Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Wieviel Frustrationstoleranz muss ein 4,5 Jähriger besitzen?

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Wieviel Frustrationstoleranz muss ein 4,5 Jähriger besitzen?

annablume

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Zu den Umständen: zwei Umzüge, mehrere Kita-Wechsel, jüngerer Bruder, Trennung vor einem Jahr, guter aber zu seltener Kontakt (alle zwei Wochenenden) zum KV, sehr guter und häufiger Kontakt zu Großeltern, eventl. Opa als Ablöse. Der ältere, 4,5 Jahre, Probleme im Kiga. Der berichtet über "auffälliges" Verhalten, Abklärung durch Psychologin (Sprachverzögerung) empfahl Logo und einen Waldkindergarten, da mein Sohn sehr bewegungsfreudig. Wechsel in Waldkiga, Rauswurf nach zwei Wochen, da er im Wald ständig über die imaginären Raumgrenzen gehen würde. Dann sechs Wochen ohne Kiga-Platz. Dann neuer Kiga, der schon viel (schlechtes) über mein Kind gehört hätte, ich wurde gleich auf I-Kraft gedrängt, wurde bewilligt. Kiga drängt weiter auf ausführliche Diagnostik, beharren auf (hirn)organischen Problem, sprechen über Sonderschule. Die Probleme treten ausschließlich im Kiga auf, er würde die Zunge rausstrecken, die Erzieher als dumm beschimpfen wenn er gerügt wird und auch Spucken. Er erfährt dort viel Ablehnung auch durch andere Kinder und würde sogar schon mehrfach in einem Hochstuhl gesperrt und vor anderen Kindern bloßgestellt. Besonders bemängeln sie seine geringe Frustrationstoleranz. Kann sein Verhalten nicht in den äußeren Umständen liegen und man sollte mit Geduld, Liebe und sinnvollen Grenzen begegnen?


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Auf jeden Fall musste Ihr Sohn schon viel Frust aushalten und muß es noch. Und es kann gut sein, dass sein Verhalten ausdrückt, dass seine Bewältigungsmechanismen überfordert sind. Dann beginnt oft eine Negativspirale (auffälliges Verhalten, Einstufung als auffällig, Forderung nach weiterer Diagnostik, damit das alles einen Namen bekommt, Rauswurf, wieder kritisches angesehen werden, irgendwann werden auch die Eltern unsicher, kritisch, ärgerlich......). Aus dieser Stigmatisierung ist dann schwer herauszukommen. Ob eine hirnorganische Diagnostik nötig ist entscheidet Ihr Kinderarzt. Geduld und Liebe wären gut, scheinen aber in der jetzigen Situation etwas aufgebraucht zu sein. Eine Kindertherapie könnte eine Möglichkeit in der beschriebenen Situation sein, weil Ihr Sohn einen Platz hätte, an dem er erstmal OK ist, so wie er ist. Irgendwie kommt er mir ein bisschen einsam und überfordert vor. Es geht nicht um "Störung", sondern um Verhinderung einer weiteren Negativentwicklung. Ihr Sohn scheint keinen wirklich stressfreien Platz zu haben, wo er sich nicht rechtfertigen oder behaupten muß. PT also als Entlastung und als Vorsorge, nicht als Beweis von irgendeiner Störung. Können Sie sich das vorstellen, gibt es bei Ihnen diese Möglichkeit? Dr.Ludger Nohr


annablume

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Nachtrag: Bisher war keine U-Untersuchung auffällig, Sprachverzögerung kam wahrscheinlich durch einen unbehandelten Paukenerguss und Probleme traten erst nach der Trennung und dem Umzug auf. Ich wünsche mir einfach Unterstützung in meinem Glauben, dass mein Sohn Zeit und Liebe braucht und nicht noch mehr Diagnostik, noch mehr Förderung und noch mehr das Gefühl dass mit ihm was nicht stimmt. LG und Danke


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Ich habe den Nachtrag erst nachher gelesen. Es wäre schön, wenn es diese Unterstützung real gäbe, aber aus Ihren Ausführungen waren solche nicht zu entnehmen. Wenn es andere, verlässliche und dauerhafte Bezugspersonen gibt (der Opa?), könnten die vielleicht das erreichen, was ich für die Kindertherapie geschrieben habe. Aber wichtig scheint mir, früh diese Negativspirale zu unterbrechen, bevor sich innere und äußere Bilder verfestigen. Dr.Ludger Nohr


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