr viel besser und es gibt echte und gute Unterstützung nach der Geburt. Ich wünsche dir schöne restliche Schwangerschaftswochen, eine gute Geburt und diesmal eine problemlose und schöne Stillzeit. LLLiebe Grüße Biggi Welter