Nachts stillen trotz Brei tagsüber

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Nachts stillen trotz Brei tagsüber

Hallo, meine Tochter ist 6 Monate alt. Durch Breie problemlos ersetzt wurden bereits die Mittagsmahlzeit, die Zwischenmahlzeit am Nachmittag und die Abendmahlzeit (zw. 18 und 19 Uhr). Um 19 Uhr geht sie ins Bett und schläft problemlos ein. Ich stille wieder um 0:00 Uhr, um 3 Uhr, um 6 Uhr und um 9:00. Ende des Monats möchte ich die 9:00 Uhr Milchmahlzeit ebenfalls ersetzen. Da ich wieder anfange zu arbeiten, wäre es wunderbar, wenn ich die Stillmahlzeiten um 0:00 Uhr und um 3 Uhr nicht mehr geben müsste, die Kleine durchschlafen könnte von 19:00 - 6:00 Uhr (da würde ich dann wieder stillen). Ist das irgendwie möglich, ohne das Kind zu sehr zu "quälen"? Ich kann sie mit Schnuller, Wasser etc. nicht oder nur kurz beruhigen. Eigentlich möchte ich auch nicht anfangen, die Flasche zu geben, damit wäre ja auch keinem geholfen...

von juju3003 am 04.01.2013, 19:50



Antwort auf: Nachts stillen trotz Brei tagsüber

Liebe juju3003, dein Kind ist gerade erst sechs Monate alt und bekommt schon sehr viel Beikost. Eigentlich solltest Du jetzt gerade erst anfangen mit der Beikost und diese nur langsam steigern. Wenn Du jetzt bald abstillen möchtest, solltest Du schon noch zur Flasche hin abstillen, dein Kind braucht noch Milch. Die Fähigkeit längere Zeit am Stück zu schlafen ist unabhängig von der Ernährung. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Die Kinder beginnen in diesem Alter die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 04.01.2013