Hallo,
Ich bin momentan sehr verunsichert. Mein fast 19 Monate alter Sohn stillt noch sehr viel und vor allem nachts. vor kurzem hatten eine Woche, in der er plötzlich von 10 Mal stillen die Nacht auf ein mal reduziert hat und sonst durch schlief. Diese Phase war leider schnell wieder vorbei und momentan ist es grauenhaft. Er scheint kaum mehr in den Tiefschlaf zu finden. Er schreit ständig auf, wälzt sich, spricht im Schlaf, sodass wir denken, er sei wach. Klettert im Schlaf über mich, auf mich,.. ruft nach der Brust, trinkt ständig, nuckelt ewig. Ich schlafe kaum länger als 30 Minuten am Stück und bin fix und fertig. Kuscheln bringt nichts, das war noch nie sein Ding.
In meinem Umfeld haben nun einige abgestillt und die Nächte sind dadurch besser geworden. Eigentlich will ich ihn selbst bestimmen lassen, wann er soweit ist, aber ich habe langsam sogar die Sorge, dass es für ihn selbst auch nicht gesund ist, so wie er schläft. Von meinem Bedürfnis nach Schlaf will ich gar nicht erst anfangen. Es macht mich zunehmend einfach traurig.... Sollte ich über's Abstillen nachdenken oder etwas anderes ändern oder weiterhin stoisch alles über mich ergehen lassen?
von
evcheng
am 07.09.2018, 13:25
Antwort auf:
Nachts Abstillen?
Liebe evcheng,
vielleicht verarbeitet Dein Baby gerade viel und macht einen Entwicklungsschritt durch und es kann gut sein, dass das wirklich nur eine Phase ist.
Du schreibst ja selbst, dass es auch schon gute Nächte gab…..
Auf keinen Fall ist das Stillen "schuld" am Verhalten deines Sohnes, und "zu fixiert auf die Brust", so etwas gibt es nicht (auch wenn viele es behaupten). Es ist absolut NORMAL, dass ein Baby in diesem Alter die Brust noch braucht zum ein- und wieder einschlafen. Wäre etwas anderes normal, warum gibt es dann so unendlich viele Bücher zu Thema, die auch alle gekauft werden?
Trotzdem kann dein Baby in diesem Alter langsam Regeln befolgen.
Stillen ist eine Zweierbeziehung und wenn es dazu kommt, dass sich ein Partner dabei nicht wohl fühlt, dann müssen Lösungswege gefunden werden.
Das Wichtigste überhaupt ist allerdings, dass Du fest zu deinem Entschluss stehst. Solange hier noch der geringste Zweifel besteht, wird dein Kind diese Zweifel spüren und Du wirst weiterhin „schwach" werden.
Für viele von uns ist es sehr ungewohnt zu sehen, wie begeistert und mit wie viel Freude ein Kleinkind stillt. Dein Kleiner verhält sich gar nicht so "brustversessen" wir Du glaubst, viele langzeitgestillte Kinder zeigen sehr deutlich wie viel ihnen das Stillen bedeutet.
Wird es dem Kind überlassen, wann es sich selbst abstillt, dann stillen sich die meisten Kinder irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag ab. Ein Abstillen deutlich vor dem zweiten Geburtstag auf Initiative des Kindes hin ist eher unwahrscheinlich.
All diese theoretischen Überlegungen helfen dir jedoch nicht weiter, denn Du fühlst dich in der derzeitigen Situation unwohl. Wenn sich in einer Stillbeziehung ein Partner nicht mehr wohl fühlt, dann ist es an der Zeit zu überlegen, was geändert werden kann.
Sicher ist ein gut 1 1/2jähriges Kind noch nicht in der Lage alles Gesprochene bis ins letzte Detail zu verstehen, doch ich denke, dass der erste Schritt für dich sein sollte, dass Du mit deinem Kind darüber sprichst, wie es dir geht und was Du nicht mehr möchtest. Dann könnt ihr als Eltern eine Art Plan machen, wie ihr vorgehen wollt, um das Stillen etwas einzuschränken. Stillen nach Bedarf ist bei einem Kind über einem Jahr nicht mehr ein so eng gefasster Begriff wie bei einem kleinen Baby und liebevoller Konsequenz lassen sich auch bei einem Kind in diesem Alter in einem gewissen Rahmen Regeln aufstellen.
Selbstverständlich wird sich nicht von heute auf morgen eine plötzliche Änderung ergeben, das geschieht in kleinen Schritten und selbstverständlich wirst Du mit Rückschritten rechnen müssen, doch mit viel Liebe und Beharrlichkeit, kannst Du einen Weg finden.
Wenn Du nicht mehr ständig stillen möchtest, wird es am besten sein, wenn du schrittweise vorgehst, z.B. in dem du zunächst eine gewisse stillfreie Zeit in der Nacht einführst.
Dazu kannst du wie folgt vorgehen: Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei.
Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Natürlich kannst Du ihm während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird.
Dein Kleiner wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich gar schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie er in diesem zarten Alter seinen Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Dein Baby ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass dein Kleiner sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du ihn ein wenig ablenken wollen (falls er sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in seiner Nähe und versicherst ihm, dass alles ok ist.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher.
Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das nun auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann.
Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 08.09.2018