Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Allergien

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Allergien

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Hallo! Ich hatte neulich eine komische Diskussion. Mein Mann hat allergisch bedingtes Asthma wegen einer Hausstaubmilbenallergie. Ansonsten bestehen bei uns keinerlei Allergien. Ich wollte u.a. aus diesem Grund bis zum 6. Monat voll stillen. Jetzt meinte meine Schwiegermutter (wo auch immer sie ihr Wissen her hat?!) dass das Stillen bis zum 6. Monat ,zumindest in Bezug auf die Allergiegefährdung, nur bei Lebensmittelallergien und nicht bei sonstigen Allergien erforderlich ist. Ich dachte, Stillen schützt bei allen Arten von Allergien, bin aber jetzt irgendwie sehr verunsichert. Kannst DU mich aufklären, was jetzt stimmt?! ICh werde so oder so weiterstillen, würde aber schon gerne wissen, wer jetzt Recht hat! Danke und GRuß Sanni


Biggi Welter

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Liebe Sanni, ich denke, dass deine Schwiegermutter etwas über einen Studie gelesen hat, die für Schlagzeilen in der Presse sorgte. Da damals diese Studie Sears MR et al (2002). Long term relation between breastfeeding and development of atopy and asthma in children and young adults: a longitudinal study. Lancet 360: 901 07 einiges an Wirbel ausgelöst hat, haben sich zwei Stillberaterinnenkolleginnen damit befasst und einen Text dazu geschrieben, den ich unten anhängen werde. Es war übrigens auch sehr schön zu sehen, welche Schlagzeilen sich in der Presse (und im Videotext) aus dieser Studie ergeben haben. So lautete die erste Überschrift "Stillen schützt nicht vor Allergien", dann folgte "Stillen mach Kinder krank" und dies obwohl selbst M.R. Sears in seiner Studie eindeutig sagt, dass das Stillen nach wie vor die beste Ernährung für Säuglinge ist. LLLiebe Grüße Biggi Erneut ungerechtfertigte Verunsicherung der Familien zum Thema Stillen Seit einigen Tagen werden junge Familien wieder einmal verunsichert. Da bekannt ist, dass Stillen die beste Ernährung für Säuglinge ist und sowohl für Mütter und Kinder wichtige gesundheitliche Vorteile bietet, ist es uninteressant darüber zu berichten. Immer wieder kommt es jedoch zu Pressemitteilungen, wenn Studien zu belegen versuchen, dass Stillen doch nicht so gut sei. Umso wichtiger ist es, kritisch mit solchen reißerisch aufgemachten Mitteilungen umzugehen. Kritisches Lesen der Studien ist dringend erforderlich. In der aktuellen Mitteilung geht es um die Aussage "Stillen schützt nicht vor Allergien". Dazu folgendes: Die Studie von Sears (Sears MR et al (2002) "Long term relation between breastfeeding and development of atopy and asthma in children and young adults: a longitudinal study." Lancet 360: 901 07) findet keinen Zusammenhang zwischen dem Stillen und einem Schutz vor Allergien und Asthma und steht damit im Widerspruch zu einer ganzen Reihe von Studien wie sie zum Beispiel von Oddy (Oddy WH et al (2002) "Maternal asthma, infant feeding, and the risk of asthma in childhood." J Allergy Clin Immunol 110: 65 7) erst vor wenigen Monaten veröffentlicht wurden. Dabei ist einer der wichtigsten Punkte bei der Beurteilung dieser Studie der Punkt, wie "voll Stillen" definiert wurde. Sears vergleicht in seiner Studie Babys, die "mindestens vier Wochen gestillt wurden" mit Babys, die nicht oder kürzer als vier Wochen gestillt wurden. Dabei wurden jedoch nur 15 % dieser Babys "voll" gestillt, wobei der Autor auch Kinder, die in der Nacht oder im Krankenhaus künstliche Säuglingsnahrung erhielten als voll gestillt bezeichnet. Dies widerspricht der internationalen Definition von "voll stillen", da darunter verstanden wird, dass ein Baby nichts anderes als Muttermilch erhält. Außerdem werden in der Studie Kinder, die nach den ersten vier Wochen nicht mehr oder nur mehr teilgestillt wurden, in die Gruppe der "voll gestillten Kinder" aufgenommen, denn Sears nimmt das Alter von vier Wochen als Trennungspunkt. Oddy konnte in seinen Untersuchungen feststellen, dass Kinder, die vier Monate ausschließlich gestillt wurden (= voll gestillt nach internationaler Definition) im Alter von sechs Jahren seltener an Asthma litten als Kinder, die kürzer voll gestillt oder gar nicht gestillt wurden. Da angenommen wird, dass selbst eine einzige Flasche künstliche Säuglingsnahrung bei entsprechend empfindlichen Kindern eine allergische Reaktion auslösen kann, ist die Studie von Sears et al. mit großer Vorsicht zu betrachten. Stillen ist sicher kein Allheilmittel und auch gestillte Kindern sind nicht vor Krankheiten und Allergien gefeit, doch wie so oft sollten solche Veröffentlichungen immer kritisch hinterfragt werden. Zu gern nimmt die Babynahrungsindustrie bei sinkenden Geburtszahlen o.g. Aussagen in ihre Vermarktung auf, um ihren Umsatz zu gewährleisten. So gilt nach wie vor die Empfehlung der WHO von 2000, dass die Säuglinge sechs Monate ausschließlich gestillt werden und mit Einführung von Beikost das gesamte erste Lebensjahr. Zudem sagt selbst Sears, dass das Stillen unbedingt als erste Wahl zur Ernährung von Babys betrachtet werden sollte, eben wegen der vielen, gut dokumentierten Vorteile. Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC / Denise Both, IBCLC 28.September 2002


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