Frage: Kurze Kitaeingewöhnung (18 Monate)

Liebe Frau Henkes, mein Sohn (18 Monate) startet im Februar mit der Eingewöhnung in die Kita; dazu habe ich mehrere Fragen. Er ist im Allgemeinen recht reizoffen und sensibel, gegenüber Neuem sehr vorsichtig, wirkt schnell überfordert, wenn um ihn herum viel los ist, das er nicht einordnen kann. Zugleich ist er aber auch sehr neugierig und erkundungsfreudig, sobald er sich in seiner Umgebung wohlfühlt. Wenn er vor etwas Angst hat, reagiert er allerdings heftig – er brüllt aus Leibeskräften und verliert sich im Schreien, wenn er nicht auf den für ihn gewohnten Wegen beruhigt wird (Tragen, Singen). Er ängstigt sich z.B. sehr vor Lärm, ebenso vor fremden Menschen und Umgebungen. Sobald ihn eine ihm nicht oder wenig vertraute Person direkt ansieht, schreit er heftig, ihn überkommt dabei regelrecht Panik. Er fremdelt durchgehend stark, seit er etwa fünf Monate alt ist. Manchmal weint er schon, wenn wir vor einem fremden Haus stehen und ihm klar wird, dass wir dort hineingehen werden. Meistens taut er aber nach einiger Zeit auf, wenn wir bei jemandem zu Besuch sind. Man merkt ihm eine gewisse Grundanspannung an, aber er sieht sich dann um, spielt und interessiert sich für andere Kinder, sofern welche da sind. Überhaupt bezieht sich seine Angst stärker auf fremde Orte und fremde Erwachsene als auf andere Kinder. Bislang wird er von meinem Mann und mir gleichermaßen viel betreut, auch ist er seit etwa einem Jahr mehrmals pro Woche nachmittags bei der Oma, zu der er ebenfalls ein sehr enges Verhältnis hat. Wenn ihn jemand von uns dreien alleine betreut, fragt er nach den anderen beiden. Wenn man sagt, was die anderen beiden gerade machen bzw. dass sie bald wiederkommen, ist es okay für ihn. Allerdings passierte es zweimal, dass er in einer fremden Umgebung nach Oma schrie, die er jeweils kurz zuvor gesehen hatte. Beide Male beruhigte er sich schwer und immer nur kurz, ließ sich von mir auch wenig ablenken, weil er völlig darauf fixiert war, Oma wiederzusehen. Ich kann mir einerseits gut vorstellen, dass es ihm in der Kita gefallen wird, anderseits habe ich Zweifel, ob es nicht noch zu früh für ihn ist. Zumindest denke ich, dass er eine ganze Weile brauchen könnte, bis er Vertrauen zu den Erzieherinnen gefasst hat und sich dort wirklich wohlfühlt. Da er sich natürlich an meinem Verhalten und der Einstellung zur Kita, die ich ausstrahle, orientieren wird, möchte ich ihm Freude und Vertrauen signalisieren. Dass ich mir Sorgen mache, ist da nicht hilfreich. Vielleicht kann ich durch Ihre Einschätzung mehr Klarheit für mich selbst erlangen. Grundsätzlich heißt es über unsere Kita, dass dort ein sehr liebevoller Umgang mit den Kindern herrscht; auch mein persönlicher Eindruck von den Erzieherinnen ist an sich ein positiver. Was mich allerdings stört, ist der Ablauf der Eingewöhnung. Für die ersten drei Tage ist jeweils ein einstündiger Besuch geplant, am vierten Tag soll die erste Trennung für einige Minuten erfolgen. Danach werde das weitere Vorgehen individuell gehandhabt, was sich eigentlich gut für mich anhört. Allerdings ist im Infoschreiben erwähnt, dass man davon ausgehen solle, sein Kind „bis zu zwei Wochen“ in die Kita zu begleiten. Mir erscheint dieser feste Rahmen restriktiv und der Sprung von einer kurzen Trennung am 4. Tag hin zu einer durchgehenden Trennung nach spätestens zwei Wochen als sehr (zu?) groß. Auf Nachfrage, wie es denn gehandhabt werde, wenn zwei Wochen Eingewöhnungszeit für ein Kind nicht reichen, wurde mir von einer der Erzieherinnen gesagt, dass die Eingewöhnung noch immer in zwei Wochen funktioniert habe. Diese Aussage finde ich unseriös; ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich zutrifft. Eher habe ich den Eindruck, als würde man darauf drängen, die Eingewöhnung schnellstmöglich über die Bühne zu bringen. Mir ist bewusst, dass viele Kitas bei der Eingewöhnung Druck machen. Wie schätzen Sie eine solch kurze Eingewöhnungszeit ein? Kann diese tatsächlich ausreichend sein, auch wenn das Kind wie unser Sohn sehr fremdelt und mit neuen Umgebungen und Menschen nur zögerlich warm wird? Und noch eine Frage nach Weinen in der Kita. Besagte Erzieherin meinte, es sei ja ganz normal, dass die Kinder weinen, wenn die Eltern weg seien, es sei vielmehr seltsam, wenn dies nicht der Fall sei. Ich mache mir Gedanken, dass unser Sohn in der Kita viel Angst hat, ohne dass wir dies mitbekommen, und sein Vertrauen zu uns leidet. Außer wenn er bei der ihm sehr vertrauten Oma zu Besuch ist, hat er ja noch nie die Erfahrung gemacht, dass wir ihn jedes Mal wieder abholen. Von anderen Kitas (also nicht der unseren) habe ich mitbekommen, dass Eltern aufgefordert wurden, sich vom Kind zu trennen, obwohl dieses sehr weinte, sich in einem Fall sogar an die Mutter klammerte, mit dem Hinweis, dass man es schon beruhigen werde und durch ein längeres Bleiben die Trennung für das Kind nur erschwere. Stimmt es denn, dass es dem Kind bei der Trennung hilft, wenn man sich in solch einer Situation zügig verabschiedet und geht? Ich verstehe, dass man dem Kind signalisieren sollte, dass es okay ist, wenn man sich trennt, dass es ihm in der Kita gutgehen wird und es die Trennung schaffen wird. Mein Mama-Bauchgefühl sagt aber, dass man beim Kind bleiben sollte, wenn es weint, auch auf die Gefahr hin, dass eine Trennung dann ggf. unnötig hinausgezögert wird. Aber gut, das ist ein subjektives Gefühl; rational weiß ich zu wenig darüber, was die Trennungssituation tatsächlich in Kindern auslöst. Daher bin ich für Ihre Experteneinschätzung sehr dankbar, um klarer zu sehen, was ich meinem Sohn zumuten darf, vielleicht sogar sollte.

von Meer_Sand am 05.02.2024, 11:31



Antwort auf: Kurze Kitaeingewöhnung (18 Monate)

Guten Tag, Sie können nur ausprobieren, ob Ihr Sohn sich mit Ihrer Unterstützung auf die Kita einlassen kann. Es handelt sich um einen wichtigen Schritt, weil das Kind erstmals längere Zeit ohne die Mutter auskommen muss. Es ist zudem auch erstmals so, dass Sie als Mutter die Verantwortung für Ihr Kind dauerhaft an andere Menschen abgeben. Sie müssen hier sozusagen Vertrauen auf Vorschuss entwickeln, um Ihren Sohn gut abgeben zu können. Erzieher/innen haben in der Regel viel Erfahrung damit, Kleinkinder in die Kita einzugewöhnen. Die in der Kita bewährte Methode werden Sie akzeptieren müssen. Trauen Sie Ihrem Sohn zu, sich auf die Kita einzulassen. Und trauen Sie den Erzieher/innen zu, dass sie sich Mühe geben, Ihrem Sohn einen guten Eintritt in die Kita zu ermöglichen. Die Trennung von der Mutter kann für Kleinkinder schwierig sein. Wenn sie aber ohnehin erfolgen wird, ist es nicht nötig, sie hinauszuschieben. Für Ihren Sohn ist es wichtig, dass er sich darauf einlassen kann, von den Erzieher/innen getröstet zu werden. Sie beobachten Ihren Sohn bei der Eingewöhnung. Wenn Sie nach angemessener Zeit merken, dass er sich noch gar nicht von Ihnen trennen kann oder mit der Betreuung in der Kita überfodert ist, können Sie den Kitabesuch immer noch abbrechen und auf später verschieben. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 05.02.2024