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2. Weltkrieg, Nazizeit usw....

Thema: 2. Weltkrieg, Nazizeit usw....

Hallo, da sich ja hier viele tummeln, die - so wie ich - im Ausland leben, würde mich mal interessieren, inwieweit in Eurer Wahlheimat noch über Hitler, 2. Weltkrieg etc. "gesprochen" wird. Kommt das Thema oft vor, z.B. in den Medien, oder auch privat? Werdet Ihr darauf angesprochen? Es beschäftigt mich nämlich seit einiger Zeit sehr, da hier in NL doch sehr häufig davon im Fernsehen berichtet wird (u.a. auch in Kinder- u. Vorschulprogrammen). Außerdem wird auch in den wöchentlichen Haus-an-Haus Zeitungen immer noch viel und sehr lebendig über diese Zeit berichtet. Eben alles, was sich damals hier in dieser Region (ich wohne grenznah) zugetragen hat. Auch war kürzlich noch im Stadtmuseum hier in Venlo eine Fotoausstellung über die total zerbombte Stadt zu sehen. Jedes noch so kleine Dorf hier besitzt ein liebevoll gepflegtes Denkmal, auf dem all die Namen und Alter derjenigen Dorfbewohner vermerkt sind, die Opfer des 2. Weltkrieges geworden waren. Nicht weit entfernt von unserem Haus ist eine Stelle im Wald, wo einige Junge Männer aus unserem Dorf von Nazis erschossen wurden. Ein Denkmal, an dem fast immer Kerzen brennen und frische Blumen liegen, erinnert auch hier daran. Seit ich in NL lebe, habe ich mehr denn je über diese damalige Zeit gelernt. In meiner Schulzeit in D habe ich so gut wie nichts davon erfahren, im Geschichtsunterricht kamen wir gerade mal bis zur Weimarer Republik, und ansonsten wird/wurde dieses Thema auch irgendwie totgeschwiegen, finde ich. Auch in den Medien. Wenn mal etwas berichtet wird, dann eher oberflächlich. Wie seht Ihr das? Wie ist es da, wo Ihr lebt? Hoffe, eine kleine Diskussion starten zu können! Gruß aus dem sonnigen NL, Kerstin

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 13:08



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Hallo Kerstin, interessante Frage. Als ich noch in de USA wohnte, bin ich ein paar Mal angesprochen worden. Ich erinnere mich, wie mich eine Freundin in einer Restauranttoilette beiseite nahm und stotternd und errötend fragte, ob es mir was ausmacht, Deutsche zu sein. Dennoch bin ich, trotz einschlägiger Medienspektakel (James Ryan, Band of Brothers etc.) nie angefeindet worden. Was mich überrascht ist Deine Aussage, dass Du in der Schule nicht viel über die Nazizeit gelernt hast. Wir sind damit absolut erschlagen worden (Gymnasium 80er Jahre in Baden-Württemberg u. Bayern). Nicht nur wurde das Thema mehrmalls im Geschichtsunterricht behandelt, wir lasen auch in Deutsch mehrere Bücher wie "Anne Frank", "Nie Wieder ein Wort Davon", "Damals War es Friedrich", etc. Wann und wo bist Du denn zur Schule gegangen? Gruß, Nicole

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 13:46



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Ich habe von 1978 bis 1983 eine Hauptschule in NRW besucht, danach weiterbildende Schulen (Wirtschaft und Verwaltung). In den Schulen ist das Thema nie behandelt worden. Vieles weiß ich nur aus der Verwandtschaft/Familie. Meine Mutter, Jahrgang 1932, hat den Krieg als Kind erlebt. Gruß, Kerstin

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 14:26



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Also in Ägypten wurde ich noch nie direkt drauf angesprochen.... Allerdings wurde ich noch nie angefeindet, ganz im Gegenteil, als Deutsche hast du dort einen relativ hohen Status. Wenn man dann hinterfragt,hört man immer noch sehr stark die Bewunderung für A. Hittler und seinem "ruhmvollen Kampf gegen die Juden" durch. Wo ich sowas durchhöre, kläre ich immer auf und versuche den Leutchen zu erklären, was damals wirklich abging. Ich denke, da ist noch ganz viel Aufklärungsarbeit nötig. Was mich aber tatsächlich wundert, dass ihr das in der Schule nicht behandelt habt. Auch bei uns in Ba-Wü war das ausführliches Thema im Geschichtsunterricht, aber auch in anderen Fächern entsprechend. z. B. eben Anne Frank im Deutschunterricht, Religionsunterricht, Erdkunde usw....

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 14:42



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Also ich lebe hier in Moskau seit ca 1 1/2 Jahre. Ich bin noch nie auf Oesterreich ( oder Deutschland ) angesprochen worden. Da war es viel schlimmer wen ich in Oesterreich oder in Deutschland jemanden gesagt habe das ich in der Naehe von Braunau zuhause bin. Nur weil Hitler dort geboren wurde, denken alle noch schlecht ueber Braunau. Schade ist es das mir soetwas zuhause passiert.

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 17:50



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liebe kerstin das sind eigenartige erfahrungen, die du in den nl machst. interessant. denn mein partner, der niederländer ist (aus nijmegen), staunt immer und ist immer wieder positiv überrascht, wie sehr und breit und gründlich das thema nazi-zeit/II wk in D thematisiert wird (wir leben in D). in nl hingegen, so seine einschätzung, beginnt man erst jetzt so langsam damit, kollaboration, antisemitismus, rassismus usw. in den NL selbst überhaupt zu thematisieren. das "offizielle" geschichtsbild sei dort, so sagt er und so kenne ich das von den nl auch, immer das der "bösen deutschen" un der "guten (opfer)holländer". ich habe in der schule in D viel, sehr viel über diese zeit gelernt und diskutiert. auf dem gynmasium (nrw zwischen 1978 und 1987) war es ein dauerthema in allen möglichen fächern. außerdem haben wir viel, viel darüber daheim gesprochen, anhand von medienereignissen (fernsehserien wie holocaust) oder ausstellungen diskutiert usw. doch leider, wie man beispielsweise an manchen bemerkungen zum "arisches baby"-aufkleber weiter unten sieht, leider scheinen nicht alle leute in D zu kapieren, was hier abgegangen ist und was das mit unserer gegenwart zu tun hat. lg paula

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 14:53



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Oh das wird etwas länger bei mir lol. Als wir vor 4 Jahren in Rotterdam unsere Wohnung gekauft haben hatten mein Mann und ich ein wenig Angst wie das so werden würde. Unser direkter Nachbar ist ein 89 Jahre alter Mann der im Krieg gedient hat und auch in Indien dabei war. Als ich mich ihm vorstellte und er mich fragte wo ich herkommmen habe ich natürlich ehrlich gesagt das ich aus Deutschland bin. Es hat ganz lange gedauert * beinah 1 Jahr* bis der Mann mich mal angesprochen hat. Er hat mir ehrlich gesagt das er ein Problem damit hatte aber eigentlich nicht genau weiss wieso. Er hat mir erzählt das einiges nicht ganz ehrlich ist was man so sagen tut. Er selber hat den Krieg mit erlebt und ist schockiert was man Kindern zum Teil erzählt hat und erzählen tut. Er selber sagt klar das die Niederländer auch nicht besser waren. Angefangen von der damaligen Königin die wohl regen Briefkontakt mit Hiltler hatte bis zum kleinen Mann der Juden verpfiffen hat für eine Hand voll Geld. Er sagt auch ganz klar das man hier in Holland die Kinder nicht genug aufklären tut. Es gibt dinge die einfach als nicht wichtig genug genommen werden. Mir ist aufgefallen das ich weit mehr auf der Schule über die Nazizeit hatte als mein Mann zum beispiel. Dieser alte Nachtbar war/ist der einzige Menschen der mich je hier in Holland auf die Nazizeit angesprochen oder mit dem ich darüber geredet habe. Lg Trixi

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 15:41



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Hallo, als wir in den USA lebten wurde ich wegen meiner Nationalitaet auch nie angefeindet. Im Gegenteil, immer wenn rauskam, dass ich Deutsche bin hatte mein Gegenueber entweder immer selber deutsche Vorfahren oder sein Opa / Vater ... war im 2. Weltkrieg in Dland und was fuer ein wunderschoenes Land es doch sei... Leider machen wir hier in Dland die Erfahrung, dass die Deutschen die Amerikaner nicht so freundlich aufnehmen und ich bin froh, dass wir das Land verlassen bevor mein Sohn alt genug ist, die aufgespruehten Hasstiraden gegen Amis auf Bruecken usw lesen zu koennen. LG tinkerbell02

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 16:43



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Ich habe viele Jahre in England gelebt und muss sagen, dass die Themen WW II sowie Hitler immer noch ganz oben in den Charts stehen. Ich habe mir als Deutsche dumme, sowie auch gute Bemerkungen anhoeren muessen. Die ganze Thematik wird immer wieder dann aufgerollt wenn es gut passt, wie z. B. beim Fussball oder aehnlichen Ereignissen. Ausserdem zeigt das britische Fernsehen in sehr regelmaessigen Abstaenden Kriegsfilme usw. Ich habe viele ehemalige RAF Piloten und Soldaten kennenlernen duerfen die im WW II aktiv waren und ich wurde sehr gut aufgenommen. Dir dummen Bemerkungen kamen fast nur von Leuten die den Krieg nicht miterlebt haben. Ellie

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 17:37



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Wir haben zwei Jahre in Großbritannien gelebt und waren während dieser Zeit auch als freiwillige Helfer im Bletchley Park tätig. Für diejenigen, die es nicht wissen, BP ist heute ein Museum, während der II. Weltkrieges wurden dort die Codes der Deutschen etschlüsselt, was letztendlich den Krieg bedeutend verkürzt hat. Enigma sagt wohl vielen etwas (die Maschine, die das Codebreaking entscheidend vereinfacht hat). Wir haben dort auch einige Leute kennengelernt, die während des Krieges dort gearbeitet haben und sind nie negativ darauf angesprochen worden, dass wir Deutsche seien. Man wollte nur mal wissen, wie man heutzutage mit der Geschichte umgeht. Was uns anfangs erstaunt, dann aber doch sehr beeindruckt hat, war der offene Umgang der Briten mit diesem Thema. Klar ist es für sie leichter, immerhin sind sie nicht die Schuldigen am WW II. Aber es war schon befremdlich dort im Museum Leuten zu begegnen, die in Nazi-Uniformen rumliefen. Das gehört für sie dazu. Wir haben auch mit einem der "deutschen Offiziere" darüber gesprochen und ihm erzählt, dass er hier in D für das Tragen einer solchen Uniform in den Knast wandern würde. Das hat ihn sehr erstaunt. Dieser Mann (ein Geschichtslehrer) meinte, man könne die Vergangenheit doch nicht ungeschehen machen, in dem man so etwas verbietet. Im gegenteil, dadurch mache man es doch für Jugendliche oft erst interessant. Zumal ja das Hakenkreuz eigentlich auch eine ganz andere Bedeutung hat, als die welche wir immer darin sehen. LG platschi

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 19:37



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Ich bin Deutsche aber in der Schweiz aufgewachsen. Immer wenn ich im Ausland war und die Frage kam woher, sage ich automatisch aus der Schweiz denn das kommt immer gut an im Gegenzug wenn man sagt, dass man aus Deutschland kommt. Ganz extrem empfinde ich es immer in Frankreich. Manchmal sind wir auch mit Familie aus Deutschland zusammen in die Ferien gefahren. Wir mit Schweizer Kennzeichen wurden immer sehr nett emfpangen und aufgenommen. Unserer Verwandten die ein deutsches Kennzeichen hatten, wurden öfter angefeindet bzw. ignoriert. Meine Mutter wurde im Strassenverkehr oft als "Papierlischwyzer" bezeichnet weil sie ein SChweizer Kennzeichen hatte und hochdeutsch sprach. Früher haben viele Deutsche sich einen Schweizer Pass gekauft. Nun wohne ich mit meinem Mann (halb deutsch, halb holländisch) auch wieder in der Schweiz. Selbst er sagt mittlerweile im Ausland, dass er aus der Schweiz kommt. *ggg* Übrigens sind die Deutschen in der Schweiz nicht gern gesehen, keine Ahnung warum eigentlich. Das war schon vor 30 Jahren so als mein Vater von seinen Untergebenen angefeindet wurde und ist heute noch so. Wir haben z.B. keine Baugenehmigung für unser Haus bekommen weil der Chef der Kommission die das ok erteilen muss, genau unterhalb unseres Grundstücks wohnt und unserem Architekt am Telefon "im Geheimen" gesagt hat, dass er nicht auf das Haus eines Deutschen schauen will. Beim nächsten Termin bin ich selbst hin, habe die Leute im breitesten Schwyzertütsch angesprochen und schon war die Sachlage anders. Bei wichtigen Termine oder Behörden schleppt mich mein Mann mittlerweile aus Erfahrung immer mit da ich die "Einheimische" spielen kann. Ich rede wie eine echte Schweizerin und das genügt schon um Türen zu öffnen (weiss ja niemand welchen Pass ich habe). Das sind so Dinge die mich tierisch nerven... Viele Grüsse, Chrissie

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 18:22



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Hier in den USA ist das weit weg. Im Wesentlichen kann ich mich Nike70 anschliessen, allerdings ist das nur dann der Fall, wenn man die Leute nicht näher kennt. Eine sozial akzeptierte Form des Smalltalks fordert dass etwas Nettes über das betreffende Land (hier: Deutschland) gesagt wird. Dahinter liegen dann persönliche Meinungen, die viel tiefer gehen können. Wenn man über den Smalltalk hinaus kommt, kommt's darauf an ob die betreffende Person an Ereignissen ausserhalb der USA interessiert ist oder nicht. Und wenn ja, ob dieser Person auch noch an Geschichte interessiert ist oder nicht. Auch hier gibt's viele kluge Leute, die auskennen. Aber für die Mehrheit ist das 1. weit weg und 2. lang vorbei. Ich bin übrigens in den 1980ern auf dem Gymnasium auch sehr intensiv aufgeklärt worden.

Mitglied inaktiv - 07.06.2007, 21:14



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Hiya, Ich kann mich im Wesentlichen platschi und Drachenzauber anschliessen. Die meisten Leute sind hier in Schottland nicht feindlich, sondern am heutigen Deutschland interessiert, obwohl unsere Gegend dafuer, dass sie so weit ab vom Schuss ist, viel Krieg mitbekommen hat.Don't mention the war, ist eine goldene Regel hier, (die bei guten Freunden auch nicht mehr eingehalten wird). Unfreundlich werden hoechstens mal aeltere Leute (laengst nicht alle !!!) und die Jugendlichen. Den Aelteren kann man es wohl nicht verdenken, dass deutsche Jugendliche als Nazis beschimpft werden, finde ich allerdings schlimm. Und zwar vor allem deshalb, weil die Jugwndlichen nicht wisssen, wovon sie reden. Ich habe mir an der Arbeit mal den Spass gemacht, in den Geschichtsbuechern der 6. Klasse zu blaettern. Da geht es mehr um Frontverlauf, Waffenarten und das Leben der Briten waehrend des Krieges. Den Umgang mit dem 2. Weltkrieg in der Schule finde ich gelegentlich krass. Da sollen die Kinder Werbeposter fuer air raid wardens machen. Stellt Euch das mal in Deutschland vor: Macht Werbeplakate fuer Blockwarte !! Okay der Vergleich hinkt, aber mit der haefig zu spuerenden Kriegsverherrlichung und Heldenverehrung finde ich es schwer umzugehen. Wenn ich im November die poppies sehe (zum Gedenken an die Gefallenen), moechte ich am liebsten wieder nach Hause, so gut es mir sonst gefaellt. Nicht, dass ich nicht meine, der Toten solle gedacht werden, aber das ist hier gepaart mit einer Romantisierung von Krieg und Heldentum, die ich krass finde. Es ist auch ganz egal, ob 1.,2. Weltkrieg, Falkland oder Irak...Helden sind sie alle, die Soldaten. Nun ja, ich muss dazu sagen, wir leben in einer Navy-Stadt, da ist die Mentalitaet nochmal anders... Ist was laenger geworden, aber das Thema brennt mir schon lange auf der Seele. LG

Mitglied inaktiv - 08.06.2007, 12:16



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Ich schließe mich mal an, allerdings aus einer leicht anderen Perspektive - bin selber Engländerin, wohne seit einigen Jahren in Deutschland. Ich habe mich manchmal geschämt, dass in meiner Heimat so viele blöden Witze über die Deutschen noch gängig sind, vor allem in meiner Schulzeit, wo ich öfter Austausch-Besuch aus Deutschland hatte. Allerdings muß ich sagen, dass die Witze und blöden Kommentare von den anderen Jugendlichen wirklich nur oberflächlich waren. Es war geschmackslos aber relativ harmlos - ich glaube nicht, dass jemand ernsthaft gemeint hätte, dass die Deutschen heutzutage viel anderes sind als die Engländer. Die Nazi-Witze (oh, ich schäme mich noch!) kamen gleichzeitig mit anderen harmlosen Vorurteilen über die Deutschen, wie die pünklichen Züge, penible Beamtschaft, kein Sinn für Humor usw. (Genau wir hier Witze über das englische Wetter, die englische Küche usw.) Mit der älteren Generation, wenn überhaupt, gibt es echte Probleme, die aber meistens aus Höflichkeit nicht ausgesprochen werden. Ich weiß, dass meine Großväter, nachdem sie beide im letzten Krieg gekämpft hatten und ihre Väter im vorletzten, schon ein bisschen etwas überwinden mussten, um die Deutschen als friedliche Miteuropäer zu sehen. (Leider sind meine Großväter nicht mehr da, meine Oma aber freut sich schon über das kommende halbdeutsche Enkelkind!) Zu Scotgirl, nur kurz - ich weiß, die Verherrlichung des Kriegs an Poppy Day kann schon ein bisschen übertrieben sein. Allerdings habe ich das immer über Schule and Familie als Trauertag vermittelt bekommen, vor allem für die Soldaten im 1. Weltkrieg, die ihre "Pflicht" getan und in einem zutiefst sinnlosen Krieg gestorben sind. Uns wurde viel über das Leiden und die Sinnlosigkeit gesagt und sehr wenig über Heldentum. Ich denke, dass diese Tendenz zur Trauer statt Verherrlichung vielerorts steigt aber ich komme eben nicht aus einer Marine- oder Militärstadt! Grüße an alle.

Mitglied inaktiv - 08.06.2007, 13:02



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Erst mal danke für Eure zahlreichen Antworten (weitere sind aber natürlich immer noch mehr als willkommen!). Ich finde es total interessant, über das Image der Deutschen im Ausland zu lesen! Wie die Engländer über Deutsche denken, ist mir auch mehr als bekannt, denn mein Mann ist ja Engländer und wir haben auch jahrelang - bedingt durch den damaligen Job meines Mannes - viel mit Armee und RAF zu tun gehabt. Wir schauen überwiegend BBC, und auch im NL-Fernsehen werden viele britische TV-Produktionen gezeigt. Die Briten nehmen ja sehr gerne alles und jeden (auch sich selbst) auf's Korn, und das finde ich klasse. Wer kennt in D schon Serien wie " 'allo 'allo"? Also im allgemeinen sind die NL-er ja freundlich und tolerant. Aber doch gibt es Situationen, wo ich mich nicht so richtig Wohl in meiner Haut fühle. Was Trixie schon angesprochen hatte z.B., wenn man mit alten Menschen ins Gespräch kommt. Oder an Tagen wie Bevrijdingsdag (da wird an die Befreiung der Niederländer durch die Allierten gedacht). Da gehe ich am liebsten nicht vor die Tür. Als wir hierher gezogen sind, haben sich wohl auch Nachbarn aufgeregt, daß hier "Preussen" hinziehen (habe ich im nachhinein erfahren, aber diese Nachbarn wohnen hier zum Glück nicht mehr). Wir wohnen in einer Doppelhaushälfte, und die Nachbarn nebenan waren von Anfang an kalt und ablehnend uns gegenüber. Daran hat sich in den 6 Jahren nichts geändert. Ich weiß nicht, ob das mit unserer Nationalität zu tun hat, habe aber schon das Gefühl, daß es so ist. Anfangs habe ich noch versucht, Kontakt aufzunehmen, alles vergebens. Inzwischen akzeptiere ich es so, wie es ist. Wenn ich hier in unserem Dorf einkaufen gehe, rede ich auch immer eher leise mit meinem Kind, damit nicht jeder gleich hört, daß ich eine Deutsche bin. Zum Glück gibt es aber auch viele nette, liebe Leute hier und haben wir auch enge Freundschaften geschlossen! Mit Engländern habe ich aber im allgemeinen nicht so oft ein komisches Gefühl als mit Niederländern. Paulita, das ist ja echt witzig, daß Dein Mann wiederum das alles ganz anders sieht! So, muß jetzt leider weg, hoffe noch auf zahlreiche Meinungen/Kommentare. Bis dann, Kerstin

Mitglied inaktiv - 08.06.2007, 14:27



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Meine Mutter ist D mein Vater B. Ich bin in Belgien aufgewachsen.Abi 82. Ich habe mich immer ein wenig geschämt, daß ich eine D Mutter hatte, besonders als WO II / I in Geschichte dran kam. Ich hasste die Frage : "Was hat denn Dein Opa im Krieg gemacht ?". Blöde Witze und Vorurteile ... Jedoch ändert sich dies alles nur bedingt. Man sieht D nicht als feindlich aber auch nicht als besonders freundlich und die Kriegsgeschichte ist doch noch allgegenwärtig. Überhaupt gibt es in Flandern viel mehr "Überreste" der beiden grossen Kriegen. Wir sind aufgewachsen mit Bunkerreste in den Dünen und in den Polderwiesen. In den Wiesen haben wir dort Schutz gesucht mit den Kühen als es regnete....und in den Bunkern in den Dünen sind wir reingegangen mit Kerzen die wir vorher aus der Kirche "geholt" hatten - eine Zeitlang (in den 60igern) stand sogar noch ein alter Panzer dort. Jetzt gibt es in den Dünen ein Museum und natürlich gibt es die vielen vielen Militär-Friedhöfe um Ieper herum und den Laufgräben die Pflichtprogramm der 4. Klasse sind. Ich habe mich bei solchen Besuchen immer miserabel gefühlt. Wenn ich in B oder NL bin mit meinem Mann und Kind sorge ich immer dafür wenn wir irgendwo reingehen, daß es deutlich wird, daß ich NL spreche und Flämin bin; den D gegenüber ist man doch noch immer ein wenig argwöhnisch.. Z.T. schlimmer war es in den VS. Ich war zu Gast bei 2 Familien, jüdische. Das eine Ehepaar hat über meine halbdeutsche Herkunft überhaupt kein Thema gemacht; in der anderen Familie jedoch hat 1 Dame direkt nach dem Tun und Lassen meines Großvaters während des Krieges gefragt, und der junge Mann meines Alters hat blöde Witze gemacht. Ich habe es gehasst ! Ich denke es ist noch immer ein sensibeles Thema. Im einen Land wohl mehr als im anderen und z.T. abhängig von den Leuten. In Belgien gab es grosses Aufsehen als das Thema Kollaboration in den 80igern aufgearbeitet wurde vom TV. Die ganzen häßlichen Begleiterscheinungen des Krieges unter den Belgiern wurden artikuliert und es war heftig. Schade, daß man davon in D sehr wenig weiß. Auch ich finde das Thema interessant und es beschäftig mich manchmal sehr. Deswegen schreibe ich wahrscheinlich auch so viel und ein wenig unzusammenhängend - seht es mir bitte nach. Gruß - Eileen

Mitglied inaktiv - 10.06.2007, 18:50



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wir sind in der schule damit ueberhaeuft worden und das bis zum abi.hier erzaehlen die aelteren eher ueber ihren eigenen krieg,wo sie entweder selber teilnamen oder bekannte.hitler wird eher als witzfigur behandelt...ehrlich gesagt wuerde ihn das eher aergern als wwenn man ihn als bedrohlich(auch wenn ers war)hinstellt.meinem kind werde ich natuerlich deutsche geschichte vermitteln...aber das ist ja nicht nur deutsche geschichte-da gibts auch noch mehr.

Mitglied inaktiv - 08.06.2007, 18:04



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Hiya, Ja, das stimmt schon, dass der Poppy-Day ein Trauertag ist, kommt schon auch rueber. Bei uns an der Apotheke wurden letztes Jahr die besten Essays ausgestellt. Da gab es schon sensible und anruehrende Beispiele, aber eben auch Geschichten von tapferen Kriegern und Gefallenenwitwen, die ich schon sehr befremdlich fand. Auch den Umgang mit dem Krieg in der Schule (Kriegsrelikte sammeln und airraidwardenposter gestalten -siehe mein letztes posting)fand ich "scary". Da kamen von den Schueler/innen Beitraege wie: do it for your country, be a hero, you'll go down in history... Uahhh... Fuer diejenigen mitlesenden, die es vielleicht in den sonnigen Sueden verschlagen hat: Poppyday am 11. November erinnert an den Waffenstillstand im 1. Weltkrieg und, wie untamed schrieb, an das sinnlose Blut, dass in diesem und anderen Kriegen vergossen wurde. Kraenze mit rotem Mohn werden an Kriegsdenkmaelern niedergelegt und die Leute stecken sich rote Mohnblueten aus Plastik ans Revers, mit denen sie eine Veteranen-charity unterstuetzen. Der rote Mohn kommt von dem Gedicht eines kanadischen soldaten und symbolisiert Blut. Ein bisschen wie Volkstrauertag also... Ich habe sehr gespaltene Gefuehle: einerseits berechtigtes Gedenken und Trauer, andererseits die Kriegsverherrlichung mancher Leute... Es gibt wohl auch eine Bewegung, die weisse Mohnblueten traegt, und in der das "nie wieder Krieg" im Vordergrund steht,, wo die Haelfte von der Marine lebt, aber die habe ich in unserer Stadt noch nie gesehen.(Bitte nicht missverstehen, wir haben auch Freunde in der Navy ). Schoen, hier mal los zu werden, was einem sonst die Hoeflichkeit verbietet. LG

Mitglied inaktiv - 09.06.2007, 18:11



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Hallo, bin selbst Niederländerin und wohne in Deutschland. Bei der Frage ob und in wieweit in einem Land die 2. Weltkrieg in der Schule und an bestimmten Tagen (in den NL z.B. "Bevrijdingsdag") noch "lebt", ist logischerweise auch von Einfluß ob das Land direkt betroffen war. In den Niederlanden ist das der Fall. Die Niederlanden waren 5 Jahre lang besetztes Gebiet. Und während diese Besetzung wurde die Bevölkerung ein großes Teil deren Freiheit genommen und passierten grausame Sachen, von den man hier in D -so meine Erfahrung- gar nichts weiß (sehe z.B. was geschah mit den Männern von Putten). Diese Sachen werden natürlich auch behandelt in den Schulen und nicht verschwiegen nach dem Motto "jetzt ist aber alles wieder gut". Das letzte wird jedoch schon betont, so dass man im Laufe der Zeit lernt zu relativieren zwischen Nazi-Deutschland damals und Deutschland jetzt. Das ist als Kind aber erst mal schwer nach alle Geschichten die man hört. Leider können einige Erwachsenen das noch immer nicht. LG Hennesy

Mitglied inaktiv - 14.06.2007, 13:35