Sehr geehrter Herr Dr. Bluni,
Sie haben mir schon öfters weitergeholfen, vielen Dank dafür. Ich lebe in Südamerika und bin mit dem ersten Kind schwanger, jetzt bei ET+1. In den letzten Wochen hatte ich mehrfach etwas erhöhten Blutdruck (jedoch nicht höher als 130/90, momentan 120/80, zuvor hatte ich hiermit noch nie Probleme, weder während der Schwangerschaft noch sonst) sowie starke Wassereinlagerungen, jedoch kein Eiweiß im Urin. CTG und Ultraschall waren bisher ok. Meine Ärztin denkt nun über einen Kaiserschnitt bei ET+4 nach, da mein Muttermund noch komplett zu und fest ist und auch der Kopf des Kindes wohl noch weit "oben" ist, der Gebärmutterhals ist/war zumindest leicht verkürzt. Sie nimmt nicht an, dass sich dieser Zustand bald ändern wird. Ausser einem leichten Ziehen im Rücken hatte ich auch noch keinerlei spürbare Kontraktionen. Sie zögert noch, da das Schwangerschaftsalter gemäß dem ersten Ultraschall wohl einige Tage "jünger" ist als gemäß der letzten Periode angenommen (es geht wohl um ca. 1 Woche), der Termin wurde jedoch offiziell nie nach hinten korrigiert. Nun meine Fragen: 1) gäbe es in Deutschland irgend einen Grund, aufgrund des vorliegenden Befundes relativ zeitnah einen Kaiserschnitt anzuordnen? 2) würde der Kaiserschnitt in meinem Fall Vorteile gegenüber einer "normalen" Einleitung mittels Gel/Tabletten bieten?
Ich habe den Eindruck hier wird generell schneller eingeleitet als dies in Deutschland der Fall ist. Ich bin nicht sicher, ob ich dem zustimmen soll, um weiteres Abwarten oder um eine "normale" Einleitung bitten soll.
Vielen Dank!
von
evh
am 22.11.2011, 04:41
Antwort auf:
Kaiserschnitt statt Einleitung?
Hallo,
1. die in Südamerika zum Teil extrem hohe Kaiserschnittrate ist auch uns bestens bekannt.
2. wenn es seitens des Blutdrucks und auch sonst seitens der Schwangerschaft keine Besonderheiten gibt, dann werden wir in Deutschland immer etwa 7-10 Tage zuwarten, bevor wir die Geburt mit Tabletten in oraler Form oder mit Gel als vaginale Applikation einleiten.
3. wir werden sicher keinen Kaiserschnitt indizieren, nur weil die Geburt nicht bis zum 5. Tag nach Termin nicht in Gang gekommen ist.
4. etwas anderes ist es, wenn der klinisch erfahrene Arzt ein Missverhältnis feststellt, weil das Kind z.B. sehr schwer ist und sehr wahrscheinlich nicht durch das Becken passt.
Darüber hinaus ist es immer wichtig zu schauen, ob es zu einer korrekten Berechnung des Schwangerschaftsalters gekommen ist und ggf. nehmen wir uns noch einmal genau die Bilder und Maße der Frühschwangerschaft zur Hand und schauen, ob wirklich das Schwangerschaftsalter korrekt berechnet wurden.
Manchmal ist es in der Tat so, dass der Termin vielleicht doch noch etwa einer Woche später liegt, was es dann umso verständlicher macht, dass die Geburt noch nicht losgeht.
Die Empfehlungen zum Vorgehen in Deutschland können Sie in den aktuellen Leitlinien unter der Adresse
http://www.dggg.de/fileadmin/public_docs/Leitlinien/3-4-7-terminueberschreitung-2010.pdf
nachlesen.
Am besten erörtern Sie dazu noch einmal mit Ihren Ärzten vor Ort das Vorgehen, wobei Sie da sicher nur begrenzte Möglichkeiten haben werden, dieses zu beeinflussen.
Liebe Grüße nach Südamerika.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 22.11.2011