Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Ich brauche Hilfe!!

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Ich brauche Hilfe!!

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Hallo Biggi, bin eigentlich glückliche Mama von 3 Mädels, komme aber gerade an meine persönlichen Grenzen. Meine 3. ist jetzt 8 Monate alt. Sie ist immer noch voll gestillt, schläft extrem schlecht und ist auch sonst ein "Kind mit starken Bedürfnissen". Ich habe immer gerne gestillt, fand es praktisch und einfach, aber so langsam mag ich einfach nicht mehr. Ich sehne mich nach etwas mehr Freiraum, habe das GEfühl, dass meine Kleine mich regelrecht "auffrisst". Sie fremdelt stark, lässt nicht mal den sehr präsenten Papa an sie ran, ich kann mir also auch kaum eine Auszeit nehmen. Sie hängt wirklich ständig an meinem Busen, jeden Essversuch schmettert sie ab. Weder Flasche noch Löffel (alle Sorten) noch Fingerfood interessiert sie - nur Busen! Sie wächst und nimmt zu, ich glaube schon, dass es noch reicht, aber ich kann einfach nicht mehr! An Schlaf ist kaum zu denken (ca. 5-6x wach in der Nacht) und nimmt der Papa sie ist ein Riesengebrüll. Ich habe sie vor Verzweiflung schon in ein anderes Zimmer geschoben (sie schläft bei uns im Bett, schläft deshalb aber nicht schneller ein, wenn ich sie gestillt habe), in dem sie (und ich) dann vor Erschöpfung nach viel GEschrei einschläft. Was soll ich tun? Hast Du mir einen Tipp? Meine Grossen (naja, gross, sie sind auch erst 5 und 3 Jahre) haben garnichts mehr von mir und sind auch manchmal schon richtig sauer auf die Kleine. Ich habe das GEfühl, es muss jetzt was passieren, aber was...? Danke, britt&co


Biggi Welter

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Liebe Britt, viele Frauen erleben zwischendurch eine Phase der Stillmüdigkeit. Sie wünschen sich wieder mehr Freiraum für sich und auch wieder mehr Verfügungsrecht über ihren Körper. Dieses Gefühl kennt vermutlich jede Frau, die längere Zeit stillt. Doch das ist letztlich nicht wirklich etwas, was sich durch Abstillen erreichen ließe, denn es ist nicht wirklich so, dass das Stillen die Frau "anbindet" und müde macht, sondern es ist die Mutterschaft. Wir alle haben irgendwann oder immer wieder einmal Sehnsucht nach dem Leben v.K. (= vor dem Kind) als "Mama noch eine Frau war". Muttersein ist einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet. Und an dieser Tatsache ändert sich nichts, ob frau nun stillt oder nicht. Es ist absolut normal (und auch gesund), dass dein Kind jetzt auf dich bezogen ist. Diese Bindung ist die Grundlage für die Bindungsfähigkeit des Kindes überhaupt. Deine Kleine ist jetzt wohl in der klassischen "Fremdelphase". Das ist eine anstrengende Zeit für alle Beteiligten und ein riesiger Sprung in der Entwicklung deines Kindes. Dein Kind vollbringt eine große Leistung. Es lernt fremd von bekannt zu unterscheiden und zu werten "muss ich da vorsichtig sein". Das ist für ihn oft verwirrend und beängstigend und ich würde keinem Kind in dieser Situation eine "Crashkur" zumuten und es zwingen bei einem fremden Menschen oder in einer fremden Umgebung zu bleiben. Selbstverständlich spiegeln sich diese Verwirrung und auch die Ängste auch im Schlafverhalten wider. Das Abgleiten in den Schlaf geschieht nun nicht mehr automatisch wie beim ganz jungen Säugling, sondern dein Kind entwickelt ein Bewusstsein dafür, dass sich da etwas verändert und dass es keine Macht darüber hat, was passiert, wenn es schläft. So anstrengend es auch sein mag, die Geduld, die Du jetzt aufbringst zahlt sich aus. Bei manchen Kindern dauert es länger, bis sie selbstbewusst und forsch ins "fremde" Außenleben gehen, bei anderen geht es schneller und wie bei allen anderen Entwicklungsschritten kannst Du dein Kind liebevoll begleiten, aber Du kannst das Reifen des Kindes nicht beschleunigen oder erzwingen. Gönne dir selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Mach den Tragetest. Bügele etwas und trage es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügelst Du es nicht und trägst es für zehn Minuten. Dann vergleichst Du: ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Du kannst dann eine Hälfte einfrieren und hast damit schnell eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Versuche dir am Tag Freiraum für dich zu schaffen. Vielleicht kann dir dein Mann, deine (Schwieger)Mutter, eine Freundin oder ein verantwortungsbewusster Teenager dein/e Kind/er für eine Stunde oder so abnehmen, mit ihm spazieren gehen oder spielen und diese Zeit nutzt du für DICH. Selbst wenn Du nur in Ruhe in der Badewanne liegt, einmal um den Block joggst oder dich mit einer Zeitung und einer Tasse Tee in einen anderen Raum begibst, so ist das ein Weg aufzutanken und wieder neue Kraft zu schöpfen für den anstrengendsten Beruf der Welt: Mutter. Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese "gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Suche dir wirklich Hilfe und Unterstützung. Erkundige dich auch einmal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Ich hoffe, es wird bald besser für dich! LLLiebe Grüße, Biggi


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