Schlafen klappt nicht - was tun?

Kind schläft mit Teddy im Arm

© Adobe Stock, Africa Studio

Kerstin ist verzweifelt: Endlich hat sie den Umzug ins neue Haus und das Wochenbett mit dem zweiten Kind "überstanden", da fängt plötzlich der zweijährige Leon an, die Abende zur Nervenprobe zu machen.

Bis jetzt war er ein perfekter Schläfer: einschlafen, durchschlafen, aufstehen - alles kein Problem. Doch seit etwa zwei Wochen weigert Leon sich abends mit Händen und Füßen, zu Bett zu gehen. Obwohl er alle Anzeichen von Müdigkeit zeigt. Ihre Freundin Meike hört Kerstins Klagen verständnisvoll zu und denkt doch innerlich: Das Problem möchte ich haben. Ihr Sohn Julian war von Anfang an ein Schlafverweigerer: Als Säugling schlief er nicht länger als neun Stunden und auch heute noch ist das Einschlafen weit entfernt von einer Selbstverständlichkeit.

Wie Kerstin und Meike geht es fast allen Eltern: Der Schlaf ihrer Kinder ist nicht so, wie sie ihn sich wünschen. Aber ist das Schlafverhalten der Kinder deswegen unnormal?

Jetzt schlaf doch endlich!

Die meisten Erwachsenen müssten von sich selbst wahrscheinlich auch sagen: Ich bin ein schlechter Schläfer. Weil sie zu wenig schlafen, zu spät ins Bett gehen, nachts wach liegen, schlecht träumen, zu lange vor dem Fernsehen verbringen oder zwei Stunden neben dem Bettchen ihres wachen Kindes hocken und danach noch die Spülmaschine ausräumen und die letzten Mails vom Chef lesen müssen. Und damit sind wir schon bei einem wichtigen Punkt, der uns etwas über die vermeintlichen Schlafprobleme unserer Kinder sagt: Wir wollen, dass unsere Kinder schnell schlafen, weil wir selber noch so viel zu tun haben! Dadurch werden wir nervös, das merken wiederum unsere Kinder und schon wird das Einschlafen zur Nervenprobe. Zugegeben, das allein macht das Problem natürlich noch nicht aus. Aber: Wenn wir aus Zeitnot Entspannung und abendliche Rhythmen ignorieren, dann versperren wir unseren Kindern und uns einen wichtigen Weg in den Schlaf.

Ist Schlafen eine Wissenschaft?

Seltsam ist es schon: Heute wissen wir aus wissenschaftlicher Sicht mehr über den Kinderschlaf als je zuvor. Aber trotzdem scheint das Schlafen nicht einfacher geworden zu sein. Dabei lohnt sich ein Blick in die Erkenntnisse, die Wissenschaftler über den Schlaf von Säuglingen und Kindern herausgefunden haben:

  1. Für Eltern nicht gerade erfreulich, aber wichtig zu wissen: Die meisten Kinder sind Nachtmenschen oder "Eulen": Sie neigen dazu, abends noch nicht müde zu sein. Und: Es liegt nicht in der Macht der Eltern (oder sonst einer Person), aus einem Eulenschläfer ein Lerchenkind zu machen.
  2. Die Schlafdauer ist von Mensch zu Mensch und auch schon von Baby zu Baby unterschiedlich. Manche Babys schlafen 20 Stunden, andere kommen mit 12 Stunden aus. Schlafen wir mehr, als wir eigentlich brauchen, dann wirkt sich das ebenso negativ aus wie zu wenig Schlaf.
  3. Wer ein Nachtmensch ist und morgens nicht aus den Federn kommt, ist damit nicht unbedingt ein Langschläfer. Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem sogenannten zirkadianen Schlafrhythmen und der Schlafdauer.
  4. Der Schlaf ist andererseits auch keine Konstante: Im Laufe des Lebens verändern sich Wach-Schlaf-Zyklen ständig.
  5. In den ersten Lebensmonaten müssen Kinder erst lernen, ihren Wach-Schlaf-Zyklus dem Tag-Nacht-Wechsel anzupassen.

Diese Erkenntnisse helfen sicherlich bei vielen vermeintlichen Schlafproblemen, die wir bei unseren Kindern diagnostizieren. Wenn beide Elternteile zum Beispiel Eulen sind, ist es für sie eventuell mit einigen Schwierigkeiten verbunden, sich auf ihr Lerchenkind einzustellen. Oder: Ein Kind, das tatsächlich wenig Schlaf braucht, gibt seinen Eltern Rätsel auf, obwohl gar keine vorhanden sind.

Wenn die Müdigkeit fehlt

Schlafforscher beschäftigen sich aber nicht nur mit dem Schlaf an sich, sondern auch mit der Frage, wie wir mit dem Schlaf umgehen. So haben Langzeit-Studien des Zürcher Kinderspitals unter anderem gezeigt, dass viele Eltern ihre Kinder ins Bett legen, obwohl diese noch gar nicht müde sind. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass die Eltern - zu Recht - einem geregelten abendlichen Ablauf folgen und ihr Kind dann eventuell auch einmal zu früh hinlegen.

  • Wichtiger, als sich ganz streng an die Uhrzeit zu halten, sollte aber sein, die Signale des Kindes zu beachten. Die Bettzeit sollte nicht vom Schlafbedürfnis abgekoppelt werden.
  • Wer will, dass sein Kind abends früher müde ist, der muss es morgens früher wecken. Schließlich ist die Schlafdauer eine (vorrübergehend) konstante Größe. Hört sich einfach an? Ist es eigentlich auch, aber es erfordert etwas Geduld. Denn der Schlafrhythmus des Kindes lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Sieben bis 14 Tage sind notwendig, um die biologische Uhr umzustellen.
  • Im zweiten Lebensjahr nimmt das Schlafbedürfnis in der Regel ab. Viele Kinder, die jetzt noch einen Mittagsschlaf machen, werden abends nicht mehr zur gewohnten Zeit müde oder sind nachts auf einmal hellwach. Am besten lässt sich das Problem lösen, indem der Mittagsschlaf verkürzt wird.

Wer aufgekratzt ist, kann nicht schlafen

Neben der notwendigen Müdigkeit gibt es noch weitere wichtige Kriterien, die dafür ausschlaggebend sind, ob ein Kind schlafen kann. Eine entspannte Atmosphäre beispielsweise. Wenn Eltern sich abends an einen ritualisierten, ruhigen Ablauf halten, wird ihr Kind vermutlich besser in den Schlaf finden als nach einem chaotischen Abendessen. Natürlich macht es einem Kind Spaß, bis 19 Uhr auf dem Spielplatz zu toben. Soll es aber um acht Uhr schlafen, wird es schwierig, jetzt noch die Kurve zu bekommen. Auch das Herumtollen im Schlafanzug mag allen Beteiligten Freude bereiten und ein schönes Ritual sein, aber das Ergebnis ist ein aufgekratztes Kind, das nicht sofort auf Einschlafen umschalten kann.

  • Zwischen Toben/Bewegungsspielen und dem Zubettgehen sollte ausreichend zeitlicher Abstand liegen.
  • Wer Angst hat, der ist nicht entspannt. Eltern sollten daher pragmatisch entscheiden: Dunkelheit hilft nicht beim Einschlafen, wenn das Kind Angst davor hat. Ein Nachtlicht, das zu späterem Zeitpunkt ausgestellt wird, unterstützt beim Entspannen.
  • Wärme macht müde? Nicht unbedingt. Wenn ein Kind zu dick angezogen ist und schwitzt, kann es vermutlich sogar eher schlecht einschlafen.

Ungewohnte Situationen machen schlaflos

Kommen wir noch einmal zurück zu Kerstin und ihrem Sohn Leon, der plötzlich nicht mehr schlafen will. So rätselhaft, wie seine Mutter denkt, ist das Verhalten des Zweijährigen natürlich gar nicht. Denn der Umzug in ein neues Heim und die Geburt eines Geschwisterkindes sind große Herausforderungen für ein Kleinkind und können es ganz schön aus dem Tritt bringen. Auch der Schlaf ist davon betroffen: Neue, ungewohnte Situationen lösen bei Kindern große Trennungsängste und Verlassenheitsgefühle aus. Leon zum Beispiel kann nicht verstehen, warum sein kleines Geschwisterkind bei der Mutter schläft und er allein in einem noch fremden Zimmer. Es gibt unzählige Umstände, die das Schlafverhalten eines Kindes durcheinanderwirbeln können: eine Krankheit, die Eingewöhnung in Krippe oder Kindergarten, verlängerte Betreuungszeiten, Konflikte mit anderen Kindern, die längere Abwesenheit eines Elternteils, usw.

Eltern sind daher gut beraten, beim Thema Schlaf Rückschläge und neue Herausforderungen als normal zu akzeptieren. Und die oben erwähnte Spülmaschine doch erst am nächsten Tag auszuräumen.

Zuletzt überarbeitet: März 2019

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