Liebe Biggi,
innerhalb von 3 Monaten habe ich aktuell drei mal Antibiotika nehmen müssen wegen akuter Halsentzündungen.
Meine Tochter ist nun 4 Monate alt und ich frage mich, ob bei der mehrmaligen Zufuhr von Antibiotika über ein abstillen nachzudenken ist.
Die Kleine wird voll gestillt und hat bisher alles schadfrei überstanden.
Wie viel Antibiotika kann ein solch kleiner Körper und Organismus vertragen?
Welche Erfahrungswerte gibt es hier und wie sollte ich vorgehen?
Meinen Sohn habe ich über zwei Jahre gestillt aber ohne diese Beschwerden, die ich bei der Tochter habe.
Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung der Fragen und ich hoffe mit der Antwort wird auch allen anderen Müttern, die sich die gleiche Frage stellen geholfen.
Freundliche Grüsse,
Irena alias Bubischen
von
bubischen
am 10.10.2012, 12:52
Antwort auf:
Wann sollte ich über das Abstillen meines Kindes bei Antibiotika nachdenken?
Liebe Irena,
ich zitiere hierzu aus „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit“ von Spielmann, Steinhoff, Schaefer, 7. Auflage 2006:
Antibiotika allgemein
Bei vielen Antibiotika erhält ein gestilltes Kind unter Behandlung der Mutter weniger als 1 % der auf das Körpergewicht bezogenen therapeutischen Dosis. Damit werden allenfalls minimale, in keinem Fall Bakterien hemmende Konzentrationen im Säuglingsplasma erreicht.
In der Literatur werden immer wieder folgende Risiken diskutiert:
Beeinflussung der Darmflora (ggf. „dünnere" Stuhlkonsistenz, selten Durchfall),
Beeinflussung bakteriologischer Untersuchungen, die im Fall einer Erkrankung des Säuglings erforderlich werden könnten,
Entwicklung resistenter Keime,
Sensibilisierung.
Als klinisch relevant oder gar therapiebedürftig haben sich alle diese Nebenwirkungen bisher nicht erwiesen. Am ehesten ist mit einer vorübergehenden Auswirkung auf die Stuhlkonsistenz zu rechnen (Ito 1993).
Penicilline, Cephalosporine und andere ß Lactam Antibiotika
Erfahrungen. Bei allen gängigen Penicillinderivaten (z.B. Isocillin®, Amoxypen®) liegt der M/P Quotient unter 1. Der voll gestillte Säugling erhält in der Regel deutlich weniger als 1 % einer therapeutischen Dosis (Übersicht in Bennett 1996).
Ähnliches gilt für Cephalosporine, die zum Teil im Darm des Säuglings inaktiviert werden (Übersicht in Bennett 1996). Benyamini und Mitarbeiter (2005) haben 67 Mütter mit Amoxicillin plus dem Enzyminhibitor Clavulansäure (in Augmentan®) sowie 38 mit Cefuroxim nach Nebenwirkungen bei ihren gestillten Kindern gefragt. Bei der ersten Gruppe wurden mit 22 % häufiger Symptome berichtet als bei Amoxicillin alleine. Die Symptome waren dosisabhängig, bedurften aber keinerlei Intervention. Bei Cefuroxim wurden in knapp 3% der Fälle leichte Nebenwirkungen berichtet, die im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit Cefalexin nicht häufiger auftraten.
Bei Aztreonam (Azactam®) sind nach einer Einzeldosis an die Mutter 0,2 % als relative Dosis für das Kind in der auf die Applikation folgenden Stillmahlzeit ermittelt worden (Ito 1990).
Bei lmipenem (Zienam®) wurden in einer japanischen Untersuchung durchschnittlich 0,8 % einer gewichtsbezogenen, i.v. verabreichten Dosis in der Tagesmilchmenge gemessen (Ito 1988).
Von Sulbactam (z.B. Unacid®) beträgt die relative pro Tag übergehende Dosis maximal 1 % (Foulds 1985).
Enteral werden die zuletzt genannten Substanzen kaum resorbiert. Dies spricht zusätzlich für eine geringe biologische Verfügbarkeit beim gestillten Kind.
Zu anderen ß Lactam Antibiotika liegen keine ausreichenden Daten vor. Bisher gibt es keinen Anhalt für toxische Effekte beim gestillten Kind.
Empfehlung für die Praxis: Penicillinderivate und Cephalosporine gehören zu den Antibiotika der Wahl in der Stillzeit. Soweit möglich, sollten länger eingeführte Substanzen bevorzugt werden, d. h. im Fall der Cephalosporine solche der 2. Generation. Wenn erforderlich, können auch andere ß Lactam Antibiotika und Clavulansäure verwendet werden.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 10.10.2012