Mitglied inaktiv
Hallo Biggi, ich bin schon lange begeisterte, stille Mitleserin und habe meine Fragen immer beantwortet bekommen, da sich die Probleme und Problemchen von Mamas mit Babys im gleichen Alter doch recht ähneln. Nun habe ich aber doch eine Frage, die sich in den letzten Tagen aufgebaut hat. Meine kleine Tochter ist nun 20 Wochen alt und entwickelt sich rasant. Dreht sich seit einer Woche vom Rücken auf den Bauch und nimmt einfach insgesamt mehr teil! Entsprechend unruhig sind unsere Nächte mittlerweile...sie war anfangs eine super Schläferin und hat den Tag-Nachtrhythmus gleich dringehabt. Aber auch Tags viel geschlafen. Im Moment sieht es leider so aus, dass sie tagsüber nur ca. 3 bis 5 kurze, halbstündige Nickerchen macht- gerne an meinem Busen:-) Vorher war das viel definierter: ein langer Vormittagsschaf und ein langer Nachmittagsschlaf. Auch ist es so, dass sie irre leicht ablenkbar ist, da braucht nur die große Schwester singen oder der Kater maunzen, schon wars das! Nachts schreckt sie oft hoch, weint, schreit...und zur Beruhigung und aus Bequemlichkeit nehme ich sie zu mir rüber und stille sie. Das kommt zum Teil 5 mal pro Nacht vor, manchmal schlafen wir beide wieder ein, so dass sie im Prinzip bei mir schläft. Will sie wirklich an die Brust, oder wäre es besser sie im Herumtragen zu trösten und "einzuschläfern"? Satt wird sie schon, oder? Sorry, es ist jetzt doch ein bisserl ausführlich geworden! Danke im Voraus, (gerne auch andere Mamas!) Harrysgirl.
Liebe Harrysgirl, auch dieses Problem ist eigentlich das Gleiche, wie gaaaaanz viele Mütter es in diesem Alter haben :-). Das Verhalten Ihres Kindes ist typisch für Babys in diesem Alter! Zum Einen gibt es in diesem Alter einen Wachstumsschub und der führt dazu, dass das Kind häufiger gestillt werden will und zum anderen schreitet die Entwicklung des Kindes mit Sieben Meilen Stiefeln heran. In unzähligen Ratgebern und Broschüren steht, dass ein Baby mit etwa zwei bis drei Monaten nachts längere Schlafphasen haben wird und mit etwa einem halben Jahr damit zu rechnen sei, dass es "durchschlafe". Und genau diese Erwartung, die allerdings absolut unrealistisch ist, haben dann auch die Eltern. Gleichzeitig ist der Markt überschwemmt von Büchern, in denen verschiedene Strategien propagiert werden, wie ein Baby oder Kleinkind das Schlafen "lernen" könne. Würde die Mehrzahl aller Kinder tatsächlich dem immer wieder verkündeten Schema gemäß schlafen, dann bräuchte kaum jemand alle diese Schlafratgeber und dann würde es sie auch nicht in jedem Buchladen geben. Es ist also einfach so, dass eine unrealistische Erwartungshaltung auf das reale Verhalten des Babys trifft und damit machen wir Eltern uns und unseren Kindern das Leben schwer. Vermehrtes nächtliches Aufwachen ist ab etwa vier bis sechs Monaten ein normales Verhalten bei Babys und zwar nicht, weil das Kind nicht mehr satt würde, sondern entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen "Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn Ihr Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (die dem Kind das nächtliche Stillen "abgewöhnen"), die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden und selbst die Verfechter sprechen sich gegen eine Anwendung in diesem Alter aus, bleibt Ihnen in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Als stillende Mutter haben Sie den ungeheuren Vorteil, dass Sie Ihr Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten können, ohne dass Sie richtig wach werden und aufstehen müssen. Genießen Sie dieses Privileg, sich einfach nur umdrehen zu müssen und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen können. Spannen Sie auch Ihren Partner (wenn Sie einen haben) ein. Väter können sehr wohl auch einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. Haben Sie ein wenig Geduld mit sich und Ihrem Kind und versuchen Sie sich den Alltag so einfach wie möglich zu machen, damit Sie genügend Ruhe für sich bekommen. Es kommen auch wieder einfachere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter