Hallo lieber Herr Dr. Posth,
irgendwie habe ich fast jede Woche eine Frage an Sie, aber ich hoffe das geht in Ordnung.
Mich beschäftigt noch das zornige, wütende und bockige Verhalten unseres kleinen Knirpses.
Benni ist 8 1/2 Monate alt und gibt mir schon klipp und klar zu verstehen, was er will und überhaupt nicht will.
Z. B. wenn ich ihn mal in seinem Zimmer parken will, schreit er wie am Spieß und zwar so lange, bis ich ihn hinstelle und dabei abstütze. Dann hopst er und brabbelt vergnügt und lacht sich schlapp.
Wenn er im Sportwagen sitzt und ich ihn nicht beim ersten Pieps rausnehme, läuft er rot an und schreit wie von der Tarantel gestochen und wird richtig garstig und zornig.
Das geht bei ihm oft so, wenn er etwas nicht will, gehts ordentlich ab.
Er manipuliert mich damit nicht, ich weiß das, aber was soll ich konsequenterweise tun? Immer sofort reagieren und tun was er möchte?
Vielen lieben Dank an Sie und Ihre tolle Arbeit hier!
LG Isabell
Mitglied inaktiv - 08.01.2007, 20:18
Antwort auf:
Wut, Zorn und ein kleines Böckchen
Stichwort: erster Wille
Liebe Isabell, in der Tat entwickelt der Säugling am Ende seines 1. Lebensjahres immer stärkere Impulse des Willens. Das gibt ihm die Natur so vor, damit er die nötigen Kräfte entwickelt, seine Bedürfnisse und sein Begehren gegen die -sagen wir- Trägheit seiner sozialen Umgebung durchzusetzen. Denn hätte ein Säugling nicht solche willentlichen Kräfte, es sähe schlecht um seine Zukunft aus. Nun ist die Art und Weise der Impulsgebung, kurz die Impulsivität eine angeborene Charaktereigenschaft, und bekanntermaßen gibt es geduldige, zahme Charakter und "starke", nervenaufreibende. Impulsivität ist keineswegs eine einfach handzuhabende Anlageform des Menschen.
Dazu kommt eine Besonderheit: Dem Willen zugrunde liegt der Drang. Und der Drang, der sich wie der Wille äußert, ist eine psychische Empfindung, die auf unbedingte Erfüllung aus ist. Den Drang kann der Mensch nicht zurücknehmen, den Willen schon, aber das muß er erst lernen. Je glücklicher der Säugling aufwächst, desto besser lernt er, seinen Willen vom Drang zu befreien. Das jedenfalls ist die Aussage der emotionalen Integrationstheorie, die ich hier vertrete.
Also mit "Willen brechen" und "Sich- vom Kind-nicht-unterkriegen-lassen" ist man auf dem Holzweg. Allerdings führt auch die direkte Bedienung der kindlichen Forderung keineswegs zu Erfüllung des beherrschten Willens. Die Aufgabe der Eltern ist es, immer von Fall zu Fall zu entscheiden, wann prompte Bedienung sinnvoll und verständlich ist, und wann Aufschub der Erfüllung angemessen. Je zufriedener das Kind letzendlich aus all dem hervorgeht, desto leichter fällt es ihm später, auch einmal zu warten oder Verzicht zu üben. Auf diese Weise und nur auf diese Weise läßt sich auch hohe Impulsivität einigermaßen in Schranken weisen. Unter "erster Wille" gibt es im gezielten Suchlauf ein Stichwort. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 12.01.2007