JuliaZ_90
Hallo in die Runde, Meine Kinder sind in manchen Situationen ängstlich. Z.B. hat der Kleine (bald 3) manchmal Angst vor sich-bewegenden Insekten. Oder der Große (4,5) vor Räubern. Also alles "normale" Ängste von Kindern, die sie natürlich haben dürfen. Aber Angst zu haben ist ja eigentlich nichts schönes. Ich möchte sie gerne unterstützen aber sie dabei ernst nehmen. Aktuell nehme ich sie auf den Arm, stehe ihnen bei, sage ihnen, dass ich sie verstehe und dass es OK ist Angst zu haben. Aber in dem Moment, wo es darum geht ihnen klarzumachen, dass die Angst nicht notwendig ist finde ich nicht die richtigen Worte. Es gibt ja die bekannte Redewendung "Brauchst keine Angst zu haben". Aber damit würde ich ihnen doch irgendwie ihre Gefühle absprechen, oder? Was sagt ihr in solchen Situationen?
So eine ein generelles "brauchst keine Angst haben" bringt leider nichts - kennt man ja selbst - Angst ist einfach irrational. Meine Mädels haben auch immer wieder solche Phasen und ich versuch dann sie zu überzeugen, dass so ein Käferchen doch ganz interessant aussieht und auch nicht beißt oder sonstwas. Es gibt auch nette Bücher, wie "Die Spinne Widerlich". Wir hatten eine lange Phase mit Feuer-Angst ohne ersichtliche Ursache - nichts half - ich musste sie sofort wegbringen, wenn zB Kerzen auf einem Geburtstagskuchen angezündet wurden - es ging irgendwann vorbei...
Aus (kinder)psyhiologischer Sicht ist dieser Satz leider total sinnlos. Genau wie „es passiert nichts“, „es tut nicht weh“… Wenn wir Angst haben, reagiert unser Körper intuitiv, über Urreflexe. Die können mit Gelerntem beeinflusst werden - vereinfacht gesagt, hängt dieses Lernen bei Angst und Stress aber viele Jahre hinterher. Heißt, wenn deine Kinder Angst haben, reagieren sie beide wie Babys oder 1-2 jährige und - ganz wichtig zT noch bis ins Grundschulalter! - bei Angst und Stress können sie keine Verneinung verarbeiten. Heißt hängen bleibt: Du musst Angst haben, es ist schlimm! Deswegen: wenn du deine Kinder stärken willst, benutze positive Formulierungen (zusätzlich zum Reflektieren). So holst du sie in ihrer Situation ab. „Das ist eine komische Situation/ magst du nicht/ findest du seltsam. Ich bin da (und passe auf dich auf.) Es ist alles in Ordnung. Sollen wir uns zusammen anschauen, was xy macht?“ Am Anfang ist gar nicht so einfach. Aber wenn man es übt verändert es nebenbei irgend auch die eigene Denkweise ins Positivere :)
Ich habe auch schon gehört, dass man nicht sagen soll „du brauchst keine Angst haben“. Ich verstehe aber nicht so ganz, was daran falsch sein soll. Das Kind hat vor etwas Angst, vielleicht auch weil es das nicht kennt, nicht weiß was passiert oder was das ist. Und damit beruhigt man ja das Kind, man erklärt ihm, vielleicht auch mit einem Grund, dass und warum z. B. ein Insekt nichts ist wovor man Angst haben muss.
Hallo, wir Eltern überschätzen oft sehr die Macht der Worte. Bei so jungen Kindern ist viel Erklären und Reden gar nicht so hilfreich, sie reflektieren ihre Gefühle ja noch nicht, sondern sie HABEN sie. Und man kann sie ihnen auch nicht wegerklären. Deshalb machst du alles richtig, indem du deine Mäuse einfach hältst, hochhebst oder tröstest. Sage ruhig auch ein, zwei Sätze, aber bleibe hier eher knapp. Damit zeigst du ihnen, dass ihre Gefühle richtig sind, und das ist wichtiger als ausführlich auf sie einzureden. Zugleich fand ich es bei meinen Kindern auch wichtig, nicht zu übertrieben auf ihre Ängste einzugehen. Eine zu bemühte Reaktion der Eltern mit viel Reden, aber auch übertriebenem Trösten oder Knuddeln suggeriert dem Kind, dass seine Ängste berechtigt sind. Denn sonst würde Mama sich nicht so stark engagieren. Bei meinen Kindern hat sich in dem Alter eine Art empathischer Gelassenheit bewährt: Bei Ängsten habe ich sie liebevoll getröstet, aber eher entspannt und beiläufig. Anschließend sind wir rasch zur Tagesordnung übergegangen, z. B. indem ich sie mit einem Vorschlag abgelenkt habe. („Willst du mir helfen?“) Eine gelassene, eher knappe Reaktion ist auch deshalb wichtig, um Ängste der Kinder nicht zu verstärken. Wenn du auf jedes Insekt ausführlichst reagierst, lernt deine Tochter, dass Angst vor Insekten eine perfekte Möglichkeit ist, sofort Mamas Aufmerksamkeit zu bekommen. Je mehr Angst, desto mehr Aufmerksamkeit. Das ist ein unguter Verstärker. Auch deshalb immer eher beiläufig bleiben. LG
Danke an alle für Eure Beiträge! Dann mache ich weiter wie bisher und spare mir Umschreibungen, dass die Angst unbegründet ist sondern lebe "lediglich" die "Souveränität" vor (wobei mich das bei Spinnen schon auch Überwindung kostet - aber man wächst mit seinen Aufgaben )
Wie ich auf das Thema gekommen bin: meine Mutter hatte mal zu mir gesagt "Brauchst nicht traurig sein" (wobei ich da schon etwas älter war) und das fand ich damals total verwirrend und ist mir bis heute im Kopf. Als ob man aufhören würde, traurig (bzw. ängstlich) zu sein, nur weil Muddi das sagt.
Gab ja schon gute Vorschläge zum praktischen Umgang. Zu Deiner Frage bzgl des konkrten Satzes: Ich sehe einen Unterschied zwischen - Du brauchst keine Angst zu haben = Das ist nicht gefährlich bzw. positiv formuliert: Hier ist alles sicher oä. - Du solltest keine Angst haben. - Du beauchst nicht traurig zu sein (= Du solltest nicht traurig sein?!) Ersteres ist, je nach Kontext, eine wertfreie Information - Du sagst ja, es sei okay, Angst zu haben. Trotzdem sei hier halt objektiv keine Gefahr. Zweiteres spricht dem Kind ab zu fühlen, wie es fühlt. Letzteres ist noch etwas schwieriger, weil beim Gefühl Traurigkeit ja auch noch der Schmerz dazukommt. Mit dem nicht gesehen zu werden und zwischenmenschlich keinen Trost dafür zu bekommen, ist oft noch einmal verletzender. Da sei kein Schmerz (oder kein Grund, ihn zu fühlen) ist natürlich Quatsch. Inwieweit Du einem Kind *in* der Angstsituation ersteres mitteilen kannst, wurde ja schon von anderen angesprochen. In einer ruhigen Situation ohne viel Tamtam kann aber ja schon die Mitteilung kommen: Man darf immer Angst haben. Aber normalerweise sat einem die Angst, wenn etwas gefährlich ist. Der Käfer ist nicht gefährlich. Aber wenn Du das in dem Moment brauchst, helfe ich Dir natürlich trotzdem gern. (Ob Kinder Verneinungen dann wirklich nicht verarbeiten können, weiß ich nicht. Aber Erwachsenen sagt man es auch nach, und ich kenne bisher keine Studien, die es belegen. Obwohl es ja so schön eingängig klingt und deshalb immer gern erzählt wird. Tatsächlich scheint plausibel, daß zumindest immer der unverneinte Sachverhalt erst "gedacht" werden muß und damit aktiviert wird, bevor eine Verneinung "gedacht" werden kann: "In der Sahara gibt es keine Pinguine." - So, jetzt hast Du an Sahara, Pinguine und womöglich auch an Pinguine in der Sahara gedacht. Und wenn Du nur halb aufpaßt, bleibt womöglich diese Verbindung länger bestehen als die Verneinung bzw. bleibt präsenter. Unterm Strich gilt natürlich trotzdem: möglichst positiv formulieren! :-))
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