Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Waffen bauen

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Waffen bauen

Bender

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Hallo frau henkes, Unser sohn ( 4,5 jahre) baut seit ein paar monaten aus allem eine pistole und macht immer schussgereusche dazu. Das fing an, als ein neues kind in den kindi kam. Der junge baute die waffen und unser sohn ist gleich darauf eingegangen. Jetzt ist das bei keinem kind im kindi noch ein thema, außer bei unserem. Er bekommt das einfach nicht weg. Er sagt immer: er ist böse und er will böse sein. Böse ist gut und lieb ist schlecht. Er hat nichtmal ne wasserpistole, weil wir soetwas nie wollten. Wäre es besser er hätte auch eine wasserpistole oder sowas mit gummigeschossen, damit der reitz nachlässt?  Wir haben so viele probleme, dass wir warscheinlich einen psychologen einschalten müssen. Wieso will ein kind lieber böse sein? Wenn er geschuckt oder gehauen wird, lässt er sich nicht beruhigen, bis er das andere kind auch geschuckt oder gehauen hat. Er hat in einem buch ein mädchen, das nach einem auto greift. Da sagt er immer: wir schneiden das auto aus. Das mädchen darf das auto nicht haben. Ich will das haben. Alle anderen kinder müssen genau das tun was er sagt, sonst haut er sie. Wenn andere kinder auf dem spielplatz sind, macht er sehr oft mit den händen eine angriffstellung und macht dabei ein böses gesicht. Er versteht oft garnicht für was er bestraft wird und sagt dann gleich: darf ich wieder aufstehen? Ich bin wieder lieb. Man merkt sehr oft, dass wenn er andere kinder ärgert oder haut, dass es bei ihm garnicht ankommt, wenn man ihn packt und sagt: jetzt ist aber schluss. Er versteht dann auch nicht wenn wir den spielplatz dann verlassen.   Wie kann man da reagieren. Wir wissen schon länger nicht mehr weiter. Die erzieherinnen im kindi wollen jetzt eine Sozialpedagogin einschalten. Ich hoffe, dass sie ein bisschen licht ins dunkel bringen kann. Irgendwas stimmt ja nicht mit ihm. Wir haben immer angst, wenn er auf einen geburtstag eingeladen ist, oder er von einem kindifreund eingeladen wird.  Das einzige positive ist, dass sein verhältnis zu seiner kleinen schwester (1,5 jahre) etwas besser wird.  Vielleicht haben sie uns ja noch einen tipp. Viele grüße  Bender  


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Sie können Ihren Sohn ruhig mit den selbstgebauten Pistolen spielen lassen. Kinder wissen sehr gut, dass es sich um ein Spielzeug handelt, das keinen Schaden anrichten kann (wenn es keine Gummigeschosse enthält!). Im Spiel verleiht eine Pistole Kindern Macht und Stärke. Das scheint es zu sein, was Ihr Sohn braucht. Im wirklichen Leben fühlt er sich nicht mächtig genug, um genügend Selbstwertgefühl zu entwickeln. Vermutlich nimmt er unbewusst an, dass er ja noch nicht einmal die Geburt der Schwester   - seiner gefühlten Rivalin - verhindern konnte. Sie müssen Ihrem Sohn ja nicht gleich eine Pistole kaufen - auch wenn Wasserpistolen nicht schädlich sind - , aber steigen Sie doch mal lustvoll in sein Spiel mit ein. Dann können Sie erkennen, was ihn bewegt und Sie können Ihrem Sohn nahe kommen. Sie können das Spiel auch allmählich mitgestalten. So könnte der Böse dann ziemlich einsam werden, während der Gute ja "nur" schießt, um Nahrung für seine Leute zu beschaffen o.ä.. Das problematische Verhalten Ihres Sohnes kann auch ein Hinweis darauf sein, dass er mehr Aufmerksamkeit von Ihnen bekommen möchte. Manchmal versuchen Kinder, diese durch problematisches Verhalten zu bekommen, wenn sie das Gefühl haben, es mit angepasstem Verhalten nicht zu schaffen. Das ist unabhängig davon, wieviel Aufmerksamkeit Eltern ihrem Kind schenken. In der Psyche des Kindes kann es trotzdem nicht ausreichen. Das kann daran liegen, dass ein Kind die Entthronung durch ein Geschwister nur schwer verkraftet hat. Ihr Sohn ist ganz sicher nicht böse und will das auch nicht sein. Sie sollten wirklich nicht auf diese Selbstbeschreibung eines Vierjährigen "hereinfallen". Ihr Sohn hat derzeit einen verdrehten Weg eingeschlagen, um auf seine Bedürfnisse und Nöte aufmerksam zu machen. Die gilt es jetzt herauszufinden. Eltern sind damit oft überfordert, weil sie viel zu nah an ihrem Kind sind. Es ist sicher eine gute Idee, eine Sozialpädagogin einzuschalten, die sich um Ihren Sohn und seine Probleme kümmert. Sie wird Ihnen gewiss auch eine Empfehlung für das weitere Vorgehen geben können und eventuell die Vorstellung bei einer/m Kindertherapeuten/in empfehlen.  Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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