Frage: Er mäkelt plötzlich

Hallo, unser Sohn ist jetzt 3.5 Jahre alt. Früher hat er immer alles mit gutem Appetit gegessen, was es zum Mittag gab. Seit einigen Monaten nun wird sein Mäkeln immer schlimmer. Etwa, seit er n halbes Jahr in der Kita war fing es an. Nun, nach einem Jahr, ist es so;: er setzt sich an den Mittagstisch am Wochenende, und wenn das Essen nicht Nudeln mit Tomatensoße, Fischstäbchen oder Kartoffelpuffer ist, sagt er: Das esse ich nicht. Zum wenigstens kosten muss ich ihn überreden. Dann nimmt er ne mini Portion und sagt: Nein, schmeckt mir nicht. Und dabei bleibt er, egal wie Viel Hunger er vorher hatte. Und das Mittag Essen am Wochenende bei uns ist wirklich nicht exotisch oder kinderunfreundlich. Was mach ich nun? Hungern lassen bring ich nicht übers Herz. Manchmal schmiere ich ihm ein Käsebrot oder schneide Obst auf. Das isst er dann.

von Miriam1234 am 19.09.2018, 14:18



Antwort auf: Er mäkelt plötzlich

Hallo Miriam1234 dein Sohn hat eine leichte Neophobie entwickelt, was in dieser Altersphase soweit völlig normal ist. Der Umgang damit, kann für viele Eltern allerdings zu echten Herausforderung werden. Der beste Ratschlag für den Umgang damit ist: Je weniger du und die anderen Familienmitglieder oder die Erzieher (in der KiTa), seine besonderen Essvorlieben unterstützen, sei es verbal oder durch die Haltung (bspw genervt, besorgt, belustigt), desto besser wird sich euer Kind wieder in die Essgemeinschaft einfügen und mitessen, zumindest Neues probieren - damit vermeidet man auf lange Sicht auch Machtkämpfe. Momentan versuchst du deinen Sohn immer wieder wortreich zum Mitessen eurer Familienspeisen zu bewegen. Dein Sohn gibt nach, er probiert und protestiert. Das Resultat ist: dein Sohn isst nicht das von dir Gewünschte und bekommt stattdessen etwas anderes. Wie wäre es, wenn du deinem Sohn gleich zu Beginn der Mahlzeit verschiedene Wahlmöglichkeiten bietest. Dein Sohn hätte somit die Gelegenheit mit einem positiv gestimmten Grundgefühl am Tisch zu sitzen und mit gutem Appetit und Hunger einfach zu essen. Dies gäbe deinem Kind die Möglichkeit gut für sich selbst zu sorgen und eigenständig, aus eigenem Antrieb neue Esserfahrungen zu machen. Dies würde gut funktionieren, wenn du ihn die Probiermöglichkeiten für neue Speisen spielerisch erleben lässt. Das kategorische Ablehnen einer Speise könntest du damit eindämmen. Lass deinen Sohn auch beim Vorbereiten mit helfen. Den Tisch dekcen, bspw. Dein Sohn kann in seinem Alter schon viele kleine Handgriffe erledigen. Durch den stetigen Kontakt mit Nahrungsmitteln schrumpft die Neophobie. Das zu Anfang noch Neue wird deinem Kind dadurch immer besser vertraut. Dein Kind wird sich anfreunden. Und irgendwann siegt die Neugier. Er wird probieren. Möglicherweise geschieht das Probieren zu einem für dich völlig unerwarteten Zeitpunkt. Und wenn es ihm gefällt, wird er mehr haben wollen. Versprochen. Das bringt mich zum nächsten Punkt. Was gefällt Kindern? Kinder lieben klare Formen und bunte Farben. Kinder lieben es, wenn sie Speisen immer wieder und eindeutig identifizieren können. Bringe bei Familienspeisen stets Wiederholungen. Darum haben es die Lebensmittelhersteller übrigens so leicht. Ein Hühnernugget in Dinoform spricht ein Kind optisch an. Es kennt die Form und wird zugreifen. Der Geschmack eines Nahrungsmittels ist häufig erst eine weitere Eigenschaft, die Kinder darüber entscheiden lässt ob sie etwas essen oder nicht. Anfassen und anschauen sind erste Kriterien die dein Kind zum Probieren veranlassen oder nicht. Weiter sind Namen für Gerichte nicht zu unterschätzen. Benenne die Speisen nach den Helden aus den Lieblingskinderbüchern deines Sohnes. Lass dein Kind Miniportionen kosten, sog. tiny Tastes. Sie sind gerade einmal so groß wie eine Erbse. Dein Kind kann die Speise mit dieser Probierpotion erschmecken und mit den Tastrezeptoren im Mundraum befühlen. Diese Tastrezeptoren sind mitunter sehr sensibel. Wenn die Konsistenz, die Textur im Mund kein gutes Mundgefühl ergibt, wird dein Kind die Speise wieder ausspucken. Das sagt noch lange nichts über den Geschmack aus. Versuche es beim nächsten Mal mit einer anderen Konsistenz. Ein Beispiel: stell dir einmal vor, du hast einen Champignon aus der Dose im Mund. Wie fühlt er sich an? Gummig? Fest oder weich? Zergeht er auf der Zunge? Kannst du ihn gut kauen? Und jetzt stell dir vor, du nimmst einen Löffel Champignoncremesuppe in den Mund. Wie ist das Mundgefühl? Die Suppe ist vermutlich ganz schnell geschluckt. Einfach so. Und sie war lecker, oder? Deinem Kind geht es manchmal genau so. Kinder müssen viele Geschmackserfahrungen mit allem Drum an Dran machen. So funktioniert das Essenlernen. Im Alter deines Kindes kannst du mit ihm darüber reden. Lass dir von ihm beschreiben, wie er das Mundgefühl empfindet - bspw bei einer gekochten Kartoffel und bei Kartoffelbrei. ..... Manche Speisen müssen Kinder bis zu 10 mal probieren, bis sie diese gut akzeptieren. Bleibe dran und ermögliche deinem Kind diese Erfahrungen. Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig die kulturell basierte Esserziehung (in eurem familiären Kontext), durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung) zu lernen. Thematisiere auch nie die Eigenheiten deines Kindes und kontrolliere nicht zu viel. Kinder gewöhnen sich an viele neue Speisen. Sie brauchen dafür manchmal etwas mehr Zeit und viele Wiederholungen. Sie müssen es öfter probieren. Das Gefallen wächst mit dem Probieren - vor allem, wenn es zwanglos geschieht und ohne Erwartungsdruck Hab also einfach Geduld, esst zusammen, esst vielseitig, habt Spaß beim Essen und biete viele Essanreize - zusätzlich zum Vertrauten. Je mehr euer Sohn bei euch Eltern sieht und authentisch erlebt, was und wie ihr esst, desto mehr und vielseitiger wird auch langfristig einfach essen (wollen). Manchmal erweitern Kinder ihren Essens-erlebnis-horizont nur langsam und allmählich - aber es funktioniert. Mit Routine. Den Zeitpunkt für die Bereitschaft und Akzeptanz bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht der Esstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant.... Ich kann dir in diese Antwort leider nicht alles zum Thema schreiben. Ich hoffe, dass ich dir dennoch einen neuen Ansatz, neue Ideen für Lösungswege geben konnte und eine für euch passende Lösung finden wirst. Also dann Grüße Birgit Neumann

von Birgit Neumann am 20.09.2018