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Dreisprachiges Dilemma

Thema: Dreisprachiges Dilemma

Ich wollte mich mal umhoeren, was ihr zu meiner Situation meint: Ich bin Deutsche, mein Mann Amerikaner mexikanischer Abstammung (er ist selber schon zweisprachig aufgewachsen, Spanisch ist aber seine Muttersprache). Wir wohnen in Texas, an der mexikanischen Grenze, und das schon seit 1994. Umgebungssprache ist hier eigentlich fast eher Spanisch als Englisch. Wir hatten uns von Anfang an vorgenommen unsere beiden Kinder (3,5 und fast 2 Jahre) dreisprachig zu erziehen: ich nur Deutsch, mein Mann Spanisch, die Oma (wo sie sehr viel sind) auch Spanisch, Familiensprache (mein Mann und ich untereinander) Englisch, im Kindergarten und ansonsten Englisch. Das haben wir bisher auch ziemlich konsequent durchgehalten. Nun hat sich aber im Laufe der Zeit herausgestellt, dass mein aelterer Sohn enorme Sprachprobleme hat. Mit 2 Jahren konnte er gar nicht sprechen, erst mit 2,5 einzelne Woerter, hat irgendwie auch nie etwas verstanden, schlecht reagiert, auch aufs Ansprechen, etc. Auch sein Verhalten war schon immer etwas auffaellig, sehr zurueckgezogen, wenig an anderen Kindern interessiert. Gehoer ist OK, wir waren schon bei verschiedenen Spezialisten, Therapeuten, beim Psychologen... Ergebnis: eigentlich nichts Konkretes, allgemeine Entwicklungsverzoegerung, Sprachschwaeche, auch autistische Zuege, etc. Jetzt macht er schon seit ca. einem Jahr 2 Mal pro Woche Sprachtherapie, mit wenig Erfolg. In den Kindergarten geht er halbtags schon seit 2 Jahren; an Kontakt mangelt es also nicht. Jetzt, mit 3,5, spricht er immer noch nur einzelne Woerter und auch nur unfreiwillig und sehr schwer verstaendlich. Es dauert auch unheimlich lange, bis er mal ein neues Wort dazulernt, von Saetzen/Grammatik ist ueberhaupt keine Rede. Jetzt haben wir uns entschlossen, erstmal nur Englisch mit ihm zu reden, damit er das wenigstens lernt. Es scheint ein bisschen zu helfen, allerdings mache ich mir jetzt wiederum Gedanken, ob wir damit die einzige Chance verpassen, ihm auch die anderen Sprachen irgendwie mitzugeben. Und natuerlich ist da noch der kleine Bruder, der auch schlecht spricht fuer sein Alter, aber doch etwas "normaler" ist, auch vom Verhalten. Da ich wegen Arbeit meine Kinder unter der Woche ohnehin nur maximal 3 Stunden am Tag sehe, ist das Deutsche ohnehin sehr wenig, aber irgendwie waere es mir schon lieb, wenn sie es zumindest verstehen wuerden.... Danke schon mal im Voraus fuer alle Tipps - vielleicht hatte ja jemand schon mal eine aehnliche Situation.... Etwas ratlose Gruesse aus Texas von Sabine (bin neu hier, und kenne mich mit der Signaturkonvention nicht so aus: Ich Deutsch, Mann mexikanisch-Amerikaner mit 2 Soehnen 10/2005 und 03/2004, Sprachen: ueberhaupt keine)

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 01:43



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hallo sabine, wart ihr beim ohrenarzt mit eurem sohn? hatte er einen hoertest? weil sonst sollte es eigentlich kein problem sein mit dreisprachig aufwachsen......hoer ja nicht auf deutsch mit ihm zu sprechen. ich spreche mit meinem sohn auch nur deutsch, sein vater und alle anderen englisch, die omas in lakota. freddy hatte ein loch im trommelfell, dadurch war er sprachverzoegert. 1 monat nach dder op, wo das loch im trommelfell verschlossen wurde, fing freddy zu sprechen an. heut ist er sieben, sein mundwerk geht den ganzen tag....mit mir natuerlich deutsch, mit seinen lehrerinnen etc englisch. wir leben auf der rosebud sioux indian reservation in south dakota

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 06:03



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Hallo wir erziehen unsere Kinder auch 3 sprachig: deutsch, englisch, maltesisch. Aber, wenn mein Kind Schwirigkeiten mit sprechen hatte (wenn autistische Zuege vorhanden...) waere es mir lieber es spricht einen Sprache "gut" als gar nciht. Ich denke, dein kind ist mit 3 Sprachen absolut ueberfordert, ich wuerde auf eine Sprache=Umgebeungssprache runtergehen und ihm dadurch einen einfacheren Umgang mit den anderen Kindern ermoelgichen Alles Liebe MIchaela

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 13:16



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Also ich wuerde auch sagen konzentrier dich erst einmal auf English. Wenn er wirklich autistisch ist oder sowas, dann ist eine Sprache schon fast zuviel, 3 dann absolut. Waerend es fuer "normale" Kinder kein Problem ist 3 zu lernen ist es fuer eins mit entwicklungsschwierigkeiten vielleicht die totalte Tortur. Wenn er wirklich nur ein Spaetstartler ist, dann lernt er Deutsch und Spanish auch noch in 1-2 Jahren.

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 13:35



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Hallo, wir sind genau in der gleichen Situation. Wir leben mit unserem jetzt 3jährigen Sohn in NL, mein Mann ist niederl./britisch, (zweisprachig aufgewachsen aber Muttersprache Englisch), ich bin deutsch. Unser Sohn hat die gleichen Probleme wie Eurer - Entwicklungsverzögerung, Sprachrückstand von 12 Monaten, leichte autistische Züge. Auf den ersten Blick merkt man nicht wirklich, daß er "anders" ist. Er lacht viel und gern, geht auch mit Riesenbegeisterung zum Kindergarten. Früher haben wir unsere Sprachen gemischt, aber mittlerweile sprechen wir beide fast nur noch nl mit ihm. Seitdem spricht er auch endlich mehr, jeden Tag kommen neue Wörter und selbst kurze Sätze dazu! Ärzte (Logopäden, Kinderpsychologen) sind mit dieser Sprachsituation auch irgendwie überfordert, einige behaupten sogar, daß Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, IMMER sprachverzögert sind (da bin ich dann sofort auf 180, weil ich ja ganz genau weiß, daß das nicht stimmt). Und so welche schimpfen sich Experten :-(. Lange Rede, kurzer Sinn: Einen Rat kann ich Dir nicht wirklich geben, aber vielleicht ist es Dir ein Trost, daß Ihr nicht die Einzigen mit diesem Dilemma seid. Gruß aus NL, Kerstin

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 14:26



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Hallo Sabine - auch ich kann Dir nur einen Rat als Laie geben... Also generell habe ich über die Jahre hier im Forum festgestellt dass es irgendwie keine wirklichen "Spezialisten" in Sachen Mehrsprachigkeit gibt. Die Kinderärzte kennen sich alle nicht so wirklich aus und wen könnte man sonst fragen...? Bei Ärzten wirst Du also wohl keinen großen Erfolg haben. Ansonsten bin ich eigentlich immer der Ansicht "Durchhalten!" aber man darf natürlich nicht alle Kinder über einen Kamm scheren und im Fall Deines Sohnes würde ich vielleicht sagen: lass einfach Deinen Bauch entscheiden. Es hört sich ganz klug an was meine Vorrednerin gesagt hat, dass wenn er einfach "nur" sprachverzögert ist, er die Sprachen auch später dazu lernen kann. Und so wie Du Eure Situation schilderst bestimmt wohl Englisch und Spanisch zu gleichen Teilen Euren Alltag...das wären ja schon mal zwei Sprachen. Vielleicht kannst Du ihm "Deine" Sprache über Lieder oder ähnliches näherbringen. Das ist dann nicht so kompakt aber dennoch ist ihm die Sprache nicht ganz unbekannt. Das wäre mein Senf.... lg, rebeca (Span.) mit M. (Deutsch) in D, 3 Kinder (8,4 Jahre und 9 Wochen)

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 19:32



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Vielen Dank erstmal fuer alle eure Antworten! Eigentlich bestaetigt ihr, was ich mir auch schon gedacht hatte: unter normalen Umstaenden ist es sicher gut, konsequent alle Sprachen beizubehalten, aber wenn ein Kind das nunmal nicht schafft, muss man sich halt der Situation auch anpassen. Natuerlich faende ich es im Nachhinein schade, wenn Deutsch ganz wegfaellt, aber momentan ist es mit wirklich wichtiger, dass er ueberhaupt eine Sprache lernt und sich irgendwie verstaendlich machen kann. Und wenn er in Zukunft vielleicht doch noch ploetzlich grosse Fortschritte macht, kann man Deutsch ja auch noch mit 5 oder 6 Jahren einfuehren. Das ist zwar nicht das gleiche, wie "richig" zweisprachig, aber immerhin besser als gar nichts. Und dass ich ihm auch jetzt mal ein deutsches Lied vorsingen kann, ist eine gute Idee, so hat er den Klang vom Deutschen doch etwas im Ohr. An Kerstin: ich glaube mein Sohn muss wirklich so aehnlich sein wie deiner - auch er ist nicht so "anders", dass man es auf den ersten Blick gleich merken wuerde - auch nicht so extrem, dass man ihn als typisch autistisch einstufen koennte, er faellt irgendwie immer in so eine Luecke zwischen "verzoegert/verhaltensauffaellig" und "schuechtern/hat einfach andere Interessen". Leider kann ich nicht in die Zukunft sehen, denn oft kann sich das innerhalb von kurzer Zeit auch stark aendern. Dass dein Sohn mit nur NL jetzt etwas besser spricht, ist zumindest ermutigend.... Nochmals vielen Dank, LG Sabine

Mitglied inaktiv - 05.10.2007, 22:19



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Hola, wir leben in Mexiko-Stadt als Expats und meine Kinder sprechen zuhause deutsch und ansonsten Spanisch. Und obwohl vor allem mein Ältester sehr sprachbegabt ist, hat er mitunter Schwierigkeiten in dem Mix aus deutsch und spanisch (etwa beim Schreiben oder weil er spanische Grammatik aufs deutsche überträgt). Aus meiner Erfahrung heraus kann ich Dir sagen, dass die wichtigste Sprache für Kinder die ihrer peergoup ist. Und selbst Kinder ohne Schwieirgkeiten erlernen keinesfalls auch bloß zwei Sprachen mit links, wie man immer behauptet. Drei sind in meinen Augen zu viel. Das läuft darauf hinaus, dass sie keine zu 100% sprechen. Mehrsprachig (meist zwei- nicht dreisprachig) aufwachsende Kinder fangen im Schnitt auch später an zu sprechen, was ja an sich auch kein Problem ist, wenn man sich nicht von der Umgebung unter Druck setzen lässt. Entscheidet Euch für eine Hauptsprache, die anderen lernen die Kinder ohnehin später von allein mit dazu. Das Wichtigste ist doch, dass das Kind eine "Heimatsprache" im Kopf hat, in der es denken und damit auch fühlen kann. Und lasst Euch nicht unter Druck setzen. Sprache lernen ist ja kein Wettberwerb! Liebe Grüße emba

Mitglied inaktiv - 14.10.2007, 15:35



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Hallo, also ich bin kein Experte für Mehrsprachigkeit habe aber das Gefühl dass Frau Elke Montanari sich zumindest sehr viel mit dem Thema insgesamt auseinandergesetzt hat: www.mehrsprachig.info Sie schreibt in Ihrem Buch auch von Down-Syndrom-Kindern die mehrsprachig aufgewachsen sind, auf ihrer Homepage gibt es eine kostenlose Online-Beratung, vielleicht bekommst du da noch weitere Hilfe.. Gruß beatrice

Mitglied inaktiv - 07.10.2007, 23:12