Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Blutdruckmittel

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Blutdruckmittel

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Ich leide seit der Totgeburt unserer Tochter im Oktober 2007 unter Bluthochdruck. Vorher hatte ich immer etwas zu niedrigen gehabt. Ich bekam von meiner Hausärztin Belazok. Jetzt bin wieder schwanger und wurde sofort auf Dopegypt umgestellt. Nun war ich gestern bei der Frauenärztin und die sagte mir, dass dieses Medikament in einer hohen Dosis einen kleinen Kopf beim Kind zur Folge haben könne und dieses Mittel beim Stillen nicht wirklich geeignet wäre, weil es das Kind ruhig machen würde. Ist dies wirklich so? Auf welches Mittel müsste ich umstellen, um meinem Kind nicht zu schaden und es auch stillen zu können? Viel Dank!


Dr. Wolfgang Paulus

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Bei Planung einer Schwangerschaft sollte eine arterielle Hypertonie bevorzugt mit Methyldopa, älteren Betablockern (z. B. Metoprolol) oder Dihydralazin eingestellt werden. Methyldopa kann in einer Dosierung bis 2000 mg/d (verteilt auf 3-4 Einzeldosen) in allen Phasen der Schwangerschaft verabreicht werden. Methyldopa ist gut plazentagängig und erreicht im fetalen Serum ähnliche Konzentrationen wie im mütterlichen Organismus. Das Michigan Medicaid Program erfasste 242 Neugeborene nach Exposition mit Methyldopa im I.Schwangerschaftsdrittel. Die dokumentierten 11 Fehlbildungen (4,5%) betreffen unterschiedliche Organsysteme, sodass sich kein Anhalt für ein fruchtschädigendes Potential von Methyldopa ergibt (Briggs et al 1999). Nach Exposition mit Methyldopa im I.Schwangerschaftsdrittel wird von einer Verminderung des Kopfumfanges bei Geburt berichtet (Myerscough 1980; Moar et al 1978). Ein Zusammenhang mit Kopfumfang und geistiger Retardierung im Alter von 4 Jahren lässt sich nicht herstellen (Dunsted et al 1980). Eine Auswertung von 1.157 Schwangerschaften unter antihypertensiver Therapie zeigt keine Komplikationen durch Methyldopa (Redman et al 1976; Hamilton & Kopelman 1963; Abramowsky et al 1980; Gallery et al 1979; Gyory et al 1978; Arias & Zamora 1979; Redman et al 1975; Tcherdakoff & Milliez 1970; Lselve et al 1968; Leather et al 1968; Hamilton 1968; Skacel et al 1967; Kincaid-Smith & Bullen 1966). Ein erhöhtes Risiko für eine kindliche Schädigung aufgrund der Anwendung von Dopegyt ist aufgrund der aktuellen Datenlage bei Ihnen nicht anzunehmen. Eine Fortsetzung Ihrer aktuellen Medikation ist auch in der Stillzeit vertretbar. Sollte dies nicht genügen, sind auch die unten aufgeführten Alternativpräparate akzeptabel. Methyldopa geht in nur in einem Ausmaß von ca. 3% der mütterlichen gewichtsbezogenen Dosis auf den Säugling über (Jones & Cummings 1978). Die American Academy of Pediatrics sieht keine Einwände gegen den Einsatz von Methyldopa in der Stillzeit (American Academy of Pediatrics 1994).Da Sie offenbar trotz einer Maximaldosis von Methyldopa nicht optimal eingestellt sind, wäre eine Umstellung der Medikation zu erwägen. Dazu bieten sich mehrere Alternativen an.Captopril geht in geringen Mengen in die Muttermilch über. Bei 12 Müttern fanden sich unter Gabe von 3 x 100 mg/d durchschnittliche Spiegel von 4,7 ng/ml, was einem Milch/Plasma-Quotienten von 0,012 entspricht (Devlin & Fleiss 1980, 1981). Negative Auswirkungen dieser geringen Exposition auf den Säugling wurden nicht beobachtet. Die American Academy of Pediatrics betrachtet daher Captopril als vereinbar mit dem Stillen (American Academy of Pediatrics 1994).Bei Enalapril konnten unter einer Tagesdosis von 10 mg/d in der Muttermilch keine Spiegel über der Nachweisgrenze von 0,02 ng/ml ermittelt werden (Huttunen et al 1989). Eine andere Studie ergab für Enalapril (Tagesdosis:10 mg/d) Milch/Plasma-Quotienten von 0,02 bis 0,14 (Rush 1991). Nach Einmalgabe von 20 mg Enalapril wurden Milch/Plasma-Quotienten von 0 bis 0,043 gemessen (Redman et al 1990).Auf der Grundlage der genannten Studien ist der Übergang von Enalapril in die Muttermilch zu vernachlässigen. Die American Academy of Pediatrics betrachtet die Gabe von Enalapril als vereinbar mit dem Stillen (American Academy of Pediatrics 1994).Bei Nifedipin gehen weniger als 5% einer therapeutischen Dosis auf den Säugling über. Eine Gefährdung des Säuglings ist dadurch nicht zu befürchten. Eine deutliche Reduktion der kindlichen Exposition kann durch ein Zeitintervall von 3 bis 4 Stunden zwischen Einnahme von Nifedipin und der nächsten Stillmahlzeit erreicht werden (Ehrenkranz et al 1989). Die American Academy of Pediatrics betrachtet Nifedipin als akzeptabel in der Stillzeit (American Academy of Pediatrics 1994).Hydralazin bzw. Dihydralazin geht nur im Umfang von ca. 1% einer Säuglingsdosis in die Muttermilch über (Liedholm et al 1982). Die American Academy of Pediatrics hat keine Vorbehalte gegen den Einsatz von Hydralazin bzw. Dihydralazin in der Stillzeit (American Academy of Pediatrics 1994)Unter den Betablockern ist in der Stillzeit die kindliche Belastung unter Metoprolol, Oxprenolol, Propranolol und Timolol am geringsten.Metoprolol erreicht in der Muttermilch etwa den dreifachen Spiegel gegenüber dem mütterlichen Serum (Sandstrom 1978, 1980; Lindeborg et al 1984; Liedholm et al 1984; Kulas et al 1984). Allerdings fanden sich bei den Säuglingen dennoch keine schwerwiegenden Komplikationen. Unter einer mütterlichen Tagesdosis von 200 mg Metoprolol würde ein Säugling mit 1000 ml Muttermilch 225 µg des Wirkstoffes erhalten (Lindeberg et al 1984). Dies entspricht ca. 1,5% einer Säuglingsdosis. Um die Exposition zu reduzieren, wird ein Anlegen 3 bis 4 Stunden nach der Medikamenteneinnahme empfohlen. Insbesondere bei hohen Dosen sollte der Säugling auf typische Nebenwirkungen der Betablocker wie z. B. Bradykardie (langsamer Puls) überwacht werden. Die American Academy of Pediatrics betrachtet die Anwendung von Metoprolol als vereinbar mit dem Stillen (Committee on Drugs 1994).


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