Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Sichere Bindung

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Sichere Bindung

Theo16

Lieber Dr.Nohr, unser Sohn Theo kam 10/2016, sechs Wochen zu früh, auf die Welt. Das war damals mit viel Angst und Sorgen verbunden, da wir genau ein Jahr zuvor unseren ersten Sohn genau sechs Wochen vor Entbindungstermin verloren haben (Nabelschnurumschlingung). Theo und ich haben die ersten drei Wochen im Krankenhaus verbracht und mussten eine Prozedur ertragen. Aus Sorge, auch Theo zu verlieren, habe ich ihn immer sehr umsorgt, kaum aus den Augen gelassen und beim kleinsten pieps nahm ich ihn zu mir.... auch nachts. Die Idee eines Familienbettes fand ich reizend und so schlief Theo bis jetzt direkt neben mir. Nun nimmt es aber Ausmaße an, die mir einen erholsamen Schlaf nicht erlauben. Theo kriecht nachts zu mir rüber, muss meinen Kopf umarmen, spielt an meinen Augenbrauen, schnuppert an mir und braucht ständigen Körperkontakt. Das hat sich eingeschlichen und ich kann und mag so aber nicht weitermachen... ich habe ihn nun ihn sein Bett gelegt, direkt neben meines, das Gitter trennt uns nun. Seither schreit er nachts, kommt nicht zur Ruhe, schläft Max. 1-2 Std. und fängt dann wieder an zu weinen und brüllen. Ich bin jetzt am Ende meiner Kraft und erhoffe mir von Ihnen einen Ratschlag, wie ich die Schlafsituation für Theo und mich „gut“ gestalten kann. Ich habe das Gefühl, er braucht diesen engen Kontakt, aber dadurch ist mir eine erholsame Nacht unmöglich... ich hoffe sehr, die haben Verständnis für unsere Situation und haben den ein oder anderen Ratschlag für uns. Theo ist jetzt 1,4 Jahre alt... und ein cleveres, fittes Kind. Ich möchte ihn nicht die ganze Nacht schreien lassen, bis er vor Erschöpfung einschläft- eine sichere und gute Bindung ist mir das wichtigste.


Sie hatten wirklich schwierige Startbedingungen, da ist ihre Sorge (und umsorgen) verständlich. Allerdings sollte es jetzt langsam ergänzt werden durch Zutrauen in seine wachsenden Fähigkeiten. Aber all diese Veränderungen brauchen eine Zeit der Umstellung, da ihr Kind keinen Grund für ein Weniger hat. Er wird sich langsam andere Objekte (z.B. Kuscheltiere, ein Stofftuch) suchen (Winnicott nannte diese Übergangsobjekte), die ihm ähnlichen Genuss und Beruhigung verschaffen. Konkret würde ich ihn mit seinem ÜO auf eine an den Rändern gesicherte Matratze neben das Bett legen, wo sie ihn jederzeit mit der Hand berühren und beruhigen können und ihn immer wieder veranlassen, auf der Matratze zu bleiben. Er wird den engen Kontakt zu ihnen noch länger brauchen, aber sie können Art und Intensität modifizieren, dass für sie genug Raum und Zeit bleibt. Das ist auch die Kunst der nächsten Jahre, diese Balance mütterlicher und kindlicher Wünsche/Ansprüche zu finden. Herzlichen Gruß Ludger Nohr


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