Beikostverweigerung/ Nachts Stillen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Beikostverweigerung/ Nachts Stillen

Sehr geehrte Frau Welter, meine Tochter ist jetzt schon 7,5 Monate alt. Ich versuche schon seit wochen sie an die Beikost heranzuführen. Sie verweigert die Nahrungsaufnahme, schließt den Mund, dreht den Kopf weg und wenn ich ihr (hab ich zwei Mal gemacht, wenn sie dann schreit) doch noch einen Löffel in den Mund geben kann, dann würgt sie es aus... Sie war schon von anfang an ganz durchschnittlich, was das Gewicht angeht, sogar eher zu dünn... Ich mache mir Sorgen, dass sie defizite erleidet. Ich stille sie nach wie vor, jedoch will sie Nachts auch immer nuckeln und trinken, ich finde keinen Schlaf mehr, weil sie in unserem Bett schläft seit einigen Wochen, Flasche etc. verweigert sie auch (sonst würde ich meinen Mann bitten sie mal Nachts zu füttern)... Ich bin verzweifelt, was kann ich tun? Bitte geben SIe mir einen Rat. Mit freundlichen Grüßen

Mitglied inaktiv - 07.04.2010, 10:59



Antwort auf: Beikostverweigerung/ Nachts Stillen

Liebe Isabelle1982, der beste Weg, ein Kind zu einem "schwierigen Esser" zu machen besteht darin, es zum Essen zu zwingen! Ein Kind darf essen, aber es muss nicht essen und eine sehr bewährte Methode lautet "Die Mutter bietet an, was es gibt, das Kind entscheidet wie viel oder wenige es davon isst". So wie Sie es beschreiben kann sich das Essen schnell zu einem absoluten Kampfthema entwickeln und das Kind ist so weit, dass es sich nur noch mit "Totalverweigerung" wehren kann. Genau diese Situation sollte aber unbedingt vermieden werden, denn mit soviel Kampf und Druck erreichen Sie genau das Gegenteil. Das Thema Essen wird immer konfliktbeladener, das Kind erlebt essen nicht als etwas Sinnliche und Angenehmes, sondern nur als Tortur. So kann der Grundstein für eine langfristige Essstörung gelegt werden. Versuchen Sie es wirklich einmal auf einem anderen Weg. Vermeiden Sie es, Ihr Kind mit Gewaltkuren zum Essen zwingen zu wollen, ja lassen Sie das Thema ganz sein. Stillen Sie Ihr Kind wieder eine Weile, bis sich die Wogen geglättet haben und wieder Ruhe eingekehrt ist und lassen Sie es selbst fingergerechte Nahrung essen, wenn es dies gerne tut. Kein Kind muss Brei essen und Milchbrei ist bei einem Kind, das häufig genug gestillt wird absolut überflüssig. Es gibt Babys, die es geradezu hassen und hysterisch reagieren, wenn man ihnen etwas in den Mund stecken will. Diese Kinder essen aber recht gut, wenn sie selber essen dürfen. Das Geschmiere, das es dabei gibt, ist weniger schlimm, als das Theater mit einem Kind, dass sich mit allen Kräften wehrt und außerdem lernen die Kinder recht schnell gut zu essen. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. Probieren Sie es einfach einmal aus. Sicher ist auch für Sie das Buch "Mein Kind will nicht essen" von dem spanischen Kinderarzt Dr. Carlos Gonzales eine interessante (und beruhigende) Lektüre. Das Buch ist im Buchhandel (ISBN 3 932022 12 2) bei der La Leche Liga oder auch im Stillshop hier auf der Seite erhältlich. Dr. Gonzales hat eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiß: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Es ist auch ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare ückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 07.04.2010



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Beikostverweigerung

Hallo, mein Sohn ist 7 1/2 Monate alt. Vor zwei Monaten habe ich angefangen beizufüttern (GKF). Dies hat mein Sohn super angenommen und in den letzten 6 Wochen ohne Probleme Mittags seine 200 gr verputzt. Vor zwei Wochen habe ich dann angefangen Abends Milchgetreidebrei beizufüttern. Er hat immer ein paar Löffel und zuletzt auch ca. 50-100 gr ge...


Beikostverweigerung und Stillen

Hallo, ich bin momentan etwas ratlos. Ich hatte meinen Fall schon mal geschildert und habe noch Fragen dazu... Wir haben vor gut 3 Wochen mit der Beikost bei meiner Tochter (6 Monate) angefangen, mittags paar Löffel Möhrenbrei, dann Möhre-Kartoffel. Davon hat sie paar Löffel gegessen, max. 100 g, egal ob Gläschen oder selber gekocht. Weil sie na...


Beikostverweigerung und schlecht schlafen

Hallo, mein Sohn ist jetzt 10,5 Monate alt und seit Wochen ist es wieder sehr anstrengend mit ihm. Leider haben wir viele "Probleme". Hier unsere beiden größten. 1. Mit 6 Monaten habe ich versucht die Beikost einzuführen, aber er interessiert sich nicht dafür. Wir haben ihm schon alles mögliche (Brei ohne und mit Stückchen, Obstbrei, Reisbrei, ze...


Will nicht mehr Einschlafstillen/Beikostverweigerung

Hallo liebes Stillforumteam, danke für eure guten Tipps! Ich bin immer froh, wenn ich hier lesen kann, dass es anderen Müttern ähnlich geht und dass ich nichts falsch mache. In meinem Umfeld gibt es nämlich viele Personen, die es ungewöhnlich finden und es nicht gut heißen, dass ich meine Tochter noch stille (dabei ist sie gerade erst 8 Monate alt...


Beikostverweigerung

Liebes Stillteam! Mein Sohn 9 Monate möchte keinen Brei essen. (ich probiere immer wieder Obstbrei/Gemüsebrei) Ich lasse ihn bei allem vom Familientisch probieren, er nagt z.B. an Brot oder Gemüse, wird aber von diesen Mengen nicht satt. Er entwickelt sich prima, ich stille ihn ansonsten. Nun geht er zu einer Tagesmutter und es geht darum, eine ...


Beikostverweigerung

Liebe Biggi, liebe Kristina, vielleicht erinnert Ihr Euch noch an uns: mein großer Sohn wollte keine Beikost, er fing erst mit über einem Jahr an zu essen. Allerdings wurde er auch dann nicht zu einem einfachen Esser: z.B. hat er alles Essen, das matschig/klebrig war erst mit etwa 3 Jahren akzeptiert. Auch heute (mit 5 1/2 Jahren) mag er z. B. kei...


Beikostverweigerung bei Mama

Hallo, unser Sohn ist 5,5 Monate alt und wir haben Ende letzten Monats mit der Beikosteinführung begonnen. Es ist bereits der zweite Versuch der Einführung, nach drei Wochen Pause da er beim ersten Mal wohl noch nicht bereit war. Wir haben mit Karotte angefangen und versucht die Mittagsmahlzeit mit selbstgekochtem Brei langsam zu ersetzen. Es...


Eisen und Zink bei Beikostverweigerung

Liebe Stillberaterinnen Mein Sohn ist 14 Monate alt. Als er 6 Monate alt war, haben wir angefangen, Beikost anzubieten (Fingerfood und Brei). Er zeigt sich durchaus interessiert, betrachtet Nahrung aber vor allem als Spielzeug. Nach wie vor findet wenig davon den Weg in seinen Mund bzw. seinen Magen. Ich stille ihn deshalb immer noch fast voll. ...


Zu wenig Gewichtszunahme und Beikostverweigerung

Hallo! Meine Tochter ist knapp 9 Monate alt und verweigert größtenteils die Beikost (maximal 4-5 Löffel Brei), das heißt, sie wird größtenteils nun vollgestillt. Vor 12 Tagen fing sie an zu zahnen und hat da die Beikost komplett eingestellt. Seitdem hat sie auch nicht groß gemacht, was mir keine Gedanken gemacht hatte, da ich sie ja vollgesti...


Beikostverweigerung wegen häufigem, nächtlichen Stillen?

Hallo! Da ich die Antworten in diesem Forum durchwegs als sehr hilfreich empfinde, auf meine Frage aber noch keine direkt passende Empfehlung gefunden habe, schreibe ich nun selbst: Mein Kleiner (gut 13 Monate) verweigert Beikost und wird folglich noch voll gestillt. Ich biete Brei, gekauft und selbstgemacht, Familienkost, Fingerfood an, er bei...