Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

2 Kindern gerecht werden

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: 2 Kindern gerecht werden

Caramia

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Sehr geehrte Frau Henkes, meine Kinder sind 26 und 3 Monate alt. Der Große hat die Entthronung soweit ganz gut bewältigt, ist jedoch nach wie vor (wahrscheinlich auch altersbedingt?) nicht unbedingt begeistert von dem Baby. Unter der Woche bin ich tagsüber in der Regel alleine mit den beiden und frage mich immer öfter, wie ich mich in Situationen, in denen beide gleichzeitig weinen bzw. etwas brauchen, am besten verhalte. Einerseits möchte ich das Baby auf gar keinen Fall schreien lassen, andererseits heißt es aber ja auch immer, man solle das ältere Kind ggfs. vorziehen, da ein Baby dies nicht mitbekommt, ein Kleinkind hingegen schon - ist das dann kein Schreienlassen? Oft habe ich das Baby in der Trage, was aber mittlerweile nur noch zum schlafen toleriert wird und was auch der Große nicht immer gut findet. Stillen war von Anfang an schwierig für ihn, zunächst weinte er währenddessen oft, mittlerweile wird er einfach ungeduldig und fordert dann lauter Dinge von mir, die ich in dem Moment nicht umsetzen kann. Mir ist klar, dass ich nicht alle seine Wünsche umgehend erfüllen muss, aber manchmal frage ich mich, wie ich das am besten kommuniziere - ich sage dann mehrmals, dass er gerade noch warten muss, bis seine Schwester fertig getrunken hat und biete ihm grundsätzlich an, etwas vorzulesen etc., habe aber immer das Gefühl, dass er sich in dem Moment stark benachteiligt oder zurückgesetzt fühlt und einen gewissen Groll gegenüber seiner Schwester empfindet.  Ich möchte mir aber auch nicht in einigen Monaten vorwerfen, dass ich das Baby vielleicht zu oft abgelegt oder auch zu oft warten lassen habe.  Wie macht man hier am besten Kompromisse, um beiden Kindern bestmöglich gerecht zu werden und wie kommuniziert man es dem Großen am besten, wenn er wegen seiner Schwester warten oder auf etwas verzichten muss, ohne ihm das Gefühl "alles ihretwegen" zu vermitteln?  Herzlichen Dank für Ihre Antwort!


Ingrid Henkes

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Guten Tag, für die beschriebenen Situationen mit zwei kleinen Kindern gibt es keine eindeutige Lösung. Vieles werden Sie nach Ihrem Gefühl entscheiden müssen. Ein Säugling bekommt sehr wohl mit, wenn Seine Bedürfnisse nicht in dem für ihn tolerablen Zeitrahmen erfüllt werden. Ein Zweijähiger kann da schon eher kurz warten. Allerdings gelingt das auch nicht immer, um die Rivalität zum Geschwister nicht zu fördern. Ihr Sohn fordert während des Stillens Dinge von Ihnen ein, weil er sich Ihre Aufmerksamkeit und Zuwendung sichern will, die nicht nur dem Baby gelten soll. Hier wäre es vermutlich hilfreich, wenn Sie den Fokus von der Schwester auf sich umlenken könnten, also eher "ich kann jetzt gerade noch nicht...." als "deine Schwester muss erst fertig trinken". Loben Sie Ihren Sohn, wenn er das Aufschieben von Bedürfnissen aushalten kann. Vermitteln Sie ihm, dass er Ihnen damit hilft, weil die Schwester zum Aushalten noch zu klein ist. Das allmählich entstehende Gefühl ein toller großer Bruder zu sein, hilft Ihrem Sohn, die Geschwisterrivalität zu bewältigen. Ihr Sohn wird in der neuen Familienkonstellation sicherlich noch häufig das Gefühl haben, zu kurz zu kommen oder von Ihnen nicht genügend gesehen zu werden. Dieses Gefühl zu bewältigen ist eine Entwicklungsaufgabe. Sie können Ihren Sohn dabei unterstützen, indem Sie ihm vielfältig zeigen, dass die Ankunft der Schwester an Ihrer Liebe zu ihm nichts geändert hat. Das gelingt nicht mit Worten sondern durch viele bestärkende Erfahrungen. Dieser Prozess braucht Zeit. Wenn Ihre Tochter ausnahmsweise einmal etwas länger weinen muss, weil Sie mit dem Bruder beschäftigt sind, wird ihr das nicht schaden. Seltene ungünstige Erfahrungen speichert ein Säugling nicht dauerhaft, wenn die positiven Erfahrungen die Regel sind.  Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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