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Findet ihr ein humanistisches Gymnasium noch zeitgemäss?

Thema: Findet ihr ein humanistisches Gymnasium noch zeitgemäss?

Laut Lehrerin meines Sohnes nicht. Mit Latein (haben viele) und dann ab der 8. Altgriechisch. Hat jemand sein Kind dort und kann berichten?

von Siena_40 am 13.07.2021, 08:36



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Mhhhhhhh ..... schwierig. Vor allen Dingen die man selber als zeitgemäß erachtet, empfinde ich die Tatsache, was das Kind erachtet! Zwei Bekannte von uns haben ihre Kinder dort. Kind 1 weil diese Art der Schule viel Wert auf das Schöngeistige legt und das andere Kind, weil viele Freunde der GS dahin wechselten und Kind mit wollte. In beiden Fällen lernen die Kinder aber nur Latein, als Zweitsprache spanisch. Altgriechisch hat dann keiner gewählt. Ich hab eine Freundin, die ist Lehrerin u.a. für Latein und berichtet mir von einer Renaissance der alten, toten Sprachen.

von Caot am 13.07.2021, 08:51



Antwort auf Beitrag von Caot

in meinem Umfeld sind humanistische Gyms sehr beliebt. Alt.Grich. ab 8. Klasse ist an zweien von denen allerdings Pflicht. Aber, diese Kinder wollten dort auch unbedingt hin, die Anmeldezahlen sind immer sehr hoch. Also, wenn Dein Kind das möchte, warum nicht? Schaden tut es doch auf keinen Fall. LG maxikid

von Maxikid am 13.07.2021, 09:00



Antwort auf Beitrag von Maxikid

Meine Schwester tut sich gerade schwer. Mein Sohn ist ja auf einer privaten bilingualen französischen Schule aber sie sucht etwas für ihre Tochter, die nächstes Jahr aufs Gymnasium kommt. Zur Wahl steht ein humanistisches, sehr leistungsstarkes Gymnasium, wo wahrscheinlich die halbe Klasse hingeht und ein sprachlich, musisches Gymnasium, das etwas weiter weg ist, mit Latein als erste, Englisch als zweite und Spanisch (sie möchte kein Französisch) als dritte Fremdsprache. Sie müsste da halt 10 Minuten Tram fahren und wäre dort alleine ohne Freunde. Ist auch ganztags an drei Tagen. Beide Schulen machen einen guten Eindruck und haben einen guten Ruf. Sehr schwierig.

von Siena_40 am 13.07.2021, 09:05



Antwort auf Beitrag von Siena_40

meine Große kam auch auf eine Schule, ganz ohne Freunde und Klassenkameraden. Das war überhaupt kein Problem. Viele andere aus ihrer alten Klasse, die zusammen auf die neue Schule kamen, sogar gleiche Klasse, hatten dann sehr schnell sowieso keine gleichen Interessen mehr. Neue Gruppen bilden sich dann schnell, die Kinder entwickeln sich weiter. Daher, wäre das für mich jetzt nicht so wichtig. Was sagt denn das Kind? LG

von Maxikid am 13.07.2021, 09:13



Antwort auf Beitrag von Maxikid

Die Tochter überlässt es irgendwie der Mutter, sie hat wohl viele Kontakte und ist nicht so an Freunde gebunden, sie lernt schnell neue Kinder kennen. Gerade hat sie auch mehr Kontakt zu Kindern aus der Parallelklasse, da die Kinder aus ihrer nicht in die OGS gehen mittags. Daher denke ich, dass das kein Kriterium für sie ist, wo die anderen hingehen. Das Einzige, was sie stört ist dass sie nicht zu Fuss gehen kann und etwas fahren muss, andererseits findet sie den Ganztag ganz toll, geht auch sehr gerne bis 16 Uhr in die OGS.

von Siena_40 am 13.07.2021, 09:20



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Da haben sie ja noch etwas Zeit bis zur Entscheidung Im Herbst finden ja bestimmt noch Tag der offenen Tür statt (vllt tatsächlich vor Ort oder virtuell) 10 min Tram fahren ist doch kein Problem das ist jetzt ja auch nicht wirklich weit, den Schulweg würde ich dann nicht als entscheidendes Kriterium heranziehen Also beide Schulen sind ja offenbar ok, dann würde ich die Entscheidung dem Kind überlassen Wenn sie sehr aufgeschlossen ist, würde ich es auch nicht davon abhängig machen wo die Freunde hingehen Wenn sie sich aber zwischen den Schulen nicht entschieden kann und beide eigentlich gleich gut sind, dann wäre die nähere Schule mit Freunden dann wohl die bessere Wahl

von Kerstin123 am 13.07.2021, 09:38



Antwort auf Beitrag von Kerstin123

Meine Schwester hat ein wenig Bedenken wegen dem Leistungsdruck auf dem humanistischen Gymnasium, so brüstet es sich wohl immer wieder in der Presse, wie toll die Abiturienten dort abschneiden, es gehen dort wirklich nur Kinder mit extrem guten Noten hin aus Akademikerelternhäusern und meist nur aus einem Viertel, es ist also eine geschlossene Community da. Meine Nichte hat zwar sehr gute Noten in der Grundschule und muss nicht viel dafür tun, aber auch viel hobbies nebenbei, und meine Schwester macht sich Gedanken ob das nicht dann zu viel wird. Die andere Schule ist Mitten in der Stadt und es kommen Kinder aus allen Stadtteilen hin mit unterschiedlichem Wissensniveau.

von Siena_40 am 13.07.2021, 10:10



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Sie soll ihrer Tochter doch mal zutrauen, dass sie das schon schafft! Bis einschließlich 8. Klasse ist der Notenschlüssel nicht so wichtig, aber was sie dort an Stallgeruch mitkriegt, wird ihr später helfen. Ist leider so.

von kirshinka am 13.07.2021, 12:27



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Ja - unsere Tochter ist auf einem humanistischen und bekommt jetzt nach den Sommerferien Altgriechisch. Super engagierte Lehrer, kein Mobbing, tolle Klassengemeinschaft, angenehme Elternschaft. Alle LKs sind möglich (natürlich auch Bio, Chemie, Physik (was es wohl werden wird)), es wird ein sozialpraktikum und eine England-Klassenfahrt geben. Die AGs sind super und insgesamt eine sehr motivierte Atmosphäre. Leistungsstarke Klasse (das war auch wichtig - Kind hatte ne Klasse übersprungen in der Grundschule). Ich selbst hatte nie Latein, aber mir war das Gesamtpaket wichtig. Dem Kind auch.

von kirshinka am 13.07.2021, 12:24



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Meine persönlichen Erfahrungen mit Latein und auch die Erfahrungen meines Umfelds sind größtenteils eher negativ. Grund 1: Latein erfordert viel Fleiß, ohne Lernen verliert man sehr schnell (viel schneller als in den meisten anderen Fächern) den Anschluss und es ist schwer wieder reinzukommen. Grund 2: Eigentlich macht Latein lernen wirklich nur aus Interesse Sinn, gebrauchen tut man das später nicht mehr. Für die allermeisten Studienfächer, für die man früher ein Latinum brauchte (Medizin zB) benötigt man das heutzutage nicht mehr. Auch das Argument, dass man mit Latein als Grundlage leichter andere Fremdsprachen lernen kann, hat sich in meinem Umfeld eher nicht so erwiesen. Im Gegenteil- dadurch, dass man statt Latein ja neben Englisch keine andere Fremdsprache mehr lernt, fängt man erst später mit einer zweiten lebenden Fremdsprache an und meiner Erfahrung nach ist es definitiv schwerer eine Fremdsprache zu lernen, je älter man ist. Bei uns war es so, dass eigentlich fast jeder am Ende nur froh war, mit einer 4 den Schein für das Latinum bekommen zu haben. Aber den Schein hat dann später auch sowieso niemand mehr gebraucht. DIe Zeit, die man in Latein investiert, kann man besser in eine lebende Fremdsprache investieren, wie Französisch oder Spanisch. Mit denen kann man auf jeden Fall etwas anfangen.

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 12:31



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Achso, ich würde noch ergänzen: Ich meine nicht, dass Latein und andere tote Sprachen komplett sinnlos sind zu lernen. Aber meiner Meinung nach sind die Opportunitätskosten zu hoch, da man in der Zeit schon mit einer zweiten Fremdsprache anfangen könnte zu lernen. Und Fremdsprachen sind heutzutage sehr wichtig und darauf wird bei Bewerbungen viel mehr Acht gegeben als früher.

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 13:07



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

die sprachlichen Gymnasien hier haben meist Latein als erste oder zweite Fremdsprache, daher unumgänglich. Ich selbst hatte Latein und fand es mega.

von Siena_40 am 13.07.2021, 13:11



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Achso, echt? Darf ich fragen, um welches Bundesland es sich handelt?

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 13:27



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

ehrlich gesagt, halte ich allgemein nicht so viel vom Fremdsprachenunterricht in der Schule. Ob man Latein lernt oder Französisch, ist fast egal, man hat aber immerhin schon mal den romanischen Wortschatz intus, die Grammatik von lebenden Sprachen lernt man eh viel besser in der Praxis. Mit Altgriechisch habe ich keine Erfahrungen, aber die Schrift lesen zu lernen ist auch nicht verkehrt (hilft so gar ein bisschen für die kyrillische Schrift). Das Ding ist doch: nur ein Bruchteil dessen, was wir in der Schule lernen in den höheren Klassen, brauchen wir später wirklich. Englisch braucht man auf alle Fälle, aber das gibt es eh an allen Schulen. Der Rest ist doch sowieso viel eher "lernen wie man lernt" mit allem drum und dran + Ausprobieren, was einen am meisten interessiert. Insofern: zeitgemäss oder nicht, entscheidend ist, ob man sich dort wohlfühlt, gerne hingeht, dann lernt man auch gerne. Man kann das medizinische Vokabular auch später im Studium reinpauken - ohne vorher Latinum gemacht zu haben oder griechisch gelernt zu haben. Aber wenn man es hat, ist es auch nicht schlimm, man weiss jedenfalls schon mal, wie man Vokabeln paukt und dauerhaft behält. FALLS man Medizin studieren will...wusste ich noch nicht mal mit 14, ob ich das möchte.

von Kacenka am 13.07.2021, 13:33



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Es kommt ja auch immer ein bisschen darauf an, wie man selber am besten lernt und ob man mit dem Lehrer oder der Lehrerin klarkommt. Ich kenne auch Leute, die sagen, dass sie sich nicht wirklich auf Französisch unterhalten können obwohl sie es in der Schule theoretisch gelernt haben. Ich kenne aber auch viele, die eine Fremdsprache in der Schule wirklich gut gelernt haben und damit später in andere Länder gegangen sind. Das finde ich schon ziemlich beneidenswert. Eine Bekannte von mir hat direkt nach dem Abi (und nach 8 Jahren Französischunterricht in ihrer Schule) angefangen auf Französisch in Frankreich zu studieren. Sowas konnte ich mit meinem Lateinunterricht leider nie :(

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 14:44



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Das stimmt nicht. Für die folgenden Studienfächer benötigt man auch heute noch das Latinum: Archäologie, Ägyptologie, Sprachwissenschaft, Anglistik, Germanistik, Romanistik, Kunstgeschichte, Geschichte, klassische Philologie, Theologie, Kulturgeschichte, Komparatistik, Ethnologie...

von Pamo am 13.07.2021, 14:55



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

ich habe auch im Ausland studiert, die Sprache aber erst mit dem Studium gelernt. Da sind dann die ersten Wochen hart, aber genau das hat es auch letztlich gebracht. Schulunterricht hat mich auf dieses Niveau in keiner Sprache gebracht und das waren drei. Klar kann man an bisschen was anknüpfen, aber letzlich lernt man doch erst richtig, wenn man es eben essentiell muss. Die beiden Beispiele von Dir sind für mich kein Gegenbeweis, sondern bestätigen das eher :-)

von Kacenka am 13.07.2021, 14:58



Antwort auf Beitrag von Pamo

für Sprachwissenschaft nicht überall, kommt wirklich darauf an. Und das Latinum kann man auch an der Uni noch machen. Ist ein Zusatz im Stundenplan und es geht stramm voran, aber machbar.

von Kacenka am 13.07.2021, 15:01



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Auslandsaufenthalte sind wichtig - die Fremdsprache werden in gut 10 Jahren ohnehin obsolet sein, weil eine KI die Übersetzungen übernimmt.

von kirshinka am 13.07.2021, 15:23



Antwort auf Beitrag von Pamo

Zumindest für einige dieser Studiengänge hat sich das an vielen Universitäten längst geändert. Und auch heute noch lässt sich das fehlende Latinum an der Uni gut nachholen, hat ein Freund meines Sohnes gerade geschafft. Genau wie ich vor Ewigkeiten, mit Begeisterung und Fleiß, die ich als Schülerin nie aufgebracht hätte. Interessant finde ich übrigens, dass so gut wie kein Lateiner meiner Stufe etwas studiert hat, wozu er das Latinum benötigt hätte.

von Tai am 13.07.2021, 16:02



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Wieso kein Gegenbeweis? Das verstehe ich nicht so ganz. Ich hätte mit 0 Jahren Französischunterricht nicht in Frankreich studieren können, die Bekannte von mir mit 8 Jahren Französischunterricht schon. Klar kann man in der Uni auch noch Sprachen lernen (habe ich auch gemacht), aber da fängt man dann im A1 Kurs an und im fortgeschrittenen Alter ist es auch schwerer zu lernen als als Kind oder Jugendliche. Die, die die Sprache schon vorher in der Schule gelernt hatten, haben dann im B1 oder B2 oder gar C1 Kurs weiter gelernt.

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 17:04



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Na weil Du nicht wissen kannst, wie gut sie zu Anfang wirklich die Sprache konnten und wie viel sie dann vor Ort in Windeseile gelernt haben (weil sie mussten). Ich kenne Leute, die die ersten Studienmonate erst mal immer mit Wörterbuch in der Bibliothek saßen und die Texte durchgeackert haben, bevor sie in der Vorlesung dann einigermaßen mitkamen. Da ist nichts ungewöhnliches bei. Wenn ich bei 0 anfangen will, nutze ich eben einen Sommerkurs oder einen Vorbereitungskurs, den gibt es meistens (besonders für Sprachen, die nicht überall in der Schule gelernt werden). Grosse Sprachen wie Englisch und Spanisch kann man prima übers Netz in den Ferien anfangen, um ein "Sprungbrett" zu haben. Hast Du denn mal im Ausland gelebt? Ein Auslandssemester gemacht? Dann weisst Du, wie es "funktioniert". Man springt in den eiskalten Pool und schwimmt eben. Es stimmt, manche lernen es selbst so nicht. Die besuchen dann nur Kurse auf Englisch und verständigen sich ebenso oder mit Händen und Füßen. Und Latein ist wie Französisch romanisch. Da ist jede Menge Wortschatz, den man sich ableiten kann, anfangs jedenfalls. Die Aussprache muss man trainieren, das sollte aber in ein paar Wochen machbar sein. Ich bleibe dabei: was weiss ich mit 10 oder 12, ob ich mal in Frankreich oder lieber in Spanien studieren will? Und wenn am Gymnasium eh nur ein, zwei Sprachen als zweite Fremdsprache angeboten werden, ist die Auswahl wirklich stark begrenzt - das ist dann bestimmt kein Kriterium.

von Kacenka am 13.07.2021, 18:22



Antwort auf Beitrag von kirshinka

das lag mir auch auf der Zunge. Der ganze Fremdsprachenhype ist ja schon veraltet, was mal wirklich einen Vorteil verschaffen wird, ist echte Sprach- und Kulturkompetenz, also mehr als mechanisch übersetzen, sondern wissen, wie man sich (sprachlich) zu verhalten hat oder Verhalten anderer interpretieren muss. Und genau das lernt man wiederum nur, wenn man für längere Zeit dort hingeht, wo die Sprache gelebt wird.

von Kacenka am 13.07.2021, 18:32



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Ja ich habe schon im Ausland gelebt und auch ein Auslandssemester gemacht (in einem Land, wo sehr wenig Englisch gesprochen wird). Ich hatte die Sprache in einem Uni-Kurs vorher auf A2 Niveau gelernt und das hat mir schon mehr geholfen, als wenn ich vorher gar nichts gelernt hätte. Aber meine Sprachkenntnisse waren mit A2 noch sehr stark beschränkt und somit konnte ich mich mit vielen Menschen nicht vernünftig unterhalten. Ich kannte auch eine andere Austauschschülerin, die die Sprache vorher schon einige Jahre gelernt hatte und sie konnte sich auf einem deutlich höherem Niveau unterhalten und tiefgehendere Gespräche mit Menschen führen, die kein Englisch sprachen. Tiefgehende Gespräche über die Geschichte und die politischen Strukturen des Landes konnte ich leider auch am Ende des Austauschjahres nur mit Menschen auf Englisch oder Deutsch führen. Im fortgeschrittenen Alter ist es auch immer schwieriger, mit Fremdsprachen anzufangen. Meine Meinung bleibt daher - und das Argument, dass man mit 10 Jahren noch nicht wissen könne, was man machen möchte und wohin man möchte, gilt ja genauso gut für Latein und Altgriechisch. Woher weiß man, das man das brauchen wird?

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 19:29



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Natürlich weiss man das nicht. Aber ich meinte ja, dass das eben deshalb nicht so wichtig ist, welche Sprachen man lernt, man übt eben das Lernen. So sehe ich weiterführende Schule allgemein: Grundschule ist absolut lebenswichtig, praktisch alles, was dort vermittelt wird "braucht" man später irgendwie. spätestens ab ca. Klasse 8 gilt das nicht mehr. Und dann geht es um Entfaltung, um Probieren, um das Einüben von Lernstrategien - und dafür muss man sich in erster Line wohlfühlen. Deshalb ist es nicht wichtig, ob Latein oder Spanisch, sondern allein die Motivation und das Drumherum sind entscheidend für den späteren Erfolg. Wenn ich an den Matheunterricht denke, den ich die letzten 4 Jahre hatte - wieviel davon brauche ich heute noch? Sinus und Cosinusfunktionen? alles komplett vergessen. Mag sein, dass Du in einem Jahr zuwenig von der Sprache gelernt hattest. Das hatte ich ja in einem Beitrag weiter oben erwähnt, dass ich solche Leute auch getroffen habe. Englisch ist definitiv ein Sprachenkiller: wenn man es einigermassen kann und wohin kommt, wo man sich damit irgendwie durchschlagen kann, lernt man auch im Ausland die weitere Sprache viel schwerer. Frage mal die armen englisch-Muttersprachler: viele von denen sind genervt, weil alle mit ihnen immer ihr Englisch trainieren wollen. Dagegen kann man nur mit festem Willen und Zielbewusstsein "vorgehen". Sprich man schafft sich "künstlich" Situationen, wo man eben nicht mit Englisch oder Deutsch weiterkommt. Spricht die Sprache obwohl man sie kaum kann, lehnt ab, wenn einem Englisch angeboten wird. Das erfordert schon etwas Hartnäckigkeit und Einsatz aber es geht. Liest gezielt Texte, hört Radio in der Sprache, besorgt sich Lieder, die man immer wieder hört und dabei jedes Mal mehr versteht...Kommt aber nicht automatisch, das gebe ich zu. Ist aber kein Argument für eine Schulwahl. Ich bin kein kategorischer Lateinbefürworter, aber auch kein notorischer Gegner. Ich meine die Leute die später Sinologie studieren oder Arabistik (auch die gibts) müssen ja auch an der Uni bei 0 anfangen und packen das, obwohl sie schon "älter" sind. Man kann auch mit 40 noch mit einer neuen Sprache anfangen, wenn man will (und sich in Situationen begibt, wo man tatsächlich muss). Alles eine Frage der Motivation. Ein Prof von uns hat mal sehr treffend gesagt: ein Fremdsprache lernt man NUR wenn man MUSS. Ist was wahres dran.

von Kacenka am 13.07.2021, 21:38



Antwort auf Beitrag von Kacenka

ja klar, da stimme ich dir zu! Letztlich ist vieles eine Frage der Motivation. Wenn man noch etwas lernen möchte, was man vorher nicht gelernt hat, dann ist es nie zu spät dazu anzufangen - wobei ich da wirklich sagen muss: Ich bin merklich schlechter im Fremdsprachen lernen geworden :( Während der Schulzeit hab ich das deutlich besser hingekriegt. Ich meinte meinen Beitrag aber auch eher so, dass es wahrscheinlicher ist, später Französisch oder Spanisch gebrauchen zu können als Latein. Ich kenne fast niemanden, der Latein wirklich gebrauchen konnte - weder für Bewerbungen, noch in der Anwendung oder auch für das Sprachenlernen selber. Da übt man Fremdsprachen lernen meiner Meinung nach am besten in dem man früh mit einer Fremdsprache anfängt, als durch eine tote Sprache, von der man eigentlich nur sehr wenig auf das Sprachen lernen von lebendigen Sprachen übertragen kann. Französisch und Spanisch kenne ich auch viele Leute, die das unmittelbar nach der Schulzeit fürs Studium gebrauchen konnten. Auch nach dem Abi muss man ja bei vielen Bewerbungen - je nachdem was man machen möchte - Fremdsprachen angeben. Ich konnte mich damals für einen Studiengang erst gar nicht bewerben, weil mir eine zweite Fremdsprache auf höherem Niveau fehlte.

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 23:37



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Achso, und das mit meiner Bekannten die in Frankreich studiert hatte, hattest du glaub ich missverstanden. Also sie konnte nach acht Jahren Schulfranzösisch fließend Französisch sprechen und hat direkt nach dem Abi auf Französisch in Frankreich studiert (den ganzen Bachelor). Also nicht erst im Ausland gelernt.

von Schneewittchen123 am 13.07.2021, 23:40



Antwort auf Beitrag von Schneewittchen123

Ja, falls Sie tatsächlich schon vorher so gut französisch konnte. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass sie BEIM Studium noch eine Menge dazugelernt hat, auch wenn es natürlich mit Sicherheit eine gute Starthilfe war. Aber man kann auch prima einen Bachelor antreten, wenn man noch nicht fließend die Landessprache spricht (wenn man es sich zutraut) und lernt dann die ersten Wochen sehr intensiv. Das mag heftig sein, geht aber :-) Oder man leistet sich ein Jahr Vorlauf zum Sprachenlernen. Ich habe einfach zu oft schlechte Sprachkurse und leider auch mehr schlechten als guten Sprachunterricht "genossen" (8, 7 und 6 Schuljahre) um mir um diese noch einen Kopf zu machen. Es mag sich viel gebessert haben, trotzdem kann man damit immer noch Pech haben und es ist mega ineffektiv. Nur in der Schule hat man da eben keine Wahl und letztlich auch keinen Einfluss drauf. Man kann einen guten Lehrer/eine gute Lehrerin erwischen, man kann aber auch Pech haben und dann ist es eben doch "schade um die Zeit". Nach der Schule geht man hingegen ganz gezielt ran und weiss, wofür man sich anstrengt. Ich meine klar: Lateinunterricht ist oft mega "geschichtslastig" - da ist es nur logisch, dass so ein Latinum für Mediziner endlich "abgeschafft" wurde - die brauchen ja die Grammatik nicht und der Wortschatz ist auch ziemlich unterschiedlich von dem, was sie dann wirklich brauchen. Was ich die ganze Zeit meine ist eigentlich: für mich ist diese "Lernökonomie" - Was nützt mir das später" - in der weiterführenden Schule zu kurz gedacht. Das sollte die Schulwahl erst sekundär beeinflussen, andere Faktoren sind wichtiger als der, welche Fremdsprachen da angeboten werden.

von Kacenka am 14.07.2021, 07:58



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Ich denke, es ist doch einfacher, wenn man das Latinum in der Schule abgehakt hat und an der Uni dann mehr Zeit für andere Dinge hat...

von kuestenkind68 am 14.07.2021, 08:54



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Das Latinum an der Uni nachholen kann man natürlich, "stramm" ist aber untertrieben. Das ist ein krasser Crashkurs, der sehr viel Arbeit erfordert. Dann doch lieber nebenbei am Gymnasium, ungeliebt, aber machbar und es kommt auf gar nichts an. Meine Tochter hat Latein zum Ende der 9 abgewählt (kein Latinum), sich aber besonnen und diese Entscheidung selbstständig rückgängig gemacht. Sie wird es noch 1 Jahr weiter nehmen, von Nachhilfe mit Hausaufgabenbetreuung begleitet, weil sie ihre Optionen offen halten will (zur Zeit möchte sie Geschichte studieren).

von Pamo am 14.07.2021, 12:41



Antwort auf Beitrag von kuestenkind68

Ich bin mir nicht sicher, ob sich meine Kinder in der Schule durch Latein gebissen hätten. Eine ganze Reihe ihrer Freunde mit Latein als zweiter Fremdsprache haben es nach der 9. Klasse verzweifelt abgewählt und damit kein Latinum, andere mussten in der 10. zittern, ob der Lehrer gnädig ist und ihnen noch ein ausreichend und damit ein bestandenes Latinum gibt. Auch ich wäre wahrscheinlich in der Schule mit Latein nicht glücklich geworden. Aber als junge Erwachsene an der Uni mit einer gewissen Reife fand ich es klasse, und es fiel mir auch nicht schwer. Mein Dozent an der Uni war Lehrer für Latein und Altgriechisch an einem humanistischen Gymnasium der Universitätsstadt, und er war einfach großartig - also es steht und fällt immer auch mit dem, der die Sprache lehrt.

von Tai am 14.07.2021, 16:12



Antwort auf Beitrag von Siena_40

ich war auf einem humanistischen gym, hatte dann aber kein griechisch mehr. lieber hätte ich es gehabt, anstatt französisch. ich bin absolut dafür, wenn es eins im umkreis gegeben hätte, meine Kinder auch. beide Latein und danken dafür.

Mitglied inaktiv - 13.07.2021, 13:15



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Man lernt halt - denke ich und merke ich jetzt auch beim Kind - an einem humanistischen Gymnasium schon so einiges, was nicht im Stundenplan steht. Mit Latein hat meine Tochter gelernt, dass und wie sie lernen muss. Außerdem geht ein gewisses Selbstbewusstsein und ein Habitus damit einher - und das wird später sehr hilfreich sein! Latein ist sehr strukturiert und logisch - das liegt meinem Kind und es hatte auch den Nebeneffekt, dass meine Tochter gelernt hat, sich selbst zu strukturieren. Aber letzteres eher von der schule, als jetzt nur von Latein. Was moderne Sprachen angeht - ich habe in England studiert, aber das Englisch dafür habe ich nicht in der schule gelernt, trotz langjährigem Englischunterricht... Ähnlich mit Französisch - ich hab früher manchmal englisch-französisch übersetzt, aber auch das Französisch hatte ich nicht aus der Schule, sondern beim Reisen und in der Anwendung gelernt. Eine neue Sprache kann man innerhalb weniger Wochen gut lernen, wenn man erstmal in dem betreffenden Land ist und sie nutzen muss.

von kirshinka am 13.07.2021, 15:34



Antwort auf Beitrag von kirshinka

Als Erstes wählte Kind 1 Latein ab. Sofort! Unbestritten. Sich zu strukturieren hat er nie gelernt. Kind 2 wählte gleich Französisch. Das wird ebenfalls abgewählt, wenn es soweit ist. Immerhin hat sie sich strukturieren gelernt - ganz ohne Latein. Viel lieber lernen meine Englisch. Sie lernen es auf YouTube und indem sie Filme im Original schauen und sich beim chatten international vernetzen. Nichts ist so unnatürlich wie Englisch- Schul- Unterricht.

von Caot am 13.07.2021, 16:08



Antwort auf Beitrag von Caot

ich habe keine einzige von den Sprachen, die ich spreche in der Schule oder in Kursen gelernt, sondern alle nur in der direkten "Anwendung". Englisch ist eh ein Sonderfall, es wird einerseits überall vorausgesetzt, andererseits gibts dafür irre viel Material und Anwendungen, die es erleichtern. Es lernen eben wirklich viele Leute Englisch, entsprechend hohe Standards erreichen da letztlich sogar Schullehrbücher (aber letztlich hängt es auch hier sehr davon ab, wie die Lehrer das in der Schule umsetzen).

von Kacenka am 13.07.2021, 18:29



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Ob man die Beschäftigung mit alten Sprachen und Kulturen als wichtig und notwendig erachtet oder nicht, ist sicher sehr individuell. Und ob das eigene Kind damit zurecht kommt oder es gar liebt, kann man auch selten vorhersagen. Hier im Stadtbezirk gibt es auch ein altsprachliches Gymnasium. Mir Zugezogener wurde von anderen Eltern bereits im Kindergarten vermittelt, wer es darauf schafft, ist etwas Besonderes. Denn es ist nicht nur sehr schwer, aufgenommen zu werden, sondern es schaffen auch nur die Klügsten und Besten dort das Abitur. Dazu die altehrwürdigen Gebäude, der große Park, die noble Elternschaft, die bekannten Schulabgänger. Kurz, wer auf dieses Gymnasium geht, gehört zu den Auserwählten. Latein ist verpflichtend, entweder gleich ab Klasse 5 parallel mit Englisch oder als zweite Fremdsprache, dazu später nicht zwingend Französisch oder Altgriechisch. Für meine Kinder kam diese Schule nicht in Frage, wir wollten moderne Fremdsprachen nicht über den Umweg Latein. Ich glaube, dieses altsprachliche katholische Gymnasium ist so gut oder schlecht wie die vielen anderen, die hier zur Auswahl stehen. Auch überstehen nicht nur die Überflieger die "anspruchsvolleren" Schuljahre. Die Schüler dieses Kollegs haben bei ihren Altersgenossen oft den Ruf, arrogante Schnösel zu sein, die sich als etwas Besseres fühlen. Aber zumindest der Angebefaktor hat gelitten, seit schlimme zurückliegende Missbrauchsfälle endlich offen gelegt wurden. Meine Kinder waren auf einem recht normalen Gymnasium, das Latein als zweite Fremdsprache angeboten hätte und Hebräisch in der Oberstufe. Ich finde, sie hatten mit der dortigen christlichen Werteerziehung eine sehr gute Schulzeit - und keiner braucht das Latinum oder Graecum für seine berufliche Zukunft.

von Tai am 13.07.2021, 18:43



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Warum denn nicht? Wenn Kind dort hin möchte. Kind ist auf einem bilingualen Gymnasium Französisch mit musischen und sportlichen Zweig, seine Wahl! Absolut nicht unsere. Uns wäre es lieber gewesen, es wäre auf das andere Gymnasium bilingual Englisch, da es Englisch perfekt spricht und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es Latein als 2.Fremdsprache gewählt. Wollte es aber absolut nicht! Also der Weg des Kindes, es muss klar kommen. Wenn wir es gezwungen hätten, wären wir bestimmt Schuld gewesen wenn es nicht geklappt oder gefallen hätte.

von Marielue am 13.07.2021, 18:59



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Warum nicht? Wenn es für euer Kind, die passende Schule ist.... Leider gibt es hier gar nicht so eine Auswahl. Hier wird an jedem Gymnasium Latein unterrichtet, aber nirgendwo Griechisch... Spanisch ist aber auch stark im kommen als 2. oder 3. Fremdsprache... Meine Kinder haben beide Latein gewählt. Anfangs durchaus mit Interesse, das legte sich dann aber ab Klasse 8/9 (wir sind G8, also im 3./4. Lernjahr Latein), als es anfing, anspruchsvoll zu werden. Aber mein Großer hat jetzt sein Latinum und sein Bruder wird auch bis dahin durchhalten, aber vermutlich dann doch noch Spanisch wählen in der Oberstufe...

von kuestenkind68 am 14.07.2021, 08:52



Antwort auf Beitrag von kuestenkind68

meine hat ja seit der 6. Klasse Spanisch und würde evtl. dann in der Oberstufe Latein nehmen. Bin gespannt, ob sie das auch dann noch macht. LG

von Maxikid am 14.07.2021, 09:32



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Ich unterrichte selbst an einem Gymnasium mit verpflichtend Latein ab der 7. Klasse und finde es absolut nicht zeitgemäß. Zum Glück gibt es bei uns kein altgriechisch. Ich füge, die Zeit kann man besser nutzen zb für eine lebende Fremdsprache.

von ml1820 am 14.07.2021, 08:54



Antwort auf Beitrag von ml1820

Bei uns hast du nur die Wahl zwischen Latein und Französisch.... Und beides ist gleich gehasst bei den Schülern... Französisch finde ich als lebende Fremdsprache auch echt schwer... Latein wählen viele Schüler, die mit der deutschlen Rechtschreibung Probleme haben, Französisch ist einfach katastrophal zu schreiben.. Viele Schüler möchten gernen lieber Spanisch wählen, aber da unserer Schule da nicht genug Lehrer hat, wird das erst als 3. Fremdsprache und in der Oberstufe neu angeboten... Insofern ist die lebende 2. Fremdsprache hier nicht wirklich attraktiver, weil es nur Französisch ist.

von kuestenkind68 am 14.07.2021, 09:03



Antwort auf Beitrag von kuestenkind68

wenn wir schon dabei sind. Ich wäre für abschaffen und ein fokussieren auf Englisch. Wer dann Lust hat kann als zweite Sprache ab Klasse 8 ja wählen.

von Caot am 14.07.2021, 09:14



Antwort auf Beitrag von kuestenkind68

Französisch fand ich an der Schule mies. Gutes Französisch hat da kaum einer gelernt, dafür geht man zum Institut Francais.

von Pamo am 14.07.2021, 12:42



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Ich finde, das muss jeder für sich entscheiden. Ich liebe ja Latein und finde, dass man in dem Fach auch sehr viel über Geschichte, Philosophie und die Entwicklung unserer Kultur lernt, dazu auch noch Kombinatorik, Grammatik, Rhetorik, Stilmittel, Dichtkunst, Politik..... In unseren humanistischen Gymnasien lernt man allerdings immer auch Englisch, und Altgriechisch ist ein Wahlfach und keine Pflicht (man kann stattdessen z.B. auch Französisch oder Naturwissenschaften lernen). Meine 3 Kinder hatten alle Latein ab Klasse 5 (plus Englisch) und ich habe die Entscheidung nie bereut; eins der Kinder hat auch später noch Altgriechisch gewählt.

von Emmi67 am 14.07.2021, 15:06



Antwort auf Beitrag von Siena_40

Mein Sohn wechselt jetzt....ist ein guter Lateiner aber er will nicht mehr. Er meint, es hätte ihm nichts gebracht. Wird jetzt in der Oberstufe Spanisch erlernen und wechselt fpr die gymn. Oberstufe. Latein - kleines Latinum hat er jetzt mit Abschluss der Klasse 10 und das reicht für viele Studiengänge. Es ist halt so, dass Latein ein Fleißfach ist. Mein Sohn findet die Übersetzungen leicht und kommt gut klar sagt aber auch, dass braucht kein Mensch...er hat ne 1 in Latein...aber für ihn ist es mittlerweile Zeitverschwendung

von Brummelmama am 14.07.2021, 15:53