Wenn Babys ständig weinen...

Baby wird getröstet

© Adobe Stock, onoky

Mein Baby weint so viel! Mit diesem Hinweis suchen viele Mütter Hilfe bei ihrem Kinderarzt. Aber das Schreien und Weinen hat natürlich auch einen Sinn. 

Weil das Baby mit dem Schreien und Weinen jeden alarmiert, ist weitgehend sicher­gestellt, dass sich auch jemand kümmert. Babys haben nun einmal keine andere Möglichkeit der Kommunikation, wenn ihnen etwas fehlt.

Deshalb schreien sie, wenn sie Hunger haben, wenn Ihnen etwas weh tut, ihnen zu heiß oder zu kalt - oder auch zu langweilig ist. Ein kleiner Trost: Sie stehen nicht allein mit dem Problem.

Ein neugeborenes europäisches Baby schreit im Schnitt eineinhalb Stunden täglich und vermag diese "Leistung" bis Mitte des zweiten Monats leicht auf zweieinhalb Stunden zu steigern. Schließlich pendelt sich diese für alle Beteiligten so erschöpfende Beschäftigung auf eine gute Stunde täglich ein - etwa mit dem dritten, vierten Monat, da um diese Zeit herum ein deutlicher Reifungsschub einsetzt. Wahrscheinlich schreit Ihr Baby so wie alle anderen am häufigsten (und längsten) in den späten Nachmittags- und Abendstunden.

Meist sind die Kleinen dann einfach nur überdreht und völlig überflutet von den vielen Eindrücken des Tages, die es zu verarbeiten gibt. Bei Tante Elfie war es gerade eben noch auf dem schaukelnden Arm ... oder wie hieß die Tante mit dem lauten Lachen und dem starken Parfüm? Und überhaupt - der ganze Tag - grelles Licht und Musik im Supermarkt, hupende Autos draußen, schimpfende Leute im Bus - und das Essen war auch wieder zu heiß. Wenn es ausgerechnet jetzt schlafen soll - womöglich noch mutterseelenallein in einem dunklen Zimmer - vergessen Sie es! Am besten achtet man schon auf die ersten Anzeichen von Müdigkeit wie Augenreiben und lässt von da an Babys Tag in aller Ruhe ausklingen.

Muss man immer reagieren?

Eigentlich ja. Einige Eltern, Ärzte und Erziehungsratgeber stehen aber noch auf dem inzwischen veralteten Standpunkt, man verwöhne das Baby, wenn man auf jedes Schreien reagiert. Das Gegenteil ist aber der Fall. Sie brauchen zwar nicht bei jedem Glucksen hellhörig werden, doch wirklich brüllen lassen sollte man das Baby niemals. Es will seine Umwelt nämlich nicht tyrannisieren, sondern fordert eine Hilfe oder Verständnis ein. Kümmern Sie sich in jedem Fall. Einmal wird sich das Kleine nach ein paar Schmuseeinheiten wieder rundum wohl fühlen, ein anderes Mal will es vielleicht nur zurück ins eigene Bettchen. Aber was soll es machen, wenn niemand reagiert? Es wird instinktiv lauter schreien, solange bis jemand kommt. Vergeht darüber eine Viertelstunde oder noch mehr Zeit, so hat es nur gelernt, dass man sehr, sehr laut und lange schreien muss, um jemanden zu erweichen. Vielleicht fällt es auch vor Erschöpfung sehr traurig, enttäuscht und ungetröstet in den Schlaf.

Es stimmt einfach nicht, dass Babys, die gehört werden, anschließend häufiger schreien. Das Gegenteil ist richtig. Durch Aufmerksamkeit gibt man ihnen das beruhigende Gefühl, dass immer einer da ist. Daraus erwächst viel seelische Stabilität.

Sicher braucht man ein Baby nicht immer gleich hochnehmen, wenn es leise nörgelt; manche quengeln sich nach einem "harten" Tag ganz gerne in den Schlummer.

Welches Schreien sagt was?

Gleich wenn "es" losgeht, sollte man versuchen, genauer hinzuhören. So ist die Chance noch relativ hoch, herauszuhören "um was es geht." Je öfter man das versucht, desto leichter kann man in den meisten Fällen unterscheiden - zwischen schmerzlichem und traurigem, hungrigem und zornigen Schreien. Sicher gelingt das nicht immer. Etwa 10% aller Babys gehören zu den besonders sensiblen Kindern, die einfach wesentlich mehr Zuwendung suchen als andere. Aber wenn sich der anschwellende Unmut erst einmal zum ohrenbetäubenden Lärm entwickelt hat, ist ein Unterscheiden nicht mehr drin. Übrigens: Hat das Kind erst einmal richtig "abgehoben", haben Sie es wesentlich schwerer, es wieder auf den Boden zu holen.

Dem Schreien aus Langeweile geht in der Regel ein Quengeln voraus. Das Ganze klingt erst meckernd, bald schimpfend. Erfährt es ein wenig Interesse und Zuwendung, hört es auf. Schließlich möchte kein Baby stundenlang immer nur an eine Decke gucken. Schreit es kurz nach dem Füttern, scheidet Hunger wohl aus. Allerdings kann der Hunger schon nach zwei, drei Stunden wieder da sein. Schmerzensschreie sind gellend, hoch im Ton und lang gezogen. Ein Kolikschrei z. B. kommt stoßartig, lässt dann langsam in der Intensität nach. Bei ungewöhnlichen, schrillen Schreien können häufig schmerzhafte Krankheiten, wie z. B. eine Mittelohrentzündung die Ursache sein. Möglicherweise stecken auch Blähungen dahinter. Dann können Tropfen helfen, welche die Bläschen im Bauch zerplatzen lassen. Um Fälle abklären zu können, hinter denen Schmerzen zu vermuten sind, sollten Sie unbedingt Ihren Kinderarzt aufsuchen.

Wenn Sie aber wirklich mal "down" sind ...

... dann wird das Baby auch mal damit fertig, wenn man es schreien lässt - vorausgesetzt, es ist gefüttert, trocken und gesund. Verschaffen Sie sich in solchen Fällen Luft, indem Sie es mal Papi auf den Arm legen und einen Spaziergang machen. Vielleicht nimmt es auch mal eine Nachbarin oder Freundin für ein, zwei Stunden.

Ein Trost

Nach dem Füttern und Wickeln ist die Schreierei für alle Mamis und Papis wohl am schwersten zu ertragen - satt, trocken und frisch gewickelt könnte es jetzt doch rundum zufrieden sein. Trösten Sie sich - diese Verzweiflung teilen Sie mit so vielen anderen ...

Bis zu 20% der Säuglinge schreien übrigens an mindestens drei Tagen in der Woche sogar bis zu drei Stunden. Erst jenseits dieser Grenze sprechen Kinderärzte von "chronisch unruhigen Babys" oder "Schreikindern". Über die Ursachen rätseln Ärzte oft genauso wie die verzweifelnden Eltern. Findet der Arzt keine Ursache, versuchen Sie, bei der Nachsorge-Hebamme, in Mütterzentren oder Stillgruppen Hilfe zu bekommen. Später, wenn "Schrei-Babys" ihre Phase erst einmal überwunden haben, entwickeln sie sich in den allermeisten Fällen zu völlig normalen Kindern.

Zuletzt überarbeitet: Dezember 2019

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