Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Medikamenten Frage

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Medikamenten Frage

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Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, vor einiger Zeit hat meine Frau bei Dr. Bluni nachgefragt bezugnehmend auf das Medikament "Cipralex". Er hat ihr geraten an Sie die Frage nochmal zu schreiben. Sie nimmt seit dem letzten Verlust im Januar jetzt seit 6 Monaten das Cipralex 10 mg Wirkstoff: Escitalopramoxalat. Ihre Fragen: Kann man trotz der Einnahme einen Versuch für eine Schwangerschaft starten? Und gibt es Schädigungen für den Fötus? Und wenn sie dieses Medikament absetzt kann sie dann gleich schwanger werden oder dauert es bis das aus dem Körper raus ist? Auf welche Nebenwirkungen muss sie sich einstellen wenn sie das Cipralex von einen Tag auf den anderen absetzt oder muss sie ein anderes Medikament dafür einnehmen? Viele Fragen doch mich beschäftigt das Thema genauso sehr wie meine Frau denn es hat viele persönliche Veränderungen gegeben und es steht viel auf dem Spiel. Meine Frau hat sogar versucht wegen der Medikamente selbst zu verletzen und sie hat sich in ihrer ganzen Person verändert. Danke Ihnen im vorraus. Mit freundlichen Grüßen Thomas (Ehemann)


Dr. Wolfgang Paulus

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Bei Escitalopram handelt es sich um das linksdrehende Enantiomer von Citalopram. Reproduktionstoxikologische Studien gaben nach Information des Herstellers keinen Anhalt für spezielle Bedenken gegen die Anwendung von Citalopram bei Frauen im gebärfähigen Alter. Bis September 2003 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 4291 Kinder nach intrauteriner Exposition mit Serotinin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 2,9%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 1696 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 3,1% keinen Anlass zur Beunruhigung (Hallberg & Sjoblom 2005). Nach SSRI-Medikation bis zur wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten beiden Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden. Eine aktuelle Fallkontrollstudie äußert den Verdacht auf einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte und der Entwicklung eines Lungenhochdruckes (pulmonale Hypertonie) der Neugeborenen (Chambers et al 2006). Leider können Fallkontrollstudien nur Hinweise auf mögliche Risikofaktoren geben. Um das Risiko für eine Schädigung bei einer bestimmten Medikation im Einzelfall abzuschätzen, sind jedoch Kohortenstudien erforderlich. Bis eindeutige Zahlen aus solchen Studien vorliegen, sollten SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte mit Zurückhaltung eingesetzt werden. Als Alternative kämen erprobte trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin in Frage. Der Wirkstoff Escitalopram ist ca. 1 Woche nach Absetzen des Medikamentes aus dem Organismus eliminiert. Ein abruptes Absetzen ist auf jeden Fall zu vermeiden, da sonst akute psychische Beschwerden auftreten können.


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