Hallo Herr Dr. Posth,
unsere kleine Tochter (23 Wo.) fordert seit Wochen meine vollste Aufmerksamkeit. Es ist kaum noch möglich, sie auf ihre Krabeldecke (wohlgemerkt dort, wo ich auch bin und ich mich mit ihr unterhalte/singe, während ich koche o. ä. tue) zu legen oder ihr ein Spielzeug (Rassel o. ä.) zu geben – sie fängt nach ein, zwei Minuten zu motzen an, wenn ich ihr nichts Neues biete. Wenn ich nicht prompt reagiere (was ich bisher fast immer getan habe) steigert sie sich nach kurzer Zeit in hysterisches Schreien. Abends ist es besonder schlimm: Da hilft dann nur noch tragen (Tragetuch akzeptiert sie nicht). Wir können nicht einmal mehr in Ruhe 10 Minuten miteinander essen. Mittlerweile sehe ich mich mit dem Vorwurft konfrontiert, ich würde unsere Tochter verziehen. Eine Hebamme meinte, Babys sollten auch schon in diesem Alter lernen, sich selbst zu beschäftigen. Ist dem so? Verziehe ich sie wirklich? Wird das auch mal wieder besser? Danke! Anita
Mitglied inaktiv - 26.05.2008, 08:12
Antwort auf:
permanente Beschäftigung und Abwechslung
Stichwort: Verwöhnen
Liebe Anita, es wird so viel Falsches über den Umgang mit Säuglingen erzählt und das leider manchmal auch von berufener Seite, dass man sich damit nicht aufhalten sollte. Kein Säugling kann sich allein beschäftigen. Man kann zwar seine Neugier und sein Interesse wecken für etwas, das er noch nicht kennt, und dieses Intresse nimmt sehr schnell wieder ab, wenn das Erforschen nichts Neues mehr bringt, aber das ist noch kein Sichbeschäftigen mit einem Gegenstand oder einer Sache. Dieses Verhalten dient allein dem Ausbilden der geistigen (kognitiven) Entwicklung.
Es stellt keine Unterhaltung dar für ein vielleicht langweiliges Säuglingsleben. Es gibt Säuglinge, die sind von Natur selbstzufrieden und verweilen lange bei einem neuen Objekt, und es gibt solche, die werden das Neue schnell leid und brauchen weitere geistige Nahrung.
Letztere Kinder trägt man am besten viel mit sich herum, denn dabei kommen immer wieder neue Ereigenisse zustande..Dafür gibt es Tragehilfen, die alle! Säuglinge akzeptieren. man muss nur ein bisschen experimentieren, wie man es seinem eigenen Kind recht machen kann. Das hat mit Verwöhnen nichts zu tun! Und abends, wenn es auf die geünschte Schlafenszeit zu geht, sollte man natürlich denEreignispegel langsam herunter fahren und das Einschlafritual beginnen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 27.05.2008