Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Breifrei, Baby acht Monate

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

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Frage: Breifrei, Baby acht Monate

Laechel

Liebe Birgit,  Ich lese hier schon lange mit und konnte viel aus deinen Antworten lernen. Danke dafür!   Jetzt habe ich ein paar eigene Fragen, die ich gern stellen möchte. Ich habe eine Tochter (4,5 Jahre) und einen Sohn (8 Monate). Bei meiner Tochter war die Einführung der Beikost sehr unkompliziert. Sie hat gern Brei gegessen, den Übergang zur Familenkost problemlos mitgemacht. Mit einem Jahr konnte ich sie abstillen. Meinem Sohn biete ich ebenso Brei an, seit er 5,5 Monate alt ist, da war er beikostreif. Er will aber nicht ;-) bis auf wenige Ausnahmen isst er nur 1-2 Löffel, egal ab selbst gekocht, Gläschen, GKF, Getreide... Mein Eindruck ist, dass er es einfach nicht mag, gefüttert zu werden. Er will es selbst machen. Aber den Löffel selbst zu halten, reicht ihm dabei nicht. Am liebsten nimmt er mir direkt mein Essen aus der Hand oder vom Teller. Entsprechend biete ich seit zwei Monaten auch gedünstete Gemüsesticks an, Brotstreifen, Obststückchen, weiche Nudeln etc. Das macht ihm viel Spaß und er erkundet Konsistenz und Geschmack sehr freudig. Isst aber trotzdem kaum etwas davon. Er wird nach Bedarf und gefühlt noch voll gestillt, Größe und Gewicht sind dabei prima. Wie lange ist er denn nährstofftechnisch mit Muttermilch noch gut versorgt? Was darf er schon alles essen? Ich lese hierzu Unterschiedliches. Keine Nüsse, runde Beeren, rohes Tierisches ist mir klar. Darf er schon zB selbst gebackene Dinkelstangen essen? Nudeln mit Soße vom Familientisch? Hackbällchen oder Hirsebratlinge wg Eisen? Aktuell isst er ja eh von allem nur wenige Happen.... Ich koche für meine Tochter manchmal mit Halbfertiggerichten wie Schupfnudeln aus der Kühltheke oder TK-Buttergemüse. Darf er so was schon kosten? Er möchte im Grunde unbedingt, was wir haben.   Sehr freuen würde ich mich auch über einfache, schnelle Rezepte für ihn, also nährstoffreiches Fingerfood. Hinweis: Er hat eine leichte Neurodermitis.    Ich danke dir sehr! Viele Grüße  Mira


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Hallo Mira so wie du die aktuelle Beikostphase deines Sohnes bei euch beschreibst, gestaltet sich die Beikostzeit durchaus ganz prima. Dein Baby trinkt Mumi nach Bedarf und isst und probiert mit Freuden alles vom Tisch. Dein Kind isst mit Begeisterung und erhält durch das Gestilltwerden ausreichend und genügend Nährstoffe. Auch weiterhin. Die Eisenversorgung wird durch die Muttermilch zudem auch positiv beeinflusst.  Es macht überhaupt nichts, dass dein Kind nur kleine Mengen Beikost zusätzlich isst. So wie ihr das macht und ich das anhand deiner Schilderungen beurteilen kann, ist also alles durchaus ganz prima.  Beikost ist aus vielen Gründen wichtig - nicht nur zum Sattwerden. Es geht dabei auch um das spielerische Entdecken der verschiedenen sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln, das Loslassen von Mama, ums Lernen und auch darum, die Welt (mit allen Sinnen) zu erfahren, etc.  So kann sich der Organismus, die Verdauung langsam umstellen und umgewöhnen. Die breifreie Beikost bzw das sog. baby led weaning (BLW) ermöglicht einem Baby einen eher spielerischen Zugang zu (fester) Nahrung. Es ermöglicht eine ganzheitliche Vorgehensweise durch Berühren und Betasten der Lebensmittel. Dies geschieht mit den Händen und dem Mund. Babys können bei dieser Art der Beikost in ihrem Tempo lernen und die Menge der Beikost komplett frei bestimmen. Es gibt deswegen keine Angaben über idealerweise zuzuführende Mengen, sondern vielmehr konkrete Empfehlungen zur Beschaffenheit und/oder Zubereitungsweisen der angebotenen Lebensmittel. Dass dein Sohn mit eurer Beikost plus stillen nun gut wächst, gedeiht und zunimmt, das sind alles Zeichen dafür, dass alles gut ist. Essen ist hierbei am Anfang ein stetiges Lernen und Erfahren neuer Geschmacks- und Konsistenzeindrücke. BLW ist eine sanfte Methode, die viel Raum für Individualität lässt. Für dich als Mama ist BLW eher passiv und eher ein Zusehen, bspw dabei wie sich dein Baby mit der Nahrung auseinander setzt. Das Essen von Beikost schult alle Sinne deines Kindes und Beikost ergänzt die Muttermilch. Da kannst du ganz unbeschwert sein. Grundsätzlich kann dein Baby fast alles mit essen, was ihr als Familie esst, auch das Essen von der großen Schwester. Inwieweit ihr wegen der Neurodermitis auf irgendetwas achten müsstest, das weiß ich jedoch nicht. Allgemein gehalten kann man sagen: es ist möglich, dass ein Baby auch mal Teilfertigprodukte wie bspw Schupfnudeln oder TK-Buttergemüse mit isst. Natürlich sind derlei Produkte tendentiell eher salziger als wie wenn du es selber kochen würdest, das stimmt, und das wäre eher zu meiden, das stimmt. Dein Baby ist aktuell schon 8 Monate und insofern schon deutlich robuster und er kennt bereits den Eigengeschmack vieler Lebensmittel. Es wäre somit möglich, dass du ihn auf jeden Fall alles das probieren und mitessen lassen kannst, was nicht explizit nicht geeignet ist. Schupfnudeln kannst du auf die individuelle Eignung bei deinem Sohn austesten bzw vorher gedanklich überprüfen: Nicht geeignet sind alle Speisen, die salopp gesagt "gefährlich sind oder gefährdend sein können". einige davon hast du bereits selbst schon aufgezählt. Im Wesentlichen gibt es ein paar Grundregeln und man spricht von einer verantwortungsbewussten Lebensmittelauswahl - diese beinhaltet: kein Honig, keine anregenden Substanzen (Koffein), keine harten Lebensmittel, keine quellenden Lebensmittel, keine rohen und heiklen Speisen, keine prall elastischen Lebensmittel, keine scharfschmeckenden Lebensmittel oder scharfe Gewürze, keine kleinen runden Lebensmittel und auf die richige Konsistenz, Größe d.h. Darreichungsform achten. Das bedeutet konkret: Unerhitzer Honig ist tabu. Erhitzter Honig allerdings sei unbedenklich. Im 2. Lj sei Honig (bei normal entwickelten und gesunden Babys) kein Problem mehr.  Kaffee, Tee, Cola, Mate oder Alkohol (auch erhitzt in Speisen), ...,  ist für Kinder tabu. Fischgräten können ein Problem beim Schlucken sein. Deshalb Fischgerichte (auch bei Filet) immer genau auf Gräten prüfen. Fischstäbchen (können nach dem Garen von der Panade befreit werden) sind i.d.R. aber grätenfrei und eignen sich deshalb besonders gut.  Gekochte Hirse-, Quinoa- und Amaranthkörner als Beilage bspw sollten regelmäßig und in größeren Mengen besser erst ab dem 3. Lj auf den Tisch kommen. Kleine Mengen und das mal ab und zu sind kein Problem. (Instant-Baby-)Hirseflocken sind aber okay, auch gepuffte Varianten von Amaranth oder Quinoa sind geeignet. Ab und zu im Rahmen der Familienkost sind Gerichte mit Körnern von Amaranth und Co natürlich okay. Nüsse, Kerne Saaten jedweder Sorte sind wegen der Verschluckungsgefahr noch komplett tabu. Nüsse als Mus oder ganz fein gemahlen sind geeignet und ab und an durchaus empfehlenswert ab etwa 8. Lm Verschiedene Kerne bspw lassen sich (zerkleinert) eingeweicht u.U. in Brot o.ä. verarbeiten. Einfach achtsam sein und mitdenken. keine rohen und heiklen Speisen: rohes Ei, roher Fisch (Sushi), rohes Fleisch (Mett), frische Sprossen, ROH-Milch(käse,wurst), ... keine harten Lebensmittel, z.B. Nüsse, Kerne, Saaten, Nussstückchen, etc  keine quellenden Lebensmittel: Vorsicht bei zu viel Chiasamen, zu viel Leinsamen, zu viel Haferkleie, ... keine prall elastischen Lebensmittel: Beeren, Bubbles aus Bubbletea, Trauben, ... keine scharf schmeckenden Lebensmittel oder scharfe Gewürze: Chili. Minze,..., keine kleinen runden Lebensmittel: Erbsen, Heidelbeeren, Kichererbsen - diese einfach platt drücken fürs ungefährliche im Mundhaben und Schlucken und auf die richige Konsistenz und Größe d.h. die richtige Darreichungsform achten. Alles muss gefahrenfrei im Mund zerkleinert werden und gut geschluckt und verdaut werden können. Spaghetti bspw klein schneiden, ... keine Bonbons, kein Kaugummi, kein Popcorn, keine ungekochten Nudeln... Breifreie Speisen muss sich dein Baby immer unbedingt nur selbst in den Mund geben.  Du kannst auch Brei anbieten, in einer kleinen Menge und dein Baby den Finger eintunken lassen. !!!!! Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt jedoch beispielhaft worauf es zu achten gilt !!!!!   Deine angefragten Speisen sind im Prinzip alle okay. Natürlich muss es alles auch wirklich zu deinem Kind passen, denn er muss es essen KÖNNEN. Bei Dinkelstangen kommt es z.B. auch auf den Salzgehalt drauf an. 1/2 Stange wäre okay, wenn diese tendentiell salzeich sind. Wenn du sie selbst bäckst, kannst du auf den Salzgehalt achten. Und auch was die Konsistenz betrifft (zum Kauen) musst du sehen wie gut sie passen. Rezeptinspiration packe ich dir eine nachfolgende Antwort. Bis gleich Grüße Birgit N.


Laechel

Noch eine Frage vergessen: Darf er Gebäck aus Vollkornmehl schon essen bzw ab wann? Danke! 


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Hallo Laechel ja, das ist okay und geeignet. Bei Vollkornprodukten kommt es auch darauf an, wie gut sie dein Kind essen, kauen, schlucken und verdauen kann. Grüße Birgit N.


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Hallo Laechel hier noch die versprochenen Inspirationen zum Nachmachen. Hier erst einmal der Klassiker schlechthin - Grießschnitten: 250ml Kuhmilch  oder Pflanzendrink, 35-40g (+/-) g Grieß Grieß in der Milch/Pflanzendrink gut aufkochen, rühren, rühren, rühren. Die Masse auf einen Teller streichen, stehen lassen, d.h. den Grieß kurz quellen lassen. Anschließende kannst du den sehr festen Brei in Stücke schneiden. Dazu etwas flüssige Butter oder Öl dazugeben, dazu Obstmus anbieten. Voila ein Fingerfood, das satt macht. Zucchinipuffer: 1 kleine Zucchini, 2 kleine Möhren, 3 kleine Kartoffeln alles waschen, putzen, waschen, dann raspeln und vermischen, mit 1 Ei verquirlen. Eine Portion davon für dein Baby wegnehmen. Den Rest würzen: Salz zugeben, Pfeffer, Paprikapulver dann noch in beide Varianten Mehl (nach Gefühl) zugeben (ca 4 EL für Gesamtmenge). Dann in einer Pfanne in heißem Öl kleine Puffer braten. Den Puffer für dein Baby nicht zu fettig und nicht zu kross braten. Erbsenwaffeln ca 200g TK-Erbsen,  20g Wasser oder Milch, ca 50-80 ml Mineralwasser, 1 Ei, 100g Dinkelmehl 630, etwas Backpulver. Die Erbsen weich und gar kochen, Kochwasser verwerfen. Die Erbsen mit dem Wasser oder Milch pürieren. Restliche Zutaten zugeben und verquirlen. Eine Portion fürs Baby abnehmen, den Rest salzen und würzen. Etwas quellen lassen, dann portionsweise im Waffeleisen (ggf etwas fetten) kleine Waffeln backen. Bananenküchlein 1/2 Banane mit der Gabel zerdrücken, 1 Ei verquirlen. Mischen, in heissem (Kokos-)Öl in einer Pfanne ca 4-5 kleine Pfannküchlein backen. Apfel-Süßkartoffelkekse 50g Apfel, fein gerieben 50g Süßkartoffeln, fein gerieben 80g Vollkornmehl 1/2 TL Backpulver, 20g Butter Apfel und Süßkartoffel schälen, waschen, auf einer feinen Reibe (geht auch grob) jeweils 50g reiben. Restliche Zutaten zufügen und alles verkneten. Aus dem Teig ca Kekse formen und im vorgeheizten Ofen (180°) ca 15-20 min backen bis fertig. Brei bzw Brotaufstrich oder Dip aus gelben Linsen koche gelbe Linsen (abbrausen, ggf einweichen) ganz weich. Das dauert etwa 15 - 20 min. Nimm ausreichend Wasser. Im Idealfall ist die Flüssigkeit (Wasser) komplett in die Linsen eingezogen und die Linsen sind zu einer cremigen Masse vergart. Gib noch Öl dazu und vermische alles gut. dazu passen Kartoffelwolken 750g Kartoffeln / 1 Ei und 1 Eigelb / Muskat / 1 EL Butter / (Salz) So geht`s: Schäle die Kartoffeln und wasche sie anschließend noch einmal. Schneide die Kartoffeln in kleine Stückchen, lege sie in einen Topf und bedecke sie mit Wasser. Gib Salz dazu. Die Kartoffeln im Salzwasser gar kochen. Das dauert ca 15-20 min, je nach Größe deiner Kartoffelstücke. Das Wasser abschütten und die Kartoffeln mit Hilfe eines Kartoffelstampfers zu Brei stampfen. Lass nun deine Kartoffeln etwas auskühlen. Wenn die Kartoffeln etwas abgekühlt sind, kannst du das Ei, das Eigelb, Salz, 1 EL Butter sowie einen Hauch Muskatnussabrieb zugeben und alles gut vermischen. Heize den Ofen auf 190° C . Währenddessen musst du deine Kartoffelwolken auf einem Backblech (Backpapier/Backfolie) verteilen. Mit Hilfe von zwei Teelöffeln kannst du die Woken von der Kartoffelmasse abstechen und vorsichtig auf dem Backblech absetzen. Die Wolken mit Hilfe eines Backpinsels mit Sahne bestreichen und die Wolken im vorgeheizten Ofen ca 15 -20 min backen.     Hirseplätzchen 100g Hirseflocken, fein gemahlen, 20g Kokosflocken, fein gemahlen,180 ml Milch oder Sojadrink heiß, 120g Banane, zermust, 2 TL Öl Hirseflocken und Kokosflocken im Blitzhacker fein mahlen, mit der heißen Milch/Sojadrink übergießen, 120g Banane (ohne Schale) mit der Gabel verdrücken und zur Hirse geben, 2 TL Öl zugeben, alles vermischen. Dann den Teig in teelöffelgroßen Portionen entweder in einer Pfanne in heißem Öl braten oder im Ofen bei 190° C ca 17 min backen bis fertig Overnightbrötchen 100g Vollkornmehl, 300g 550er Mehl (= 400g Weizenmehl gesamt) 15g frische Hefe* 1 TL süß (Zucker, Honig, was gefällt) 1 gehäufter TL Salz (etwa 6 g) 1 EL Öl 250 ml Wasser *sehr klein schneiden oder zerteilen - so verteilt sie sich besser im Teig alle Zutaten in eine Schüssel geben und vermischen. Es reicht, die Zutaten einfach mit der Hand zusammenzufügen, so dass die Masse wie ein Teig aussieht. Wer will, kann dafür den Handmixer nehmen und einen homogenen Teig herstellen. Der Teig muss aber nicht besonders geknetet werden. Es reicht, die Zutaten zu einem Klumpen zu vermischen. Dann den Teig in eine mittelgroße Schüssel geben, wenn er nicht die Knetschüssel passt, denn der Teigklumpen wird größer. Den Teig gut abdecken und in den Kühlschrank stellen. Ca 24 h darin stehen und gehen lassen. Den Teig aus dem Kühlschrank holen und in 8 -9 Stücke teilen. Die Teilstücke in Brötchenform bringen. Die Brötchen aufs Blech legen und darauf nochmal aufgehen lassen, ca 40 min. Die Brötchen großzügig mit Wasser einpinseln - mit Hilfe von einem Backpinsel oder einer Wassersprühflasche. Ofen vorheizen auf 230-250°. Wenn der Ofen heiß ist, die Brötchen bei 220°C darin ca 25-30 min backen. Nach dem Backen nochmals großzügig mit Wasser bestreichen oder rundum besprühen. So wird die Kruste zart, ohne zu hart oder splittrig zu sein. Fertig. Die fertig gebackenen Brötchen kannst du, wenn ausgekühlt, einmal längs aufschneiden und in TK.-Tüten portionsweise tiefkühlen. Wenn sie gebraucht werden, kann man sie einfach direkt in den Toaster geben. Du kannst die Brötchen also irgendwann machen, wenn du dafür Zeit hast. Vielleicht ist was dabei? Grüße Birgit N.


Laechel

Ganz herzlichen Dank für die super ausführliche Antwort! Jetzt bin ich viel entspannter :) einige der Rezepte kenne ich schon, die anderen werde ich auf jeden Fall ausprobieren. Danke schön! 


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