Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Gespräche über Verletzungen

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Gespräche über Verletzungen

März2016

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Hallo Herr Dr. Nohr, ich würde gerne wissen, wie ich am besten mit meiner Tochter, 4,5 Jahre umgehe,wenn sie Gespräche über Verletzungen ablehnt. Als Beispiel ist ihre Freundin am Ende der letzten Verabredung gestolpert und hat etwas an der Lippe geblutet. Sie hat sich natürlich zu Hause Sorgen gemacht. In solchen Momenten möchten wir mit ihr reden und erklären ihr, dass sie sich nur leicht auf die Lippe gebissen hat und sie jetzt Eiswürfel bekommt und dann alles wieder gut ist. Zusätzlich habe ich ihr erzählt, dass ihr das als kleines Kind auch schon mal passiert ist. Das hat sie erst interessiert aber nach einem halben Satz sagt sie derzeit immer sowas wie „nein nein Mama, es reicht, wir müssen ja nicht drüber reden.“. Solche Situationen haben wir derzeit ständig, wenn es um Verletzungen geht. Die Oma sagte zum Beispiel beim rumturnen, dass sie aufpassen muss mit dem Tisch, nicht dass sie doof gegen fällt. Auch da mit einem Satz Ablehnung „nein Oma hör auf zu reden“. Als sie letztens mit dem Fahrrad hin gefallen ist, wollte sie weder ihr Knie zeigen, noch mit mir darüber sprechen, dass das ganz normal ist, dass man mal hinfällt, dass das jedem schon mal passiert ist und so weiter… Sie blockt sofort das Gespräch ab und will nicht darüber sprechen. Eigentlich möchte ich ihr nur die Ängste vor kleinen Verletzungen nehmen, wie gehe ich richtig vor? Einfach akzeptieren und nicht weiter darüber sprechen? Vielen Dank für Ihre Antwort.


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Dr. Nohr beantwortet Ihre Fragen montags. Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich Ihnen antworte. Sie sollten das Verhalten Ihrer Tochter unbedingt akzeptieren, auch wenn es Ihnen unverständlich erscheint. Offenbar hat sie sich ihre eigene Strategie für den Umgang mit Schmerz zurechtgelegt. Sie will es alleine schaffen. Möglicherweise fühlt Ihre Tochter sich nicht genügend von Ihnen gesehen, wenn sie sich wehtut und Sie erklären ihr, dass das "normal ist und jedem passiert". Das stimmt zwar, aber in dem Moment hat Ihre Tochter Schmerzen und Sie könnte Ihren Trost und Ihr Mitgefühl gebrauchen. Da Ihre Tochter derzeit die Verletzung und den Schmerz abwehrt, könnte es ihr helfen, wenn Sie sozusagen vor Ihrer Tochter ein Selbstgespräch führten. "Also wenn ich so gefallen wäre, dann würde ich jetzt weinen und mich freuen, wenn mich jemand tröstet." in dieser Art etwa. Damit vermitteln Sie Ihrer Tochter, dass Sie verstehen, was in ihr vorgeht und das akzeptieren, dass aber auch ein anderes Verhalten denkbar und der Situation angemessen wäre. Ansonsten ist es sicher sinnvoll, dem Verhalten Ihrer Tochter nicht zuviel Bedeutung beizumessen. Es kann sich durchaus wieder ändern, wenn sie nicht mehr beweisen muss, was sie als Vierjährige schon alles alleine schaffen kann. Alles Gute Ihnen Ingrid Henkes


März2016

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Vielen Dank für Ihre Antwort Frau Henkes :) Tatsächlich habe ich es aus der Sicht, obwohl eigentlich naheliegend, noch nicht gesehen. Tatsächlich ist sie derzeit auch in einer sehr starken „das schaffe ich schon allein - Phase“. Und natürlich tröste ich sie immer ausführlich, aber vielleicht tatsächlich auf die „falsche“ Weise. Also vielen Dank für den Gedankenanstoss :)


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