Frage: Ängste rund um das Einschulungsalter

Sehr geehrte Frau Henkes, unser Sohn war schon immer sehr selbstständig, mutig und voller Energie.Wir haben das immer unterstützt und bestärkt. Als Vorschulkinder durfte er auch auf seinen Wunsch hin allein zum Bäcker um die Ecke gehen. Er war immer so stolz und wir natürlich auch. Doch in den Monaten vor der Einschulung wurde er zunehmend Ängstlicher. Auf einmal wollte er auch nicht mehr zum Bäcker gehen. Dort hätte ihn wohl ein Mann komisch angeschaut. Er wollte Abends wieder mit in unser Bett was für uns kein Problem ist. Wir haben ein großes Familienbett wo jeder der 3Kinder jederzeit kommen kann. Auch wollte er auf einmal nicht mehr woanders übernachten. Wir mussten ihn weinend bei Freunden abholen. Er hatte wohl große Angst das ein Einbrecher kommt. Wir sollten auch unbedingt seine kleine schlafende Schwester mitnehmen. Wir dachten das regelt sich sicher nach der Einschulung aber dem ist nicht so. Er sucht in der Nacht viel Körperkontakt. Letztens hat seine kleine Schwester das Licht ausgemacht als er im Zimmer war und er hat vor Angst geschrien und ist dann sofort aus dem Zimmer gerannt Er geht sehr gern in die Schule. Mit viel Motivation und Überzeugung hat er jetzt mal das Bus fahren allein getestet. ( wir sind mit dem Auto hinterher gefahren) und er war so begeistert das er jetzt immer allein fährt. Ich bringe ihn nur an die Haltestelle und er fährt 4Haltestellen allein und steigt dann direkt bei der Schule aus. Das ist schon eine kleine Erleichterung ihn wieder so stolz zu sehen Ich habe große Angst das das vielleicht mit einer Situation vor 1Jahr zusammen hängt. Ich hatte das Auto meiner Mutter geborgt weil ich einen wichtigen Arzttermin mit dem Baby hatte. Die Mittlere musste ich schnell in den Kindergarten bringen. Er wollte gern im Auto warten was ich zu machen sollte. Was ich nicht wusste war das das Auto eine Innenraumüberwachung hatte. Soetwas kannte ich nicht und meine Eltern hatten es mir leider nicht gesagt. Und so brachte ich fix die Mittler in die Krippe und hörte dann einen Alarm. Ich wunderte mich und rannte zum Auto wo mein Großer gegen die Scheibe klopfte und riesige Angst hatte das das der Feueralarm im Auto war. Wir lagen uns dann beide weinend im Arm. Und noch heute kann ich es mir nicht verzeihen wie mir das passieren konnte. Im Kindergarten sagten sie das er kurz darüber geredet hat und dann aber alles gut war an dem Tag.    Ist es meine Schuld das er jetzt so viele Ängste entwickelt? Wie kann ich ihm helfen?   vielen Dank für ihre Hilfe    

von Wunschkind12345 am 10.10.2022, 12:15



Antwort auf: Ängste rund um das Einschulungsalter

Guten Tag, die Einschulung ist für Kinder eine der sogenannten Schwellensituationen. Kinder sind plötzlich mit ganz neuen Anforderungen konfrontiert und müssen diese bewältigen. Mit diesen neuen Aufgaben beschäftigen sie sich auch schon vor dem Schulbesuch gedanklich und in der Phantasie. Das kann eine Zeitlang Ängste auslösen. Ihr Sohn kann sich ja noch nicht sicher sein, ob und wie er das alles schafft. Das selbständige Busfahren ist sicher ein Fortschritt für ihn, der ihn stärkt. Waren Erstklässler gerade noch im Kiga als Vorschulkinder die Großen, sind sie in der Schule plötzlich wieder die Kleinen. Auch das spielt in das innere Erleben und die Gefühle hinein. Das aktuelle Verhalten Ihres Sohnes ist also nichts Ungewöhnliches in dieser Phase. Mit zunehmenden Erfahrungen wird er wieder sicherer und entwickelt sein Selbstbild weiter. Dann wird er die Ängste aufgeben. Solange sollten Sie diese akzeptieren und ihm die benötigte Nähe bieten. Er ist auch in dem Alter, in dem Sie schon mit ihm über die aktuelle Situation sprechen können. Da erfahren sie durch Fragen in entspannten Gesprächen vermutlich am meisten. Thema sollten nicht seine Ängste sein, sondern seine Erwartungen und Bewältigungsstrategien für unbekannte Situationen. Sechsjährigen kann dazu schon einen Menge einfallen. Das mindert auch Ängste. Ich denke nicht, dass das Verhalten Ihres Sohnes mit der Auto-Situation zusammenhängt. Das hätte sich bestimmt schon früher bemerkbar gemacht und nicht erst ein Jahr später. Sie brauchen deswegen auch keine Schuldgefühle zu haben, denn Sie konnten ja nicht wissen, was passieren würde. Wenn Ihr Sohn nochmal über diesen Vorfall spricht, können Sie das aufgreifen und zu einer Familienanekdote werden lassen (Weißt du noch? Mensch, war das blöd. Da haben wir uns beide so erschrocken. Aber es ist ja nichts Schlimmes passiert.) oder so ähnlich.  Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 10.10.2022