Frage: Kind 5 J probiert so gut wie nichts Neues

Hallo Frau Neumann, unser Sohn war immer schon ein schlechter/wenig Esser. Er probiert keine neuen Sachen, Beim Abendessen gibst es eine Handvoll Gerichte die gehen. Das meiste Gemüse (außer Brokkoli und Rosenkohl) ißt und probiert er nicht. Paprika und Tomaten gehen roh. Ich will ihn nicht zwingen zu probieren, wir bieten es halt immer wieder an. Suppen oder Nudeln mit Tomatensoße ißt er nicht - nur Nudeln mit Parmesan. Im Kindergarten mag er kaum etwas essen. Süßigkeiten und Kuchen würden immer gehen, allerdings auch nur Trockenkuchen. Wir haben die Hoffnung, dass sich das irgendwann man "auswächst". Wie sollen wir uns als Eltern verhalten? Oft fragt uns, ob er heute gut gegessen hatte. Bin dankbar für Tipps. Liebe Grüße Sandy

von sandy71 am 09.01.2023, 22:45



Antwort auf: Kind 5 J probiert so gut wie nichts Neues

Hallo sandy71 wenn dein Sohn das nächste Mal fragt, ob er denn aus eurer Elternsicht "gut" gegessen hätte, dann gib ihm diese Frage zurück und frage ihn, ob er satt und zufrieden ist. Und wenn ja, dann hat er wohl "gut" gegessen, weil er sich wohlfühlt. Und wenn er nicht satt ist, dann frage ihn was er vielleicht noch gerne haben würde. Vielleicht eine Tasse Kakao oder einen Joghurt, vielleicht eine Banane oder vielleicht eine Pizza.... ? Ihr kommt ins Gespräch und du gibst deinem Sohn damit die Gelegenheit einmal in sich hinein zu spüren. Denn darum geht es. Dein Sohn muss sich gut fühlen. Es heißt nicht, dass du diesen Wunsch sofort erfüllen müsstest wenn er nicht so leicht umsetzbar ist, doch könntest du das bald, vielleicht in den nächsten Tagen einplanen und anbieten. Hilfreich für dein Kind wäre es vielleicht, wenn du Wochenspeisepläne machst und sich dein Kind jeweils gut darauf einstellen kann, wann es etwas gibt. Eine Verlässlichkeit im Speiseplan kann Wunder wirken und die Neugier auf Neues vergrößern. Wenn es bspw immer ein Gericht an einem bestimmten Tag gibt, kannst du zu den ihm bekannten und gemochten Speisen noch ungezwungen neue Angebote machen. Schließlich esst ihr Eltern selbst ausgewogen und vollwertig. Somit hat euer Kind immer die Möglichkeit Neues, freiwillig, aus eigenem Antrieb, zu probieren. Nach einem vierwöchigen Experiment kannst du einmal Bilanz ziehen und schauen, ob sich etwas verändert hat und dein Kind etwa offener für neue Esserlebnisse geworden ist. Es wäre gut, wenn du die besonderen Eigenheiten und Essvorlieben-bzw Abneigungen deines Kindes trotzdem nicht zu sehr thematisierst und generell nicht zu viel kontrollierst. Du als Mama/Eltern darfst Angebote machen. Dein Sohn darf davon jeweils so viel oder so wenig essen, wie er möchte. Mit 5 Jahren ist es möglich, dass ihr euch diesbezüglich gut miteinander abstimmen könnt. Achte darauf, dass ihr nur am Tisch und nur zu den Mahlzeiten esst, damit Hunger entstehen kann. Kinder gewöhnen sich an viele neue Speisen durch Zeit und viele Wiederholungen. In der Fachsprache heißt dies: Mere exposure Effect. Je häufiger sie die Gelegenheit haben, die Speise zu sehen, je häufiger wiederholt die Speise am Tisch steht, desto besser die Bekanntheit. Was Kinder kennen, das werden sie eher probieren. Das Gefallen wächst mit dem Probieren - zwanglos und ohne Erwartungsdruck. Manchmal erweitern Kinder ihren Essens-erlebnis-horizont nur langsam und allmählich. Den Zeitpunkt für die Bereitschaft und Akzeptanz bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht am Esstisch, sondern irgendwo und irgendwann ganz zufällig. In welchen Situationen hast du schon beobachten können, wann die Bereitschaft Neues zu probieren besonders hoch war? Was ist das Besondere an diesen Situationen? Subjektive Einflussfaktoren für ein Kind können sein: die Umgebung (heller großer Raum oder kleine dunkle Küche, Sitzgelegenheit, Stimmung bei Tisch, ...), Emotion (Zwang, Druck, Spaß,...), Gesellschaft, sonstiges... Lass dein Kind viele positive Geschmackserfahrungen sammeln.* Also dann Grüße Birgit N. P.S. das Thema wählerisches Essverhalten ist ein weites Feld und es gibt nicht die eine Patentlösung für alle Kinder. Jedes Kind tickt hier ein bisschen anders. Deinem Kind gibt diese beschränkte Auswahl momentan viel Sicherheit. Auf Basis des Vertrauten kann er sich gut (und angstfrei) satt essen. Das macht zufrieden. Zusätzlich kann und sollte er Neues probieren. Schaffe dafür die entsprechenden Anreize und lass ihn das Neue selbst entdecken - auf seine Art, in seinem Tempo. Dein Kind kann und wird noch vieles kennen- und lieben lernen. * Alle Kinder dieser Welt haben eine Präferenz für Speisen mit den folgenden Merkmalen: süß, fettig, weich, mild gewürzt, bunt, kohlenhydratreich, klare Formen Für Kinder haben Speisen mit den genannten Kriterien ein sog. gutes sensorisches Level. Alle typischen Kindergerichte stimmen mit diesen Eigenschaften überein. Kurz gesagt: Kinder präferieren diese Speisen. An diese Speisen sind sie sozusagen genetisch angepasst. Auch angepasst bzw durch die Mutter via Schwangerschaft und Stillzeit geprägt sind Kinder auch an den Geschmack von Speisen, die die Mutter in dieser Zeit sehr häufig konsumiert hat. Auf diese Weise werden Kinder in Geschmacksfragen kulturell vorgeprägt.

von Birgit Neumann am 11.01.2023