Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Mirtazapin

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Mirtazapin

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Ich habe einen Kinderwunsch.Nehme seit reichl. 2 Jahren Mirtazapin( Depressionen mit starken Schlafstörungen ):Nach erfolgreicher Psychotherapie habe ich die Dosis langsam reduziert und bin bei weniger als 7,5mg. Nun meine Frage: Welches Medikament wäre Mittel der Wahl bei Beschwerden in einer SS (vor allem bei Schlafstörungen)? Gibt es bei Mirtazapin Erfahrungen über Zusammenhänge der Dosishöhe und Abort- und Mißbildungsrisiko? Ich danke im voraus für Ihre Antwort!


Dr. Wolfgang Paulus

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Erfahrungen in der menschlichen Schwangerschaft liegen für Mirtazapin in begrenztem Umfang vor. Eine Publikation berichtet von zwei unauffälligen Neugeborenen nach mütterlicher Behandlung mit Mirtazapin im ersten Schwangerschaftsdrittel (Kesim et al 2002). In einem Kollektiv von sieben weiteren Schwangerschaften wurden neben einem Spontanabort und einem Schwangerschaftsabbruch (aus persönlichen Gründen) fünf unauffällige Neugeborene nach Exposition mit Mirtazapin im ersten Trimenon registriert (Yaris et al 2004). Eine britische Sammlung von 40 Fällen einer maternalen Medikation mit Mirtazapin im ersten Trimenon umfasst 8 Schwangerschaftsabbrüche, 8 Spontanaborte sowie 24 Neugeborene. Ein Frühgeborenes wies auf einen offenen Ductus arteriosus auf, ansonsten wurde keine Anomalien registriert (Biswas et al 2003). Weitere 7 Schwangere wurden wegen Schwangerschaftserbrechen zwischen SSW 10 und 17 mit Mirtazapin behandelt. Davon wies ein Kind einen mäßigen Hochdruck im Lungenkreislauf auf (Saks 2001). In einer prospektiv kontrollierten Multicenterstudie wurden 104 Schwangerschaften unter Medikation mit Mirtazapin erfasst: 6 Schwangerschaftsabbrüche (ohne Anhalt für Fehlbildungen) 20 Spontanaborte 1 Totgeburt 75 gesunde Neugeboren 2 angeborene Anomalien Es zeigte sich lediglich ein statistisch signifikanter Anstieg der Spontanaborte, wie er unter anderen Antidepressiva ebenfalls beschrieben ist, jedoch keine Zunahme angeborener Anomalien. Allerdings nahmen nur 25% der Patientinnen das Präparat während der gesamten Schwangerschaft ein (Djulus et al 2006). Wir verfügen inzwischen über 40 Rückmeldungen nach Exposition mit Mirtazapin in der Schwangerschaft: 4 x Schwangerschaftsabbruch (ohne Anhalt für Anomalie) 5 x Spontanabort 31 x Neugeborene ohne Fehlbildung Allerdings wurde die Behandlung nur in 13 Fällen über das erste Schwangerschaftsdrittel hinaus fortgesetzt. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko aufgrund der Medikation ist angesichts der aktuellen Datenlage zwar nicht zu erkennen, doch wären erprobtere Antidepressiva wie Amitryptilin in der Schwangerschaft grundsätzlich vorzuziehen.


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