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Geburtstrauma, Schuldgefühle und Kinderwunsch

Thema: Geburtstrauma, Schuldgefühle und Kinderwunsch

Hallo, Ich weiß gar nicht ob ich hier richtig bin, aber ich versuche einfach mal mein Glück, in der Hoffnung vielleicht Gleichgesinnte zu finden bzw. Menschen die vielleicht dasselbe durchgemacht haben. Ich wurde letztes Jahr schwanger. Da ich noch studiere haben meine Eltern mir die Hölle heiß gemacht und bis zum Ende der ss konnte ich diese deswegen nicht wirklich genießen, da sie wirklich traumhaft war (keinerlei Probleme oder Beschwerden!). Ich konnte mich also lange nicht freuen auf unsere Kleine. Nach der Geburt gingen die Probleme dann weiter. Da unsere Kleine extrem schwer und groß auf natürlichem Weg zur Welt kam (über 4,5 kg 58cm und 38cm kopfumfang) hätte sie bei mir dementsprechend viel angerichtet und man hatte Probleme mich zu nähen. Ich konnte die kleine nicht auf dem Arm nach der Geburt halten (wurde ca. 2h genäht) und hatte danach die Tage im Krankenhaus noch gut mit den Folgen der Geburt zu tun. Es fand also kein Bonding statt. Ich gab sie meinem Mann und erst 2h später nahm ich sie ...da vor mir die Ärztin immer wieder nur sagte sie bekomme die Blutung nicht gestoppt was mich total in Panik versetzte und ich mich in dem Moment nicht auf die Kleine konzentrieren konnte, was ich bis heute zu tiefst bereue. Und das Drama ging weiter ich musste ca. 6 Wochen nach der Geburt nochmal operiert werden (naht ging auf und Verdacht auf Plazentareste)... in diesen 6 Wochen merkte ich natürlich das immer wieder was nicht stimmte und konnte mich daher kaum über unsere Kleine freuen oder ihre meine volle Aufmerksamkeit schenken da ich nur mit mir beschäftigt war und den Folgen der Geburt. Nach der Op hatte ich immer wieder Angst das was nicht stimmt. Also das zog sich alles mehrer Monate (mein letzter Faden wurde unglaublicher Weise erst ca 4 Monate nach der Geburt gezogen). Nun inzwischen freue ich mich natürlich über unsere Kleine (fast 10 Monate nun)...ich liebe sie über alles und das habe ich schon immer..aber ich habe soo ein unfassbar schlechtes Gewissen und Schuldgefühle ihr gegenüber, dass ich in der Zeit nicht 100% bei der Sache war wegen diesen ganzen Problemen mit mir. Ich trauer der Zeit so hinterher. Das kann mir einfach keiner wiedergeben. Ich frag dann immer mein Mann wie ich als Mama war da ich kaum Erinnerungen hab und er sagte wie jetzt auch. Es ist so ein komisches Gefühl. Naja nun so viel dazu. Jedenfalls hielt das bestimmt so lange an bis unsere Kleine ca. ein halbes Jahr alt war. Erst da konnte ich bewusst die Zeit mit ihr genießen. (Und ich trage noch heute Folgen davon..hab immernoch Probleme körperlich aber das ist nun ein anderes Thema). Jetzt hab ich das Problem wenn ich höre das im Freundeskreis jemand schwanger wies werde ich direkt irgendwie wieder traurig und wütend da ich ja nicht die Schwangerschaft genießen konnte und das nach der Geburt alles so kacke verlaufen ist. Vielleicht ist es auch eher ein Gefühl des Neides. Denke das trifft es eher. Nun zb habe ich die Tage mit einer sehr guten Freundin geredet die auch plant bald ihr erster Baby zu bekommen und wieder hatte ich ein Problem damit. Also nicht falsch verstehen Kinder sind das wundervollste auf der Welt ich gönne es jedem dieses Wunder zu bekommen aber irgendwie ist es so ein komisches Gefühl was mich verletzt weil ich es vielleicht in der Form wie es meine Freundin miterleben wird nicht miterleben konnte und ich es auch nicht nachholen kann. Klar man kann wieder schwanger werden und dann ...aber das macht es ja nicht weg was passiert ist und ist unserem Baby finde ich gegenüber auch gemein. So von wegen ach werd ich einfach schwanger und dann kann ich mich ja diesmal direkt drüber freuen weil mir diesmal keiner Stress machen würde usw. aber es gibt mir ja nicht das zurück was mir bei meiner ersten Schwangerschaft gefehlt hat. Schwanger zu werden und zu sein ist wirklich ein Wunder...eine Geburt ist ein Wunder und ich konnte das alles nicht genießen und mich drüber freuen. Ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll wenn jemand von meinen Freundinnen schwanger ist. Natürlich zeige ich das nicht und ich freue mich ja auch für Sie ...aber dieser Stich ins Herz bleibt einfach da. Außerdem wollte ich immer viele Kinder. Ich bin Einzelkind und habe immer von einer großen Familie geträumt. Nun hat mich das ganze Drama auch von meinem Kinderwunsch abgebracht. Ich meine wenn wollte ich eh 4 Jahre ca. Abstand zwischen den Geschwistern haben... (dann wäre ich ca. 31) aber ich mache mich jetzt schon ganz verrückt und setze mich so unter Druck. Was wenn ich wirklich keine Kinder mehr haben möchte. Oder selbst wenn und es klappt dann nicht oder ich verliere es...(aufgrund der Ausschabung oder wegen irgendwas) usw. und dabei verpasse ich wahrscheinlich dann wieder den Moment mich aufs hier und jetzt zu konzentrieren und die Zeit mit unserer Kleinen zu genießen und dann hab ich direkt wieder ein schlechtes Gewissen das ich bereits über weitere Kinder nachdenken statt erstmal wieder gut zu machen was ich bei unserer Kleinen versäumt hab. An die die es lesen und antworten : vielen Dank!

von Miraflor am 19.11.2019, 21:25



Antwort auf Beitrag von Miraflor

Ich würde an deiner Stelle eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen, wenn du dich so schlecht fühlst. Und dann musst du dich von dem Gedanken losreißen, dass eine Schwangerschaft und Geburt immer so perfekt ist. Ganz, ganz viele Menschen haben keine schöne Schwangerschaft und keine schöne Geburt, so wie sie sich das vorstellen und trotzdem sind sie eine gute Mama und lieben ihre Kinder. Bei mir sind die Schwangerschaften auch nicht so verlaufen, wie ich es gerne gehabt hätte. Bei meinem ersten Kind hatte ich in der 18.SSW eine stille Geburt. Danach hatte ich natürlich auch viele Ängste, ob ich überhaupt irgendwann ein Kind haben werde, etc. Ich habe aber immer versucht mich auf das Positive zu konzentrieren und mir selber immer wieder gut zugeredet in Momenten, in denen ich arge Ängste hatte. Mein zweiter Sohn kam dann zwar in der 37.SSW gesund und munter zur Welt, aber ich hatte auch da wieder Probleme in der Schwangerschaft mit verkürztem Gebärmutterhals und vorzeitigen Wehen, lag auch ab der 33.SSW im KH mit absoluter Bettruhe und 24 Stunden an der Tokolyse. Ich musste mich auch die ganze Schwangerschaft über schonen und viel liegen und konnte nicht wie die meisten anderen Schwangeren alles machen und genießen. Ich hatte auch einen Dammriss 3. Grades und musste auch sehr lang genäht werden. Aber trotzdem war ich überglücklich, dass ich ein lebendes, gesundes Baby im Arm hatte. Danach haben wir länger gehadert, ob wir unserem Wunsch für ein Geschwisterkind nachgehen sollen oder nicht. Haben uns aber dazu entschlossen, es noch einmal zu wagen. Und ich habe mir sehr gewünscht, dass ich zum Abschluss wenigstens eine schöne Schwangerschaft haben darf, quasi zur Versöhnung mit meiner Geschichte. Es kam dann aber leider wieder anders als erhofft und meine Zwillinge kamen leider schon bei 25+2 auf die Welt und mussten um ihr Leben kämpfen, das einer meiner Zwillingsjungs mit 6 Wochen verloren hat. Mein zweiter kämpfte weiter und wir waren 16 Wochen auf der Neo, mit vielen Tiefpunkten, bis ich ihn endlich mit nach Hause nehmen konnte. Es war also alles andere, als das, wie man sich eine schöne Anfangszeit vorstellt. Und natürlich denke ich mir auch manchmal, ach, warum konnte ich nicht auch so eine schöne Schwangerschaft haben, wie einige meiner Freundinnen, oder denke ich mir, ich hätte meine Kinder gerne beide bei mir und sie gerne von Anfang an bei mir gehabt. Fühle mich um meine Schwangerschaft betrogen, die viel zu kurz war und in der ich meine Babys so gerne länger im Bauch gehabt und gespürt hätte. Oder werde kurz wehmütig, wenn andere Schwangere glücklich ihre frisch geborenen Babys bei sich im Arm haben. Das sind aber nur kurze Momente der Wehmütigkeit, die dann schnell wieder vergehen. Denn leider kann man sich das nicht aussuchen und ich bin unglaublich dankbar, dass mein zweiter Zwilling die Zeit gut überstanden hat und sich toll entwickelt, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten und wenn es auch nicht so, wie ein "normales" Kind ist, aber er macht es toll und dafür bin ich froh. Auch wenn natürlich meine beiden Sternenkinder fehlen und es einfach ein Spagat zwischen Freude und Traurigkeit ist. Aber im Großen und Ganzen überwiegen die guten Tage. Wenn also bei dir auch die guten Tage überwiegen, dann schaffst du es vielleicht so auch, aber wenn wirklich nur die schlechten Gedanken sind oder du dich nicht traust, erneut schwanger zu werden, aufgrund deiner Geschichte, dann würde ich schon professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und das alles aufarbeiten. Es ist keine Schande und vielleicht kannst du dann wieder leichter die guten Dinge sehen und dich noch mehr an deiner Tochter freuen und hast dieses schlechte Gewissen nicht mehr, das ja sehr erdrückend sein kann. Du kannst auch nichts dafür, dass das alles so gekommen ist, das musst du dir immer wieder klar machen. Du hast dein Bestes gegeben und bist ganz bestimmt eine tolle Mama. Aber manchmal brauchen auch tolle Mamas eine Hilfe. Ich wünsche dir alles Gute! Dani

von sunnydani am 21.11.2019, 10:11



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Vielen Dank für deine liebe Nachricht!

von Miraflor am 23.11.2019, 20:24



Antwort auf Beitrag von Miraflor

Trauer drückt sich oft in 'irrationalen' Schuldgefühlen oder Wut aus. Ich glaube, Du hast boch nicht genug getrauert. Man muss lernen, dass das, was man da verloren hat (ein Stück Unbekümmertheit, ein bisschen die eigene Persönlickeit, ein Teil der Gesundheit) unwiederbringlich weg ist. Das kann einem niemand wiedergeben. Und gleichzeitig muss man sich selbst die Zeit geben, darüber zu trauern. Damit man das irgendwann loslassen kann. Ich hatte eine PTB nach meiner ersten Geburt und bin durch die Therapie wieder in normale Fahrwasser gekommen. Wenn Du kannst, hol Dir professionelle Hilfe. Ich hatte viele Albträume damals, einer war, wie ich neben meinem Krankemhausbett stehe mit der 'kranken, weinenden Emilie' und mir nichts sehnlicher wünsche, als sie aus dem KH mitmehmen zu können. Das geht nicht. In der Therapie hab ich gelernt, die alte Emilie dort zurückzulassen. Man ist nicht mehr die, die man mal war. Aber irgendwann ist das ok. Alles Gute!

von emilie.d. am 21.11.2019, 14:26



Antwort auf Beitrag von Miraflor

Versuch´s doch mal so zu sehen.....vielleicht macht dich dieses frühe Trauma zu einer besseren Mutter. Auch wenn wir es gerne hätten, aber eine "normale " Schwangerschaft+Geburt" kommt oft vor, ist aber beileibe nicht die Regel. Lies mal ein bisschen im "Frühchenforum", "kleine Engel" oder auch "kranke und behinderte Kinder" nach....und schon relativiert sich dein Leben mit einem GESUNDEN!! Kind. Fühl ich gedrückt

von Zwergenalarm am 27.11.2019, 14:42



Antwort auf Beitrag von Miraflor

Oh - das ist ja fürchterlich! Komm mal wieder runter... Du bist noch keine 30! Da hast du alle Möglichkeiten der Welt! Hör auf, Dich an der Vergangenheit aufzuhängen - wenn das nicht geht, such Dir professionelle Hilfe. Ich hoffe, das klang jetzt nicht zu grob - aber du hyperventilierst geradezu schriftlich. Da möchte man laut „stop“ schreien. Alles Gute!!!!!

von kirshinka am 11.12.2019, 19:57