Mitglied inaktiv
Sehr geehrter Dr. Posth! Neulich las ich in einer ihrer Antworten, dass sie das natürliche Abstillalter zwischen 6 und 12 Monaten sehen. Das finde ich interessant, bisher hörte ich von meinem Kinderarzt immer, dass Babys im ersten Jahr Säuglinge sind und saugen müssen. Wenn ich vorher abstillen will (mein Kind ist 7 Monate) muss ich ihm Fläschchen und Schuller geben. Das möchte ich vermeiden, weil ich mit meinem grossen Kind sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht habe. Er hat sich erst mit 4 Jahren unter viel Geschrei die Milchflasche nehmen lassen, den Schnuller hat er heute noch (er ist 5). Schnullerfee und das alles kann ich vergessen, er macht dann im Laden so lange Theater und Show bis ich ihm neue Schnuller kaufe. Er hat auch trotz guter Zahnpflege schlimm Flaschenkaries bekommen. Meinen kleinen Sohn möchte ich ganricht erst an Schnuller und Flasche gewöhnen. Bisher dachte ich, das bedeutet mindestens ein Jahr stillen. Deshalb finde ich es interessant, dass sie das natürliche Abstillalter schon früher sehen. Oder habe ich sie falsch verstanden und man muss dann doch Flasche und Schnuller geben? Aber dann wäre es ja nicht mehr sehr natürlich. Können sie mir Tipps geben wie ich meinen Sohn abstillen kann? Er wird zusätzlich zu 3 Mahlzeiten noch etwa 3 mal gestillt und besteht da sehr hartnäckig drauf. Was gebe ich ansonsten für Milch? Flaschenmilch muss es im ersten Jahr schon sein, oder halten sie das für unnötig? Vielen Dank für ihre Hilfe und dieses Forum hier! Sandra St.
Liebe Sandra, vielleicht haben Sie sich auch nur irre machen lassen. Niemand zwingt sie dazu, nach einem halben Jahr mit dem Stillen aufzuhören. Im Gegenteil, es scheint trotz allerneuster irritierender Studienergebnissen zum Thema Stillen und Allergie immer noch so zu sein, daß Stillen im ersten Lebensjahr generell die beste Ernährung für den Säugling ist. Nur Zufüttern ab dem 4.-6. Lebensmonat macht Sinn und dürfte von der Natur so vorgesehen sein, denn Zahndurchbruch und gereifte Darmschleimhaut weisen in diese Richtung. In diesem Forum ging es aber um Probleme mit dem Durchschlafen und anstrengender Anhänglichkeit der Säuglinge, und in diesem Zusammenhang wurde das Thema Stillen im 2. Lebenhalbjahr beleuchtet. Natürlich hat nicht der Säugling ein Problem mit dem langen Stillen, sondern u.U. die Mutter. Daher jetzt auch die Anmerkung an Christiane@. Das Problem der Psychologie scheint doch genau umgekehrt zu liegen. Auf der einen Seite empfiehlt sie unbegrenztes Stillen, und auf der anderen Seite sprechen die Psychologen(innen)immer wieder von frühem Grenzen setzen. Die Entwicklungspsychologie wertet aber Abstillen nicht als Grenzziehung, sondern als notwendige Voraussetzung der Natur sowohl für eine ausreichende Ernährung des Kindes, als auch für eine Entwicklung hin zur Selbständigkeit und "Autonomie" im 2. Lebensjahr. Gerade im Fall der Loslösung aus der primären Bindung zwischen Mutter und Säugling spielen beide Partner eine Rolle, also nicht nur der Säugling allein! Auch die Mutter muß loslassen und sagen wir einmal "einen Anstoß" geben. Viele Grüße
Mitglied inaktiv
Hallo, Sandra! Ich misch mich mal ganz kurz ein :-). Ich bin Psychologin, das vorweg, und ich weiss, das die Mehrzahl meiner "KollegInnen" ;-) eine ziemlich antiquierte Einstellung zum Stillen, vor allem zum langen Stillen hat. Eine schlüssige Begründung habe ich übrigens noch bei niemandem gefunden, ausser "Das Kind gewöhnt sich dran." Ja und? Es gewöhnt sich an vieles, während es heranwächst und lässt es wieder, wenn der nächste Schritt ansteht. Es ist ein absolutes Ammenmärchen, dass langes Stillen eine Fixierung auf die Mutter bedeutet, es ist aus entwicklungspsychologischer Sicht auch völlig unlogisch. Man zwingt ein Kind ja nicht an die Brust, mal lässt es idealerweise dort so lange, wie es das möchte. Wird das Kind älter, werden Mutter und Kind Kompromisse finden müssen, was die Häufigkeit und Intensität des Stillens angeht, das ist aber durchaus möglich, wie ich gerade mit meiner Tochter (knapp 21 Monate) erlebe. Mir ist es (noch) unerklärlich, wie gestandene Psychologen und andere entwicklungspsychologisch geschulte Menschen darauf kommen, es sei günstig, ein Kind gegen seinen Willen zu entwöhnen. Interessanterweise raten gerade Psychologen, die einigermassen was vom Kind verstehen dazu, Kindern sonst ihr Tempo zu lassen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Das gilt fürs Schreien und Weinen, fürs Tragen, fürs Essen, Schlafen und vor allem für das Sauberwerden. Die Entwicklung des Menschen, so man ihn oder sie liebevoll und mit Respekt behandelt, auf die Bedürfnisse eingeht usw. (also all das, was Dr. Posth sonst so vertritt) geht IMMER in Richtung Selbständigkeit und NICHT in Richtung abhängig sein wollen. So sind wir Menschen einfach "gestrickt". Eine "gesunde" Mutter- bzw. Vaterbeziehung vorausgesetzt und auch ein Wachsein der Eltern für die Entwicklung des Kindes. Es reizt mich sehr, da mal zu forschen, vielleicht komme ich da ja auch mal zu, wenn meine Kleine grösser ist - sie übrigens ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man exzessiv stillen und wahrlich nicht über die Massen mamafixiert sein kann. Übrigens ist dies kein Angriff auf Dr. Posth, denn es ist einfach "nur" der jetzige (das darf man nicht vergessen!)Stand der Entwicklungspsychologen zu dem Thema, den er vertritt. Dir noch ein Tipp: Bei www.uebersstillen.org findest Du sehr gute Texte, vor allem die von Dr. Detthwyler (hoffentlich hab ich das jetzt richtig geschrieben :-) ). Liebe Grüsse Chr.
Mitglied inaktiv
Was ich aber nicht ganz verstehe? Wenn ein Baby unter 1 Jahr offenbar nicht mehr gestillt werden moechte, dann behauptet Biggi W. (anerkannte Autoritaet in diesen Kreisen), das sei kein Abstillen (weil das in dem Alter gar nicht sein kann!), sondern ein Stillstreik. Das Baby wird (meiner Meinung nach) an die Brust gezwungen, indem es im Halbschlaf, oder beim Herumlaufen (oder bei anderen Gelegenheiten, bei denen man das Kind "ueberlisten" kann) gestillt wird. Irgendwann gibt es auf und stillt wieder freiwillig. Ich habe das schon in ihrem Forum mehrfach gelesen, und frage mich nun, wo der Respekt gegenueber dem Kind bleibt. In allen anderen Fallen heisst es immer: Das Kind entscheidet, weil es weiss, was gut fuer es ist. Ich bin nicht gegen langes Stillen, aber Tatsache ist, dass hier eine Weltanschauung ebenso ueber die Koepfe der Kinder duchgezogen wird. LG malisa
Mitglied inaktiv
Das halte ich für ein Missverständnis. Ein Kind unter einem Jahr hat in jedem Fall ein Saugbedürfnis, es wird gestillt oder mit der Flasche ernährt, um das zu befriedigen. Ein Stillstreik entsteht NICHT, weil das Kind nicht mehr möchte, sondern weil es z.B. saugverwirrt, gestresst o.ä. ist. Das ist etwas völlig anderes und hat mit aufzwingen gar nichts zu tun. Ein grösseres Kind, das sich abstillt, tut das anders kund. Deine These würde ja bedeuten, dass es Kinder gibt, die sich mit drei Monaten freiwillig abstillen und das ist ja nun wirklich nicht so. Wenn Du die Berichte bei Biggi und im Stillforum zu diesem Thema genau liest, wirst du verstehen, wie ich das meine. Liebe Grüsse, Chr.
Mitglied inaktiv
Da das Saugbedürfnis eines Kindes weit über das erste Jahr hinausgeht, ist die Altersangabe von 6 Monaten bis 12 Monate für ein natürliches Abstillalter nicht halt bar. Besonders nicht, wo in anderen Quellen (u.a. WHO?) von einem durchschnittlichen Abstillalter mit ca. 4,2 Jahre ausgeht. Wohlgemerkt weltweit. Werden die Kinder vor ihrem natürlichen Abstillalter abgestillt, müssen sie ihr Saugbedürfnis an Ersatzobjekten befriedigen. Nach meinen eigenen Beobachtungen geschieht dies ziemlich exesseziv. Oder wie sollte man es sonst beschreiben, wenn Kinder noch nicht mal zum Sprechen oder beim Spielen den Schnuller aus dem Mund nehmen. Die wenigsten sehen hier in Deutschland (z.B.) lange gestillte Kinder. So wird sich halt leider immer wieder auf - nur schwer ausrottbare - Vorurteile gestü(r)tzt.
Mitglied inaktiv
Hallo, Dr. Posth! Es ist ja nun eben NICHT so, dass die Psychologen das lange Stillen unterstützen, im Gegenteil - darin sehe ich ja ein Problem. Und was das frühe Grenzenziehen angeht, da kenne ich (zumindest aus der analytischen, mir näheren Ecke) andere Aussagen, seien es nun die von Fr. Dolto u.a. oder die von Heineman. Im Übrigen kann ich den Zusammenhang zwischen dem Abstillen und dem Grenzenziehen in keiner Weise sehen. Ich kenne nicht eine Langzeitstillende, die ihrem grösser werdenden Kind nicht auch klaren Grenzen setzt. Das gilt auch zunehmend für das Stillen: wie ich schon schrieb, werden Mutter und Kind immer mehr Kompromisse finden müssen und können. Das hat aber mit Abstillen aus Gründen der Autonomieentwickling nichts zu tun! Diesen Zusammenhang konnte mir wie gesagt noch niemand schlüssig nachweisen, die Beispiele, die ich an Kindern und Müttern kenne weisen eher auf das Gegenteil hin: es sind ausgesprochen selbständige und selbstbewusste Kinder, die deutlich vertrauensvoller auf ihre Mitmenschen zugehen, die wenig ängstlich sind und eine hohe soziale Kompetenz aufweisen. Die (wenigen) langzeitgestillten Erwachsenen, die ich kenne, bestätigen diese Beobachtung. Dies alles deutet m.E. überhaupt nicht darauf hin, dass langes Stillen die Autonomieentwicklung behindert. Aber wie schon gesagt - es wäre sehr reizvoll, das einmal wissenschaftlich zu untermauern. LG, Christiane
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