Wie lange dauert das "Loslassen?"

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Wie lange dauert das "Loslassen?"

Hallo Frau Schuster, ich bräuchte bitte ein kurzes Feedback zur Entwicklung meiner Tochter. Ich habe ihnen schon vor längerer Zeit einmal geschrieben, dass sie sehr an mir hängt. Sie ist jetzt gut 2,5 Jahre alt und war bisher hauptsächlich in meiner Obhut. Eine Babysitterin die sporadisch auf sie aufpasst ist bei ihr sehr beliebt und die Betreuung läuft während unserer Abwesenheit problemlos. Seit März geht meine Tochter montags und dienstags vormittags in eine "Minigruppe" in den Kindergarten. Was ich bei meiner Tochter IMMER noch beobachte, sind folgende Eigenschaften. -Sie ist gegenüber aller Personen die sie nicht wirklich gut kennt, äusserst schüchtern, traut sich keine Antworten zu geben, oder etwas zu nehmen wenn sie etwas geschenkt bekommt etc. Daraus resultierend hören wir momentan am Tag ca. 5 Mal, "ohje - du bist aber schüchtern, oder du bist ein richtiges Mama-Kind, wird Zeit, dass du endlich in den Kindergarten kommst, etc. -Sie wollte bis vor kurzem immer noch sehr häufig getragen werden, was wir jetzt im Urlaub auf unserer 2wöchigen Reise stark eingeschränkt haben und sie dies mittlerweile nach mehreren Tobsuchtsanfällen jedoch ganz gut akzeptiert. -Sie braucht mich die meiste Zeit tagsüber, damit sie sich mit ihren Spielsachen beschäftigt. -Sie wacht jede Nacht auf und möchte zu uns ins Schlafzimmer wechseln. (Seit ca. einem halben Jahr) -Sie äussert diverse Ängste, vor lauten Geräuschen, manchmal vor Hunden und Katzen, oder wenn sie was erklärt haben möchten, z.B. über Flugzeuge, - meint sie anschließend, sie hätte vor dem Piloten Angst. Im Vergleich zu andern Kindern ist sie halt schon ein bisschen ängstlich, wo andere Spaß daran haben, versuche ich sie immer leicht zu animieren mitzumachen. Wenn sie aber nicht mag, lass ich sie auch. Kommen z.B. ihre Freundinnen zu uns, gehen diese gleich begeistert hoch in ihr Kinderzimmer und spielen dort. Meine Tochter bleibt bei mir, weil sie sich nicht traue, alleine hoch zu gehen. Sie mag nicht ohne mich in ein anderes Stockwerk. In solchen Situationen frage ich mich dann immer, ob etwas nicht ganz stimmt mit ihrer Entwicklung wenn ich im direkten Vergleich den "Mut" der anderen Kinder sehe. Meine Tochter wächst in einer harmonischen Familie auf, wir schenken ihr sehr viel Beachtung, erziehen sie mit Regeln, jedoch sehr respektvoll und denken eigentlich, dass sie ein sehr gutes Vertrauen und eine gute Bindung zu mir hat. Trotzdem hört man ja immer wieder, dass Kinder erst dann loslassen können, wenn die Bindung zur ersten Bezugsperson absolut intakt ist. Ich weiß aber nicht, warum das nicht so sein sollte. Vielleicht ist sie aber auch nur etwas anders als alle anderen Kinder und lässt von heute auf morgen ganz plötzlich los.................... ;-) Wozu ich noch dringend ihre Meinung bräuchte ist auch, dass sie ja momentan in die Minigruppe der 2-3jährigen geht. Ab September ist sie in dem integrierten Kindergarten angemeldet. Durch einen Fehler des Kindergartens wurde ihr Platz in der richtigen Kindergartengruppe vergeben, die Gruppe ist nun voll und deshalb bleibt unsere Tochter zum Kindergartenstart erst einmal in dieser Minigruppe. 5 Vormittage die Woche. Ich denke eigentlich, dass die Rolle als Älteste gar nicht gut zu ihr passt und sie ein Kind als "Vorbild" bräuchte, wo sie sich was abschauen kann. Alle Freunde aus ihrer Minigruppe wechseln in den normalen Kindergarten, nur sie muss zurück bleiben. Allerdings darf sie am Tag immer wieder mal in die normale Gruppe für eine begrenzte Zeit, um dort mitzuspielen, dann muss sie aber wieder zurück in ihre Gruppe. Und das alles, weil die Erziehering ihren Platz verschusselt hat. Wie schätzen sie die gesamte Situation ein? Vielen Dank für ihr immer offenes "Ohr" und die kompetente Beratung. Danke schön! Gruß SANDRA

Mitglied inaktiv - 26.06.2008, 15:46



Antwort auf: Wie lange dauert das "Loslassen?"

Hallo Sandra Meiner Meinung nach brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sie gehen auf die Bedürfnisse Ihrer Tochter soweit es geht ein, sodass sie sich auch von Ihnen zunehmend lösen wird. Solange Sie in Ihrer Nähe ist, wird sie sich über Ihre liebevolle Zuwendung freuen und Sie bei der kleinsten Angelegenheit um Rat bitten, während Sie aber auch gelernt hat, "eigenverantwortlich" zu handeln. Diesen Lernschritt wird sie ganz bestimmt einsetzen, wenn sie erkennt, dass Sie nicht an ihrer Seite stehen. Erste Erfolge werden Sie sicherlich schon jetzt in der Mini-Gruppe sehen.?- Die Schüchternheit Fremden gegenüber sollten Sie positiv sehen, da dieses Verhalten immer noch besser ist, als eine Distanzlosigkeit. Je mehr Ihre Tochter auf sich allein gestellt ist, bzw. Sie ihr nicht unmittelbar helfend zur Verfügung stehen, umso größer wird ihr Selbstvertrauen. Sie wird dann loslassen können in der Gewißheit, dass Sie oder eine Erzieherin ihr stets helfen werden, wenn sie sich selbst nicht zu helfen weiß. Behütete Kinder sind erfahrungsgemäß etwas später selbständig, dafür aber meist umso selbstsicherer, bzw. selbstbewußter.:-)) Wenn ich auch diese "Schusseligkeit" der Erzieherin eigentlich für unendschuldbar halte -kann sie Ihre Tochter nicht noch zusätzlich in die "richtige" Kiga-Gruppe aufnehmen, wo doch erfahrungsgemäß immer Kinder krankheits- oder urlaubs-bedingt fehlen- wird die Minigruppe innerhalb der gleichen Einrichtung Ihrer Tochter evtl. ein sanfteres Gewöhnen ermöglichen. Schildern Sie ihr ihren Verbleib in der Gruppe möglichst positiv.:Sagen Sie ihr z.B., wie stolz Sie (und die Erzieherin) auf sie sind, da sie dann der Beschützer der jüngeren Kinder sein und ihnen helfen DARF, wie Sie immer ihr helfen. Geben Sie ihr das Gefühl, dass sie in der Mini-Gruppe gebraucht wird. Liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 27.06.2008