Überstrecken beim Stillen / Wecken zum Stillen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Überstrecken beim Stillen / Wecken zum Stillen

Guten Tag, unsere Tochter ist seit Geburt (am 11.6., kam jedoch 2 Wochen zu spät, ist also evtl. etwas weiter) sehr motorisch unruhig, schläft nur sehr schwer ein (nur nach oft stundenlangem Tragen), weint und schreit sehr viel, obwohl gestillt, gewickelt usw. und auch beim Stillen gibt es leider Probleme. Eigentlich hat sie sich die ersten 2-3 Wochen immer gemeldet, bisher sehr gut, aber auch sehr hastig getrunken, sich oft verschluckt usw. Inzwischen haben wir aber fast das Gegenteil. Die letzte Stillmahlzeit ist gegen 22:30 und sie wacht die ganze Nacht nicht auf, schläft aber extrem unruhig, ständig im Leichtschlaf, schmatzt, windet sich hin und her, stöhnt usw. und scheint total verschleimt. Die Hebamme meinte, so verarbeitet sie den Tag und wir haben sie bisher nicht geweckt, solange die Augen zu waren. Gegen 6/7 Uhr morgens machen wir uns aber Sorgen, wecken sie dann und dann trinkt sie auch sehr, sehr hastig - und scheint extremen Durst zu haben, ist aber nicht von selbst aufgewacht! Tagsüber haben wir inzwischen den gleichen Effekt: schläft sie einmal für längere Zeit (endlich), meldet sie sich von selbst gar nicht mehr und wir müssen sie wecken. Insgesamt kommen wir gerade auf nur 5 Stillmahlzeiten pro Tag und gar keine in der Nacht, die zwar sehr lange gehen (teils etwa 40 min, und sie trinkt gefühlt sehr schnell und viel). Was mir auch Sorgen bereitet ist, dass sie sich beim Trinken sehr oft nach hinten überstreckt, den Kopf in den Nacken wirft, aber die Brustwarze fest umklammert hat, oft verliert sie sie dann trotzdem, dockt dann wieder an, überstreckt sich dann wieder, fängt dann an zu weinen usw. Immer wieder spuckt sie dann nach der Mahlzeit, bisher 2mal in hohem Schwall. Zunehmen tut sie in der Norm, allerdings weniger als am Anfang und ausscheiden tut sie auch (etwa 6 nasse Windeln und 3-4 Mal Stuhlgang). Oft hören wir auch Winde abgehen und das ziemlich lautstark. Unsere Fragen sind nun: - Kann es sein, dass ein Baby sich nicht von selbst meldet obwohl es Hunger hat? z.B. weil Schlaf gerade wichtiger ist (unsere Tochter gähnt sehr oft den ganzen Tag) - Sollten wir sie wecken? Wenn ja, wann? (Sie schläft dann eben erst wieder frühestens 2 Stunden nach dem Stillen ein und so entsteht wiederum der Schlafmangel ... direkt nach dem wecken fängt sie sofort an zu schreien) - Was könnte das Überstrecken bedeuten? Hat sie vielleicht Schmerzen? - Reicht 5mal stillen am Tag aus? Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Antwort!

von Ine285 am 18.07.2022, 17:25



Antwort auf: Überstrecken beim Stillen / Wecken zum Stillen

Liebe Ine285, es gibt Kinder, die tatsächlich so verschlafen sind, dass sie zum Stillen geweckt werden müssen, weil sie sonst zu wenig zunehmen. Der Schlaf eines schlecht zunehmenden Kindes ist nicht heilig, aber wenn dein Baby gut gedeiht, brauchst du es nicht wecken!

Ob ein Kind gedeiht kannst du bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen: 

• mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, kannst du sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). 
• in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) 
• eine Gewichtszunahme entsprechende den Angaben der WHO Child Growth Standards WHO Multicentre Growth Referencs Study Group, 2006, d.h. im Durchschnitt:
• 1. bis 3. Monat: 200 400 g/Woche, mind. 150 g/Woche
• 4. Monat: 110 160 g/Woche
• 5. Monat. 400 500 g/Monat
• 6. Monat: 350 500 g/Monat
• eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, 
• Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs 
• ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. 

Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein. 

Wenn das Gewicht jetzt weiterhin stagniert, besteht allerdings tatsächlich Handlungsbedarf!

Für eine Stillberaterin besteht der erste Schritt bei einem Kind mit Bauchproblemen darin, die Stillposition, Anlegetechnik und das Saugverhalten des Kindes zu überprüfen. Ein nicht korrekt angelegtes Kind und/oder ein Kind, das nicht richtig saugt, schluckt an der Brust meist sehr viel Luft und darin kann schon die Ursache für die Bauchschmerzen begründet sein. Solange diese Ursache nicht beseitigt wird, können alle anderen Maßnahmen allenfalls "Kosmetik" betreiben, aber nicht wirklich helfen. 

Aus meiner Sicht macht es Sinn, dass du einmal nach einer Stillberaterin in deiner Gegend schaust, die das Baby beim Stillen beobachten kann und sieht, ob dein Baby möglicherweise nicht ganz korrekt andockt und daher Luft schluckt und deshalb die Koliken hat. Adressen von Stillberaterinnen findest du im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Beobachte einmal eine Stillzeit ganz genau. 

Verschluckt sich dein Baby sehr leicht? Hast Du den Eindruck, dass die Milch sehr rasch aus deiner Brust fließt? Fließt deinem Kind Milch aus den Mundwinkeln, weil es beim Schlucken nicht nachkommt? 

Wenn du die obigen Fragen mit „Ja" beantworten kannst, dann könnte es sein, dass du einen sehr starken Milchspendereflex hast und dein Baby mit der plötzlich in großer Menge fließenden Milch nicht zurechtkommt.

Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (leg dir eine Windel zum Auffangen der Milch hin und vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen". Dazu hältst du dein Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als deine Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnst du dich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützt du dein Baby von unten mit zwei Kissen in deinem Schoß und lehnst dich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Wenn das gar nicht klappt, stille im Liegen.

Du kannst auch versuchen deinem Baby durch Tragen in der Kolikhaltung (auch Fliegergriff genannt, das Baby liegt mit seinem Bauch auf dem Unterarm des Erwachsenen, mit dem Kopf in der Ellenbeuge ruhend), durch massieren des Bauches und durch Wärmeanwendungen (gut geeignet dazu sind Hot Cold Packs) auf den Bauch Erleichterung zu verschaffen. 
Probiere es mal aus.

Trinkst du viel Milchbildungstee? Wenn ja, dann lass diesen mal vorsichtshalber weg, denn gerade darauf reagieren manche Babys mit massiven Blähungen, gerade auch, wenn die Mutter mehrere Tassen trinkt. 
Du kannst zusätzlich probieren, deinem Kind mit einer sanften Bauchmassage zu helfen. Vielleicht gibt es in deiner Nähe einen Babymassagekurs, wo du dir Tipps zum Massieren holen kannst. 

 Lieben Gruß, solltest du noch Fragen haben, bin ich gerne für dich da!
 Biggi

von Biggi Welter am 18.07.2022



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