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Dreisprachig Arabisch - Deutsch

Thema: Dreisprachig Arabisch - Deutsch

Hallo zusammen, wir würden unseren Sohn gerne dreisprachig erziehen. Mein Mann und ich sprechen beide Arabisch. Er algerisch und ivh libanesisch. Es ist zwar beides arabisch jedoch sehr unterschiedlich. Am Anfang habe ich nie etwas verstanden wenn er algerisch gesprochen hat, mittlerweile habe ich mich daran gewohnt und verstehe fast alles. Die Grammatik ist die selbe nur die Wörter sind ganz andere. Natürlich gibt es einige Wörter, die in beiden Sprachen die selben ist aber im Prinzip kann sich ein Libanese nicht mit einem Algerier in der eigenen Sprache unterhalten. Jetzt habe ich die Befürchtung, dass die Sprachen zu ähnlich sind, als dass unser Sohn sie später unterscheiden kann. Ich spreche nur Libanesisch und mein Mann nur algerisch. Mein Mann und ich unterhalten uns auf Deutsch. Wie seht ihr das? Habt ihr Erfahrungsberichte?

von Irongirl2020 am 21.09.2020, 12:40



Antwort auf Beitrag von Irongirl2020

Hej und willkommen hier! Ich glaube, Du siehst das Problem, wie viele, zu erwachsen. Man denkt immer, daß die Kinder verwirrt werden, alles durcheinanderbringen oder überfordert sind. Es erinnert mich an die anderen Foren, wo Mütter besorgt sind, weil das Kind keine oder zuviele Freunde hat, nicht mit denselben Kindern weiter eine Klasse besucht und was-weiß-ich. In Wirklichkeit gehen wir da viel zu sehr von uns aus und übertragen unsere Sorgen, Ängste und Erfahrungen zu stark aufs Kind. Das gedeiht nämlich gerade unter den Bedingungen, die die Eltern besorgt machen. Bei der mehrsprachigen Erziehung ist es doch sehr häufig so, daß die Sprachen aus einer Sprachfamilie sind. Was bedeutet konkret: "Die Grammatik ist dieselbe, nur die Wörter sind andere"? Daß man die Verben genauso konjugiert, daß die Wortstellung gleich ist, daß ...? Sowas gibt es doch undertfach! Ich "kenne" Familien aus Foren,w o die kinder zweisprachig norwegisch-dänisch leben - klappt. (Man sagt, Norwegisch sei eigentilch ein dän. Dialekt, was die Norweger natürlich nicht gerne hören,also nicht weitersagen! ) Dasselbe klappt auch mit Französisch-Portugiesisch, Spanisch-Italienisch undundund... Das alles sind sehr ähnliche Sprachen - Grammatik vergleichbar, Wörter anders. Und die Wörter sind nun mal IMMER anders in einer anderen Sprache. Und hätte ich mir nun umgekehrt einen Kopf machen sollen, weil die dt. Grammatik gegenüber der dänischen ungleich schwerer ist? Konnte ich diese schwere Grammatik meinen Kindern zumuten? Was machen Eltern mit französisch-dänisch --- 2 Sprachen aus verschiedenen Sprachstämmen, schafft ein Kind sowas? Die Antwort ist: Ja! Egal wie viele Probleme WIR damit hätten: die Kinder können das. Ich sehe also absolut kein Problem damit, wenn jeder schön seine Sprache mit dem Kind spricht und IHR als Familien- und Umgebungssprache nun Deutsch habt. Nur nicht zweifeln und damit Zweifel im Kind säen - authentisch und natürlich, selbstverständlich rüberkommen, dann habt Ihr die besten Voraussetzungen, die Sprachen zu fördern. Alles Gute - Ursel, DK

von DK-Ursel am 22.09.2020, 08:51



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Vielen Dank für deine Antwort! Hast es echt total logisch erklärt, dann brauche ich mir ja wirklich überhaupt keine „Sorgen“ machen

von Irongirl2020 am 22.09.2020, 10:39



Antwort auf Beitrag von Irongirl2020

Hallo Irongirl! Ich kann dir kurz von uns berichten, da mein Mann und ich in einer ähnlichen „Sprachverschiedenheit“ aufgewachsen sind. Seine und meine Eltern stammen jeweils aus verschiedenen Republiken des ehemaligen Jugoslawiens. Das Bosnische, Serbische, Kroatische und Montenegrinische unterscheiden sich auch alle obwohl sie im Kern dieselben Sprachen sind. Aussprache, Akzentuierung und auch einiges an Vokubular ist hier verschieden und dennoch verstehen wir einander problemlos. So haben mein kroatischer Friseur und ich uns in London problemlos stundenlang auf unseren Mutternsprachen unterhalten bis er nicht nach einem „runik“ fragte und ich nicht wusste, dass er ein „peškir“ (Handtuch) meinte. Unsere Eltern haben immer ihre jeweils eigenen „Dialekte“ gesprochen und wir als deren Kinder sprechen heute überwiegend so, wie diejenigen mit denen wir die meiste Zeit verbracht haben. Verstehen jedoch den anderen Dialekt genauso gut. Bei mir z.B. war es die Mutter und ihre Familie und somit spreche ich überwiegend wie meine Mutter. Ich könnte aber auch jederzeit so sprechen wie mein Vater, allerdings wäre das für mich unnatürlich. Das mache ich auch nur, wenn ich mal was lustiges imitieren muss, was er gesagt hat. Warum aber unterhaltet ihr euch auf deutsch? Meiner Meinung nach geht hier wichtige Zeit verloren, in der ihr eurem Kind die Muttersprachen vermitteln könnt, denn das Kind lernt ja auch indem es Mutter und Vater beim Reden zuhört? Da du ihn mittlerweile ja verstehst könntet ihr vielleicht Versuch untereinander einfach euer Arabisch zu sprechen? Glaubst du das könnte funktionieren? Wie unterhältst du dich beispielsweise mit seiner nicht-Deutsch-sprechenden Verwandschaft? Denn nur so habe auch ich das unterschiedliche Vokabular gelernt. Mein Vater sagte dann sowas wie „ du hast deine mrkva (Karotte) nicht gegessen“, woraufhin meine Mutter gesagt hätte „magst du keine šargarepa (Karotte)?“. Liebe Grüße

von DiLee am 22.09.2020, 11:15



Antwort auf Beitrag von Irongirl2020

Unsere Jungs sind auch dreisprachig - deutsch und zwei eng verwandte slawischen Sprachen. Das klappt sehr gut. Natürlich wird gemischt - wörter, auch manchmal grammatik. Aber trotzdem wissen sie ziemlich gut, wo was hingehört. Sogar bei den Wörtern die fast gleich sind, nur die Aussprache sich ein bisschen unterscheidet (z. B. Zungen-R oder Gaumen-R, härteres oder weicheres L...) ordnen sie richtig zu, und das schon von klein auf. Wenn Ihr in Deutschland wohnt und ausserdem untereinander deutsch sprecht, wird wahrscheinlich das Deutsche schnell dominant werden. Aber da würde ich mir nicht zu viel Gedanken machen. Erst mal würde ich so anfangen, dass jeder seine Sprache spricht... Alles Gute! K

von Kacenka am 22.09.2020, 19:12