Wenn Männer schwanger werden ...

Wenn Männer schwanger werden

© Rund-ums-Baby

... stoßen sie in weiten Teilen der Bevölkerung noch immer auf ungläubiges Kopfschütteln, tiefes Misstrauen und ein haarsträubendes Unverständnis. Wir fragen uns: Muss das wirklich sein?

Noch immer ignorieren Arbeitskollegen und Ehepartner - ja, selbst Schwiegermütter ihren tapferen, meist stillen Kampf gegen Stimmungsschwankungen, Schwitzhände, morgendliche Übelkeit und Heißhunger auf Süßes. Neun harte Monate lang stehen sie unter einer Wechseldusche von Gefühlen, werden von gnadenlosen Schüben hyperaktiver Sensibilität wieder und wieder auf die rosaroten Wolken eines übermannenden Glücksempfindens gehoben - um bald darauf wieder in die Tiefe zu stürzen, wo sie lange, dunkle Täler der Traurigkeit durchschreiten.

Sie leiden schweigend und schreiten mannhaft - doch unverstanden. Alleingelassen mit ihren Nöten und Ängsten ziehen sie sich vor Enttäuschung nicht selten in ihre seelischen Schneckenhäuser zurück, verfallen in Depressionen und fristen ihre Umstände als Mauerblümchen am Rande der Gesellschaft. Im Zuge der Gleichberechtigung und Emanzipation muss es damit ein Ende haben!

Wir fordern alle werdenden Papis deshalb auf: kommt heraus und bekennt Euch! Freiheit für Eure Schwangerschaft!

Aber mal im Ernst...

Tatsächlich kamen Forschungen zu dem Ergebnis, dass durchaus auch werdende Papis "Schwangerschaftsbeschwerden" entwickeln. Sie nehmen an Gewicht zu, neigen zu schnellem Stimmungswechsel und leiden nicht selten in den ersten Monaten unter Übelkeit. Es klingt verrückt, ist aber dennoch so. Für diese Symptome gibt es inzwischen allerlei Erklärungsversuche - gemeinsam ist ihnen allen, dass sie durchweg nicht belegbar sind. Ist der Mann also tatsächlich noch immer ein Rätsel der Natur?

Kaum. Man (Frau) hat ihn durchaus erforscht :-). Die Ursachen liegen wohl in den Tiefen seiner Psyche. Manche sensiblen Gemüter fühlen eben besonders stark mit ihren Frauen, andere dagegen brauchen selbst mehr Zuwendung in dieser Zeit. Oder aber sie beneiden (bewusst oder unbewusst) ihre Frauen um das Erlebnis, schwanger zu sein (wovon die Psychologen längst überzeugt sind). Letzteres könnte erklären, warum sich so viele Männer gerade in den letzten Monaten vor der Geburt selbst ein Baby "zulegen" - ein neues Auto, ein neues Hobby oder eine neue Aufgabe im Beruf.

Zugeben tun sie`s ja nicht ...

Nein, zugeben wollen es die meisten nicht. Das hängt zum einen mit dem noch immer vorhandenen Rollenbild (hier die schwache Frau, da der schmerzfreie Indianer) zusammen, zum anderen aber auch mit der Verantwortung, die sie als Familienhäuptlinge bald haben werden. Als Ernährer und Beschützer kann man es sich kaum leisten, ängstlich zu sein.

Obwohl die Frauen mit Kind in ihrer Freiheit meistens noch wesentlich eingeschränkter sind, als der Mann, empfindet dieser die Einschnitte in seine Freiheit häufig als stärker. Denn will er die künftige Aufgabe ernst nehmen, dann muss er seine kleinen und großen Pläne nun enger mit seiner Frau abstimmen, kann z.B. die freien Abende nun nicht mehr ohne weiteres mit Sportkollegen verbringen. Im Gegenteil erwartet man von ihm, so oft wie möglich mit Frau und Kind zusammen sein wird. Dass diese und andere Dinge auf ihn zukommen, spürt er schon während der Schwangerschaft seiner Frau deutlich. Auch wird ihm klar, dass man sich ab jetzt nicht mehr ohne sehr triftige Gründe voneinander trennen kann - auch wenn er das gar nicht will, fühlt er doch mehr oder weniger intensiv, dass er nun wesentlich stärker an seine Frau gebunden ist. Und manch einem Mann machen Bindungen Angst.

Die nagenden Selbstzweifel

Man(n) sieht sich urplötzlich einer nicht gekannten Verantwortung gegenüber. Musste er bisher nur für sich selber sorgen, wird er nun bald eine Familie ernähren müssen. Wird er das dauerhaft hinbekommen? Mit dem gleichen Gehalt wie zuvor? Neben dem finanziellen Aspekt tauchen aus dem Nichts neue Fragen auf, wie: Wie werde ich mich als Vater machen - der Frau, dem Kind, den Bekannten, den Kollegen gegenüber? Wird man dieselben Fehler machen, die der eigene Vater bei der Erziehung möglicherweise gemacht hat - und die man so verurteilt hat? Wird man seinen eigenen, besseren Erziehungsweg finden können oder ist man aus seiner Kindheit zu geprägt dazu?

Der Blick in den Spiegel

Besonders die, die es bisher bewusst vermieden haben "erwachsen" zu werden, trifft es hart. Ein ängstlicher Blick in den Spiegel (bin ich wirklich schon so alt?) beruhigt zwar zunächst, doch bleibt ein ungutes Gefühl, mit einem Schlag die Jugend - oder zumindest den größten Teil davon - zu verlieren. Das Baby schiebt sie, ob sie wollen oder nicht, eine Generation weiter - daraus erwächst im Unbewussten häufig die konkrete Angst, plötzlich zu altern. Der morgendliche Blick in das Gesicht, das einen beim Rasieren ansieht, wird kritischer...

Sex und Eifersucht

Es soll vorkommen, dass Männer die Qualität einer Beziehung am Sex messen. Da dieser in der Schwangerschaft hier und da zurückstehen muss, weil die Frau vielleicht einfach weniger Lust hat als davor, führt dieses Thema immer wieder zu Problemen. Besagte Männer interpretieren die nachlassende Lust der Frau häufig als ihr eigenes, persönliches Versagen und befürchten unbewusst den "Verlust der Geliebten" - ja, sogar den Verlust der Beziehung. Dabei übersehen sie, dass sich im Grunde nichts geändert hat und die Frau ebenso viel Wert auf Zärtlichkeit legt, wie zuvor - wenn nicht sogar auf mehr. Nur ist die gewünschte Form - zumindest vorübergehend - eben eine andere geworden. Zur Ehrenrettung der Männer soll aber auch gesagt werden, dass ihre Ängste um die Partnerschaft nicht selten geschürt werden - z.B. wenn die Frau während der Schwangerschaft besonders häufig in sich gekehrt ist, weil sie sich natürlicherweise mehr und mehr mit dem Kind beschäftigt. Da ist es schon mal verständlich, wenn man(n) sich ausgeschlossen und unwichtig fühlt.

Besonders Männer, die vor der Schwangerschaft von ihren Frauen (oder auch Müttern) sehr umsorgt wurden, entdecken nun plötzlich ein Defizit. Während die einen ganz gut damit zurechtkommen, wächst bei den anderen eine leise Eifersucht auf das Baby - und die unterbewusste Sorge, dass ihnen selbst etwas weggenommen wird. Anzeichen für eine solche (im Grunde kindliche) Eifersucht ist ein schroffes, manchmal abweisendes und dennoch forderndes Trotzverhalten.

Keine Vatergefühle?

Woran es nun genau liegt, ist wohl nicht zu sagen - aber für Männer ist es schwer, vor der Geburt väterliche Gefühle zu entwickeln, obwohl die Frauen gerade das erwarten. Wahrscheinlich haben sie aufgrund der oben beschriebenen Probleme ganz einfach zu viel mit sich selbst und dem Rollenwechsel zu tun, der bewältigt sein will. Dabei entgeht ihnen natürlich nicht, dass ihre Vatergefühle auf sich warten lassen. Die innerlich gestellte, bange Frage: "... wo bleiben sie?" führt häufig zu der Angst, überhaupt keine entwickeln zu können, bzw. als Vater zu versagen.

Dabei gibt es keinerlei Grund für solche Befürchtungen. Spätestens, wenn das Baby seinen Vater zum ersten Mal anlächelt, ist es auch um das starke Geschlecht geschehen und Papa kann sich vor lauter Vatergefühlen überhaupt nicht mehr retten. Hier finden Sie Tipps rund um die ersten paar Tage zu Hause mit Papa.

Zuletzt überarbeitet: März 2019

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